Viele Wachbären tragen Parasiten in sich, die auch für Menschen gefährlich werden können. So ist über die Hälfte der Wachsbären in Deutschland von dem Waschbärspulwurm befallen, der bei Menschen Infektionen mit äußerst schweren Verläufen verursachen kann. Auch in anderen europäischen Ländern ist eine verstärkte Verbreitung des Parasiten feststellbar.
Forschende der Goethe Universität Frankfurt und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung haben im Rahmen des Forschungsverbunde ZOWIAC (Zoonotische und wildtierökologische Auswirkungen invasiver Carnivoren) die Verbreitung der Waschbärspulwürmer untersucht und die Ergebnisse in dem Fachmagazin „Parasitology Research“ veröffentlicht.
Ausbreitung der Waschbären
Nachdem Waschbären aus Pelztierfarmen entkommen konnten beziehungsweise gezielt ausgesetzt wurden, hat sich der Kleinbär über weite Teile Mitteleuropas verbreitet, wobei die Folgen für die heimische Flora und Fauna in der Fachwelt bis heute intensiv diskutiert werden.
Mit mit den ersten Waschbären aus Nordamerika reiste der Waschbärspulwurm Baylisascaris procyonis bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein und Deutschland gilt heute in Europa als Hauptverbreitungsgebiet für beide Arten, erläutern die Forschenden.
Drohende Infektionen beim Menschen
Die Spulwürmer leben im Dünndarm des Waschbären und ihre Weibchen produzieren täglich bis zu 180.000 Eier, die über den Kot in die Umwelt gelangen. Anschließend entwickeln sie sich bei ausreichender Temperatur und Luftfeuchtigkeit innerhalb von zwei Wochen zu infektiösen Larven, die mehrere Jahre überleben können, so die Fachleute weiter.
Werden die infektiösen Eier zum Beispiel nach dem Handkontakt von mit Waschbärenkot verunreinigten Böden, Gewässern oder Gegenständen versehentlich oral aufgenommen, droht eine schwere Infektionskrankheit, die als als Baylisascariose bezeichnet wird.
„Dieser Parasit kann auch den Menschen infizieren und eine sog. Larva migrans verursachen, bei der wandernde Larven Gewebe und Organe schädigen können“, erklärt der Studienautor Prof. Dr. Sven Klimpel von der Goethe-Universität Frankfurt.
„Gelangen die Larven in das zentrale Nervensystem, kann die Erkrankung schwerwiegende Folgen haben. Aufgrund des häufigen Hand-Mund-Kontakts erkranken vorrangig Kleinkinder“, ergänzt Erstautorin Anne Steinhoff von der Goethe-Universität Frankfurt.
Der Waschbärspulwurm könne beim Menschen schwere Erkrankungen bis hin zu tödlichen Hirnschädigungen auslösen, wobei bisher allerdings lediglich drei Fälle einer sogenannten Baylisascariose in Europa dokumentiert seien. Alle drei resultierten in dauerhafter Sehbehinderung, berichtet das Team.
„Darüber hinaus wird angenommen, dass viele Fälle aufgrund der unspezifischen Symptome unentdeckt bleiben oder falsch diagnostiziert werden“, ergänzt Prof. Dr. Klimpel. Zudem werde in Europa die Diagnose beim Menschen durch das Fehlen spezifischer diagnostischer Testmöglichkeiten zusätzlich erschwert.
Eine definitive Diagnose ist laut dem Forschungsteam derzeit nur bei den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in den USA und Kanada möglich.
Wie verbreitet sind Waschbärspulwürmer?
Um die Verbreitung des Waschbärspulwurms zu erfassen, sezierten die Forschenden 146 Waschbären aus Deutschland. Zudem analysierten sie die verfügbaren wissenschaftlichen Studien und Befallsdaten aus Europa.
Von den 146 Waschbären aus Deutschland waren 66,4 Prozent mit Baylisascaris procyonis infiziert. Dabei bestanden jedoch deutliche regionale Unterschiede. So waren laut dem Forschungsteam in Hessen 77,4 Prozent der Waschbären befallen, in Thüringen 51,1 Prozent und in Nordrhein-Westfalen 52,9 Prozent.
„Die Ergebnisse zeigen sowohl eine Ausweitung des Verbreitungsgebiets des Spulwurms sowie eine stabiles Infektionsvorkommen auf hohem Niveau in den deutschen Waschbärpopulationen“, betont Klimpel.
Insgesamt seien die Spulwürmer in neun europäischen Ländern bei wildlebenden Waschbären verbreitet, vorrangig in Zentraleuropa. Und in drei weiteren Ländern wurden Infektionen bei Waschbären oder anderen Tierarten in Gefangenschaft nachgewiesen, ergänzen die Forschenden.
Erhöhte Wahrscheinlichkeit des Kontakts
„Die Studien zeigen eine stetige Ausdehnung des Verbreitungsgebiets in Europa. Dabei ist die Verbreitung des Spulwurms an die stetige Ausbreitung des Endwirts Waschbär gekoppelt, der inzwischen europaweit vorkommt“, resümiert Professor Dr. Klimpel.
Zudem werde die tatsächliche Verbreitung des Spulwurms wahrscheinlich aufgrund unzureichender oder fehlender Datenerhebungen erheblich unterschätzt und besonders besorgniserregend sei die Urbanisierung der Waschbärpopulationen, da dies die Wahrscheinlichkeit von Kontakten zwischen Menschen und kontaminierten Bereichen erhöhe. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Goethe Universität Frankfurt: Kontinuierliche Ausbreitung: Waschbärspulwurm in neun europäischen Ländern nachgewiesen (veröffentlicht 19.12.2025), uni-frankfurt.de
- Anne Steinhoff, Robin Stutz, Anna Viktoria Schantz, Norbert Peter, Dorian D. Dörge & Sven Klimpel. Baylisascaris procyonis on the rise in Europe: a comprehensive review and analysis of occurrence data; in: Parasitology Research (veröffentlicht 09.12.2025), springer.com
Wichtiger Hinweis:
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