TÜV Rheinland muss nicht für die Entfernung der fehlerhaften PIP-Brustimplantate zahlen
21.03.2014
Im Skandal um die fehlerhaften Silikonkissen des französischen Herstellers PIP (Poly Implant Prothèse ) hat das Landgericht Nürnberg-Fürth die Klage der AOK Bayern abgewiesen, mit der die Krankenkasse eine Kostenübernahme des TÜV Rheinland für die Entfernung der minderwertigen Brustimplantate erreichen wollte. Dem TÜV sei kein rechtswidriges Verhalten in Bezug auf seine Überwachungs- und Kontrollfunktion vorzuwerfen, erläuterte das Gericht unter Verweis auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 30. Januar.
Die AOK erklärte in einer Pressemitteilung zu der Klageabweisung, dass diese „für die AOK Bayern nur schwer nachvollziehbar“ sei, da ihrer Ansicht nach „der TÜV Rheinland pflichtwidrig gehandelt und seine Überwachungs- und Kontrollfunktion im Zusammenhang mit den PIP-Brustimplantaten nur unzureichend ausgefüllt“ habe. Daher werde die Krankenkasse nun prüfen, „welche Rechtsmittel gegen die Abweisung ihrer Klage eingelegt werden können.“ Die AOK hatte angesichts der drohenden Gesundheitsschäden durch die Brustimplantate aus minderwertigen Industriesilikon bei 26 Betroffenen die Entfernungen der Implantate bezahlt und wollte sich anschließend die Kosten von dem TÜV Rheinland erstatten lassen. Im Raum stand eine Forderung in Höhe von circa 50.000 Euro.
Gericht sieht kein Fehlverhalten des TÜV Rheinland
Ende Januar hatte das Oberlandesgericht Zweibrücken bereits erklärt, dass der TÜV Rheinland nur für die Prüfung der Qualitätssicherungssysteme von PIP zuständig gewesen sei. Die Kontrolle und Überwachung des Produktionsbetriebes bei PIP habe indessen in der Zuständigkeit der nationalen Aufsichtsbehörde gelegen. Im Prinzip mit der gleichen Begründung wies das Landgericht Nürnberg-Fürth nun die Klage der AOK Bayern ab. Angesichts der Klageabweisung empörte sich Dr. Helmut Platzer, Vorstandsvorsitzender der AOK Bayern, dass „Patientensicherheit in Frankreich offensichtlich deutlich höher bewertet“ wird. Denn in Toulon habe das Handelsgericht „den TÜV bereits im November 2013 zur Zahlung von mehreren Millionen Euro an insgesamt rund 1.700 Frauen verurteilt.“ Platzer kommt zu dem Schluss, dass möglicherweise eine Entscheidung des europäischen Gerichtshofs erforderlich sei, um hier eine abschließende Klärung herbeizuführen.
Scheinsicherheit für Patienten?
Der Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth zufolge habe der TÜV Rheinland alles getan, was der Gesetzgeber zum Schutz der Patienten vorgesehen hat, berichtet die AOK. „Dann wäre aber auch das bestehende Kontroll-Regelwerk als sinnlos entlarvt“, betonte der Vorstandsvorsitzende der AOK Bayern. Denn hier werde in diesem Falle lediglich eine Scheinsicherheit suggeriert, die eine Gefahr für die Patienten darstellen könne. Patientensicherheit und Verbraucherschutz seien nicht gewährleistet, wenn vom TÜV geprüfte Medizinprodukte fehlerhaft seien. Sollte dieses Urteil Bestand haben, „müsste es eine Warnsirene sowohl für den nationalen als auch den europäischen Gesetzgeber sein“, folgert die AOK. Hier werden „dringend stringentere europaweite Regelungen für den Medizinproduktemarkt“ erforderlich, betonte Dr. Helmut Platzer. (fp)
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