Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung fordert mehr Patientenquittungen. Verbraucherschützer kritisieren allerdings das Modell.
(18.08.2010) Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, forderte mehr Quittungen für Kassenpatienten nach dem Arztbesuch. Damit erhofft sich Köhler ein neues Kostenbewusstsein der Versicherten in Bezug auf die Gesundheitsleistungen der Krankenkassen.
Ähnlich wie bei den Privaten Krankenversicherungen haben auch Versicherte der Gesetzlichen Krankenkassen seit 2004 die Möglichkeit, sich nach jedem Arztbesuch eine Rechnung ausstellen zu lassen und die Kosten am Jahresende bei den Kassen einzureichen. Kaum jemand der GKV Versicherten kennt jedoch ein solches Angebot. Laut einer Umfrage wussten 80 Prozent der Versicherten nicht, dass eine solche Möglichkeit gibt. Nur zwei Prozent der Kassenpatienten nutzen dieses Modell.
Das soll nun nach dem Willen des Verbandschef der Kassenärzten anders werden. Denn, "wir haben ein großes Interesse daran, dass die Quittungen von den Patienten genutzt werden", so Köhler. Durch die Quittungen könnte ein Bewusstsein für die anfallenden Kosten nach einer Behandlung entstehen, so die Hoffnung. Die meisten Menschen würden dann erkennen, "wie preisgünstig die ambulante Versorgung in der Haus- oder Fachärztlichen Praxis ist, etwa im Vergleich zum Restaurant Besuch", argumentierte Köhler gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Zukünftig, so die Vorstellungen des Verbandsvorsitzenden, soll damit der Wechsel in ein System der Kostenerstattung vollzogen werden. Patienten sollen zukünftig das Direktabrechnungs-Modell nutzen. Die Ausstellung von Quittungen sei richtiger Schritt in die Eigenverantwortungen und Eigenbeteiligung der Kassenpatienten.
Auch die Bundesregierung plant eine ähnliche Regelung im Zuge der Gesundheitsreform. Laut einer Gesetzesvorlage sollen Patienten die Kosten der Behandlung zunächst selbst begleichen und am Jahresende bei den Krankenkassen einreichen. Die schwarz-gelbe Koalition erhofft sich von dieser Neuregelung mehr Transparenz in Bezug auf die Gesundheitskosten.
Deutliche Kritik äußert die Verbraucherzentrale Thüringen an dem Modell. Denn Ärzte können bei dem Kostenerstattungs- Modell die Kosten nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. der Zahnärzte (GOZ) abrechnen. Dabei entstehen höhere Gebühren als beim Sachleistungsprinzip. Viele Befürworter des Modells argumentieren jedoch, dass Modell würde den Kassenpatienten auf eine Stufe mit einem privat Versicherten stellen. Das trifft nach Aussagen der Verbraucherschützer allerdings nicht zu. Für zusätzliche Leistungen, die nicht im Leistungskatalog der Krankenkassen enthalten sind, erstatten die Kassen die Kosten nicht. Patientinnen und Patienten haben zudem auch im Rahmen der Kostenerstattung keine direkte Möglichkeit, einen Privatarzt aufzusuchen oder eine Behandlung in einer Privatklinik durchführen zu lassen. Ausnahmen sind auch in diesem Fall lediglich in Einzelfällen möglich – und dann nur nach vorheriger Genehmigung durch die Kasse oder aber in einem Notfall.
Trotzdem erhoffen sich viele Versicherte, sie hätten durch dieses Modell Vorteile. So gehen viele davon aus, sie würden bei ärztlichen Behandlung oder bei der Terminvergabe bevorzugt werden. Doch das ist oftmals nicht der Fall. Denn ein Recht auf eine bevorzugte Terminvergabe besteht nicht!
Deshalb sollten sich Versicherte darüber im Klaren sein, dass sie bei der Wahl des Kostenerstattungsmodells sehr wahrscheinlich höhere Arzt- und Behandlungskosten zahlen müssen. Doch die Krankenkassen übernehmen nur die Kosten, die auch normale Kassenpatienten mit Chipkarte hätten bezahlen müssen. Den restlichen Betrag müssen die Versicherten selbst begleichen. (sb)
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