Studie: ADHS-Medikamente sollen auch bei Erwachsenen Wirkungsweisen zeigen
20.04.2012
Die Behandlung von AHDS mit Methylphenidat (Handelsname Ritalin) ist ein heiß diskutiertes Thema. Während viele Ärzte und Therapeuten auf die Erfolge der Ritalin-Behandlung verweisen, stehen für die Kritiker die zahlreichen Nebenwirkungen und die Unzulänglichkeiten bei der Verschreibungspraxis im Vordergrund.
Eine aktuelle Studie des Forschungsverbundes zur Psychotherapie der Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes- und Erwachsenenalter kommt nun zu dem Ergebnis, dass „die im Kinder- und Jugendalter etablierten Behandlungsmethoden auch bei Erwachsenen sinnvoll“ seien. Die Forscher untersuchten anhand von 433 ADHS-Patienten die Wirksamkeit von Methylphenidat im Vergleich zu einem Placebo.
Auch viel Erwachsene haben ADHS
Deutlich mehr als 400.000 Patienten werden nach Schätzung von Experten in Deutschland mit dem Wirkstoff Methylphenidat behandelt, wobei vor allem in den letzten Jahrzehnten ein drastischer Anstieg zu verzeichnen war. Wurde ADHS früher vor allem im Kinder- und Jugendalter diagnostiziert, erhalten heute auch viele Erwachsene eine entsprechende Diagnose. Unter Umständen werden Betroffene von der Jugend bis ins Erwachsenenalter mit Ritalin behandelt. „Bislang gab es jedoch für das Erwachsenenalter keine größeren kontrollierten Studien, die die Wirksamkeit von Pharmakotherapie und Psychotherapie vergleichen“, erklärte Sprecher des Forschungsverbunds "ADHD-net", Andreas Warnke vom Universitätsklinikum Würzburg den Anlass der aktuellen Studie.
Medikamentöse Behandlung von ADHS mit deutlichen Vorteilen?
Die 433 erwachsenen Studienteilnehmer wurden im Rahmen der Studie des Forschungsverbundes zur Psychotherapie der ADHS in vier Gruppen aufgeteilt und an sieben Forschungszentren untersucht. Eine Gruppe der ADHS-Patienten erhielt eine Gruppentherapie und den Wirkstoff Methylphenidat (Handelsnamen Ritalin), eine zweite Gruppe Beratung und ebenfalls Methylphenidat, die Dritte erhielt Gruppentherapie und ein Placebo, die Vierte bekam Beratung und einem Placebo. Zwar sei die Auswertung der Daten noch nicht abgeschlossen, doch schon jetzt zeichne sich ab, dass die medikamentöse Therapie einer Behandlung ohne zusätzliche Medikamente signifikant überlegen sei, erläuterte Andreas Warnke auf dem Psychotherapiekongress 2012 in Hannover.
Ungeklärte Risiken einer kontinuierliche Ritalin-Behandlung
Ein Einsatz von Methylphenidat zur ADHS-Behandlung, der sich von der Jugend bis ins Erwachsenenalter zieht, ist trotz möglicher Erfolge nicht nur nach Ansicht der Ritalin-Gegner durchaus kritisch zu bewerten. Die Risiken der kontinuierlichen Behandlung mit Methylphenidat lassen sich nur schwer abschätzen. Welche Nebenwirkungen die jahrzehntelange Einnahme von Ritalin haben kann, ist bisher nicht abschließend geklärt. Da eine medikamentöse Behandlung sich im Zweifelsfalls über Jahre erstreckt, kommt außerdem der Sicherung der Diagnose eine besondere Bedeutung zu. Erst im Jahr 2010 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sich für eine Änderung der Verschreibungspraxis von Ritalin ausgesprochen, da diese zu häufig auf einer Falschdiagnose beruhe. Allgemeinärzte ohne zusätzliche Ausbildung sollten daher nicht über die Verschreibung von methylphenidat-haltigen Arzneimitteln entscheiden, so die damalige Einschätzung des G-BA. ADHS zählt heute zu den häufigste diagnostizierten psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen, wobei als typische Anzeichen Konzentrationsschwächen, motorische Unruhe und Impulsivität gelten. Aufgrund des Verhaltens der ADHS-Patienten ist hier auch vom sogenannten "Zappelphilipp-Syndrom" die Rede. (fp)
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Bild: Andrea Damm / pixelio.de
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