Warnung vor Wechsel in die PKV: Die Bedingungen für einen Wechsel in die private Krankenversicherung werden für Arbeitnehmer ab 2011 stark gelockert. Das Bundesversicherungsamt und das Bundesverbraucherschutzministerium warnen allerdings vor einem unüberlegten und voreiligen Wechsel. Im Zuge dessen wird auch die unverhältnismäßige Werbepraxis der PKV kritisiert.
Ab Jahreswechsel wird der Weg für eine Vielzahl von Angestellten in die Private Krankenversicherung vereinfacht. Doch ein Wechsel in die PKV sollte gut überlegt sein, denn im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung bietet die PKV beispielsweise keine Familienmitversicherung. Im Zuge dessen warnt nun auch das Bundesversicherungsamt vor einen unüberlegten und voreiligen Wechsel. Verbraucher sollten genau abwägen, welche Vor-und Nachteile durch einen Wechsel entstehen könnten.
Wechsel in die PKV wird für Arbeitnehmer erleichtert
Nach Schätzungen des PKV-Verbandes wird der Wechsel von der gesetzlichen Krankenkasse in die Private Krankenversicherung für rund 20.000 Angestellte ab Jahreswechsel erleichtert. Möglich macht dies eine Änderung der Versicherungspflichtgrenze um 450 Euro. Zudem besteht bis zum Jahreswechsel eine Sonderregelung, welche den PKV-Wechsel erleichtern soll. Die Sonderregelung besagt, dass Angestellte schon nach dem Jahreswechsel in die PKV wechseln können, wenn sie mit ihrem Bruttoeinkommen über die Versicherungspflichtgrenze verdienen. Auch die Wartefrist wurde deutlich gekürzt: Statt drei Jahre, müssen nun Arbeitnehmer nur in einem einzigen Jahr mindestens 49.500 Euro verdient haben, um von der GKV in die PKV wechseln zu können. Schon frohlockt die Versicherungsbranche neue Zuggewinne. Möglich macht dies die positive Beeinflussung der schwarz-gelben Bundesregierung. Kritiker bemängeln, dass die PKV zu Ungunsten der solidarisch orientierten gesetzlichen Krankenversicherung stark durch die Koalition bevorzugt wird. Denn die gesetzlichen Krankenkassen könnten eine Reihe von guten Beitragszahlern verlieren, was wiederum das Defizit im Gesundheitsfond ansteigen lässt. Die Folge: Weitere Zusatzbeiträge und höhere Kassenbeiträge für Kassenpatienten.
PKV lockt mit hohen Prämien für Neukunden
Das aber ein Wechsel in die PKV nicht nur Vorteile bringt, wenn es beispielsweise um die eigene Familienplanung geht, bestätigt nun auch das Bundesversicherungsamt. Dieser Einschätzung folgte auch das Bundesverbraucherministerium. Hier kritisierte man vor allem, dass viele PKV Anbieter mit unverhältnismäßigen hohen Prämien locken, um neue Kunden anzuwerben. Für die Werbung von Neukunden zahlen die meisten PKV Versicherungen nämlich horrende Summen.
Solche Prämien sind für gesetzliche Krankenkasse überhaupt nicht möglich und verzehrt zunehmend den Wettbewerb zwischen diesen beiden Arten der Krankenversicherung. Die neuen Wettbewerbsregeln limitieren die Werbungskosten für die gesetzlichen Krankenkassen außerordentlich. Je Neukunde dürfen die gesetzlichen Kassen nur eine Prämie von 76,65 Euro auszahlen. Im Gegensatz dazu zahlen private Anbieter an Versicherungsmakler zumeist über eintausend Euro je Neukunde. Das allein lässt die Vermutung zu, dass viele Versicherungsmakler dem Verbraucher eher eine PKV empfehlen, statt die Gesundheitsleistungen der GKV anzupreisen. Die einzige Möglichkeit wäre, die Wettbewerbsregeln für beide Arten der Krankenversicherungen anzugleichen. Das Bundesverbraucherministerium regt daher an, dass eine Begrenzung der Ausgaben für Neukundenbildung bei der PKV mehr Chancengleichheit schaffen könnte. Statt der hohen Prämien sollen die Gelder lieber in die Gesundheitsversorgung der Versicherten investiert werden. Dieser Kritik des Verbraucherschutzministeriums schließt sich auch Dr. Maximilian Gaßner, Präsident des Bundesversicherungsamts, an und verweist darauf, dass diese überzogene Werbepraxis für die GKV überhaupt nicht möglich ist.
Wechsel in die private Krankenversicherung sollte gut überlegt sein
Ein Wechsel in die PKV sollte gut überlegt sein. Vor allem junge Menschen vergessen häufig die zukünftige Familienplanung bei den Überlegungen mit einzubeziehen. Doch eben jener Aspekt ist einer der Hauptargumente für die gesetzliche Krankenversicherung. Denn während die GKV eine Familienkrankenversicherung kennt, in der Kinder und erwerbslose Partner kostenlos mitversichert werden können, muss in der PKV für jedes einzelne Familienmitglied eine extra Krankenversicherung abgeschlossen werden. Das gilt auch dann, wenn beispielsweise die Kindesmutter gesetzlich krankenversichert ist, der Vater aber mehr verdient, aller in der PKV versichert ist. Dann müssen die Kinder ebenfalls privat versichert werden. Wer das später feststellt und lieber wieder in gesetzlich krankenversichert sein möchte, hat äußerst schlechte Karten. Ein Zurück in die GKV ist kaum mehr möglich.
Fazit: Wer dennoch wechseln will, sollte zuvor einen eingehende Vergleich anstellen. Für Ungebundene könnte ein Wechsel tatsächlich von finanziell von Vorteil sein. Verbraucher sollten deshalb eingehend alle PKV-Tarife vergleichen und sich unabhängig und individuell informieren. Zudem sollte der Gesetzgeber die horrenden Werbeprämien der PKV eingrenzen, damit Versicherungsmakler nicht in die Versuchung geraten, ihren Kunden eher eine PKV schmackhaft zu machen, obwohl eine gesetzliche Krankenversicherung unter Umständen sinnvoller wäre. (sb, 07.11.2010)
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