Vorbeugende Impfung gegen Multiple Sklerose: Wissenschaftler der TU Dresden stehen kurz vor dem entscheidenden Durchbruch in der MS-Therapie: Anscheinend ist es gelungen einen Weg zu finden, einen Impfstoff zur Vorbeugung von Multipler Sklerose zu entwickeln. Die Behandlung der Autoimmunerkrankung soll ähnlich wie eine Anti-Allergie-Therapie funktionieren, die Überreaktion des Immunsystems wird durch eine Impfung vermindert.
Rund 120.000 Menschen leiden in Deutschland an der unheilbaren Multiple Sklerose (MS). Die Multiple Sklerose ist in Mitteleuropa die häufigsten auftretene chronisch-entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Die Lebenserwartung von Patienten mit MS liegt bei sechs bis zehn Jahre unter der von Nichterkrankten vergleichbaren Alters. Trotz umfangreicher Forschungsarbeiten ist es bislang nicht gelungen, den tatsächlichen Auslöser für die schwere Erkrankung zu finden. Allerdings ist bekannt, dass es sich bei der MS um eine Autoimmunerkrankung handelt, bei der die eigene Körperabwehr die schützende Hülle der Nervenfasern angreift. Das Immunsystem ist dabei nicht mehr in der Lage, zwischen körpereigenen und fremden Proteinen zu unterscheiden. Aus diesem Grund produziert die Körperabwehr Antikörper gegen das eigene Gewebe. Die ersten Symptome einer MS treten zumeist zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr in Form eines Schubes auf. Bei den Schüben verschlimmern sich die Symptome meist zunehmend.
Überreaktion der Immunabwehr soll deaktiviert werden
Forscher des DFG-Forschungszentrums für Regenerative Therapien der TU Dresden und der US- Amerikanischen Harvard University in Boston haben nun in dem Wissenschaftsmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" berichtet, dass es möglich ist, die Überreaktion der Immunabwehr zu deaktivieren, um die zerstörerischen Immunzellen zu stoppen. Dabei orientierten sich die Wissenschaftler in den Forschungsarbeiten an dem Therapieansatz zur Behandlung von Allergien. Bei der Allergie-Therapie wird der Organismus Hyposensibilisiert, das bedeutet, der Körper wird wieder an die Allergie Auslöser Schritt für Schritt gewöhnt.
Die Forscher um Jack Strominger verabreichten im Studienverlauf Mäusen körpereigene Proteine, sogenannte Antigene. Durch die Injektion wird die Toleranz des Immunsystems gegenüber den körpereigenen Proteine wieder normalisiert. Bei den Versuchsdurchgängen konnten bereits einige Erfolge erzielt werden. Bislang waren Studien gescheitert, bei denen Patienten körpereigene Proteine verabreicht bekamen, um das Immunsystem zu de sensibilisieren . Nun aber, so der Studienleiter der TU Dresden, Karsten Kretschmer, sei ein entscheidener Durchbruch gelungen. Die Forscher differenzierten die bisherige Methode, in dem sie die körpereigenen Proteine nicht einfach verabreichten, sondern die Proteine zielgerichtet mit Hilfe von Antikörpern an MS-auslösende Zellen koppelten. "Wir denken, dass wir den richtigen Trick gefunden haben", so Kretschmer. "Man braucht nur geringste Mengen Antigene, die einmalige Gabe reicht".
Vorbeugende Impfung für Kinder, bei denen ein möglicher Ausbruch diagnostiziert wurde
Profitieren von dem neuartigen Therapieansatz sollen in erster Linie Kinder, bei denen ein Ausbruch von Multiple Sklerose diagnostiziert wurde. Allerdings dürfte noch eine sehr lange Zeit vergehen, bis eine solche vorbeugende Therapie angeboten werden kann. Die Impfung kann höchstens in 10 bis 15 Jahren zur Verfügung stehen, so die Forscher. Der nächste Schritt soll ein Therapieansatz für bereits MS Erkrankte sein.
Neues MS-Medikament in den USA zugelassen
Ein weitere Hoffnungsschimmer könnte der Wirkstoff Fingolimod sein. Vor einigen Tagen hat die amerikanische Arznei- und Gesundheitsbehörde FDA ein Arzneimittel zur Behandlung von MS zugelassen. Studien hatten nachgewiesen, dass der Wirkstoff die Anzahl der Krankheitsschübe vermindern kann und besser wirke, als die bisherige Behandlung mit Beta-Interferonen. Eine Zulassung für das Arzneimittel wurde auch für die EU beantragt. Bis das Medikament auch in der Europäischen Union zugelassen wird, ist noch offen. Zunächst müssen Nutzen und Nebenwirkungen überprüft werden. (sb, 08.10.2010)
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