Einfache Bluttests könnte künftig dabei helfen, drohende Erkrankungen an Leberzirrhose und Leberkrebs bereits Jahre vorab zu erkennen. Ein neu entwickeltes Modell zur Risikoberechnung sagt schwere Lebererkrankungen zehn Jahre im Voraus zuverlässig anhand von verschiedenen Blutwerten vorher.
Ein Forschungsteam um Professor Hannes Hagström und Rickard Strandberg vom Karolinska Institutet in Schweden hat das neue Modell vorgestellt, mit dessen Hilfe sich das Risiko für schwere Lebererkrankungen auf Basis von Routine-Blutwerten ermitteln lässt. Wie dieses Modell funktioniert, beschreiben die Forschenden in dem Fachjournal „BMJ“.
Leberkrankheiten ein wachsendes Problem
Von Fettlebererkrankungen über Leberzirrhose bis hin zu Leberkrebs – weltweit sind Lebererkrankungen relativ weit verbreitet. Zudem zählen sie zu den Erkrankungen, deren Inzidenz global am stärksten steigt und sie werden oft erst viel zu spät erkannt, erläutert das Team.
Denn die Lebererkrankungen machen sich lange Zeit kaum oder nur anhand unspezifischer Symptome wie Müdigkeit oder leichten Verdauungsproblemen bemerkbar, die häufig nicht mit Leberproblemen in Verbindung gebracht werden, so die Fachleute weiter.
Erfolgt die Diagnose erst im fortgeschrittenen Stadium, ist die Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung zudem oftmals schlecht, ergänzt der Studienautor Rickard Strandberg. So hat beispielsweise eine frühere Studie gezeigt, dass die Leberzirrhose die höchste Mortalitätsrate aller chronischen Krankheiten aufweist.
Modell zur Risikoprognose
Ziel des Forschungsteams war daher die Entwicklung eines praxistauglichen Verfahrens für die hausärztliche Anwendung, mit dessen Hilfe sich drohende schwere Leberkrankheiten möglichst frühzeitig feststellen lassen.
Anhand der Daten von über 480.000 Personen ohne bekannte Lebererkrankung, von denen in einem Zeitraum bis zu 30 Jahren etwa 1,5 Prozent eine schwere Lebererkrankung wie eine Leberzirrhose oder Leberkrebs erlitten oder eine Lebertransplantation benötigen, entwickelte das Team sein Modell mit dem Namen „CORE“.
Dies basiert auf fünf leicht feststellbaren Parametern: Dem Alter, dem Geschlecht sowie den Blutwerten von drei Leberenzymen (AST, ALT, GGT), die ohnehin bei vielen Routine-Bluttests bestimmt werden, berichten die Forschenden. Mittels statistischer Verfahren werde daraus das individuelle Erkrankungsrisiko berechnet.
Vorhersage mit hoher Genauigkeit
Die Validierung des Modells in zwei Kohorten mit 24.191 und 449.806 Personen habe gezeigt, dass das Core-Modell in 88 Prozent der Fälle zuverlässig unterscheiden konnte, wer innerhalb von zehn Jahren erkrankt und wer nicht.
Damit sei das Modell deutlich genauer als bisherige Methoden und es komme zudem ohne aufwendige Spezialdiagnostik aus. „Die Primärversorgung hatte bislang keine geeigneten Werkzeuge, um das Risiko rechtzeitig zu erkennen“, betont der Professor Hagström.
Zwar müsse das Modell noch weiter überprüft werden, zum Beispiel bei Hochrisikogruppen wie Menschen mit Typ-2-Diabetes oder Adipositas, und es bedürfe einer Integration in elektronische Patientenakten, um den klinischen Alltag wirklich zu erleichtern, doch die bisherigen Ergebnisse seien bereits äußerst vielversprechend.
Frühe Diagnose kann Leben retten
Zumal bei Lebererkrankungen die Behandlungsoptionen grundsätzlich deutlich besser ausfallen, wenn die Diagnose sehr frühzeitig erfolgt. Eine frühe Diagnose kann hier Leben retten und das Core-Modell bietet einen praxistauglichen Ansatz, um das Risiko schwerer Lebererkrankungen verlässlich zu prognostizieren, resümieren die Forschenden.
Gefährdete Personen könnten zudem selbst einen Beitrag zur Prävention leisten, wenn ihnen das Risiko anhand des Modells vermittelt wird. Neben regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen sind hier zum Beispiel die Reduzierung des Alkoholkonsums, der Abbau von Übergewicht und eine angepasste Ernährung möglich Ansätze. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Rickard Strandberg, Fredrik Åberg, Juho V. Asteljoki, Panu K. Luukkonen, Veikko Salomaa, Antti Jula, Annamari Lundqvist, Satu Männistö, Markus Perola, Mats Talbäck, Niklas Hammar, Hannes Hagström: Use of new CORE risk score to predict 10 year risk of liver cirrhosis in general population: population based cohort study; in: BMJ (veröffentlicht 29.09.2025), bmj.com
- Goethe-Universität Frankfurt am Main: Mit Leberzirrhose ins Krankenhaus: Höchste Sterblichkeitsrate aller chronischen Krankheiten, (veröffentlicht 11.02.2022), uni-frankfurt.de
- Wenyi Gu, Hannah Hortlik, Hans-Peter Erasmus, Louisa Schaaf, Yasmin Zeleke, Frank E. Uschner, Philip Ferstl, Martin Schulz, Kai-Henrik Peiffer, Alexander Queck, Tilman Sauerbruch, Maximilian Joseph Brol, Gernot Rohde, Cristina Sanchez, Richard Moreau, Vicente Arroyo, Stefan Zeuzem, Christoph Welsch, Jonel Trebicka: Trends and the course of liver cirrhosis and its complications in Germany: Nationwide population-based study (2005 to 2018); in: The Lancet Regional Health – Europe (veröffentlicht: 04.11.2021), sciencedirect.com
- Karolinska Institutet: Simple test can predict risk of severe liver disease (veröffentlicht 29.09.2025), eurekalert.org
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