Ist unser Bildungssystem noch zeitgemÀ�
SpĂ€testens seit dem Video des YouTubers Rezo dĂŒrfte den meisten Menschen bewusst geworden sein, welchen Einfluss Videos bei YouTube ausĂŒben können. Dies betrifft nicht nur die Politik, sondern auch maĂgeblich unser Bildungssystem, wie eine aktuelle Studie zeigt. Rund neun von zehn Jugendlichen nutzen die Video-Plattform. Etwa die HĂ€lfte aller SchĂŒlerinnen und SchĂŒler verwendet YouTube gezielt zum Lernen. Viele halten die Videos fĂŒr effizienter als das DrĂŒcken der Schulbank. Kann sich unser Bildungssystem vor solchen massiven EinflĂŒssen verschlieĂen?
Der Rat fĂŒr kulturelle Bildung prĂ€sentierte kĂŒrzlich die Ergebnisse einer aktuellen Studie zum Thema Bildung. Kernaspekt war der Einfluss von YouTube auf das Lernverhalten von Jugendlichen. Der Rat kommt zu der Schlussfolgerung, dass audiovisuelles Lernen in Form von Webvideos fĂŒr Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren von groĂer Bedeutung ist und zum Alltag dazugehört. Die Expertinnen und Experten drĂ€ngen zu Konsequenzen. Das Bildungssystem mĂŒsse die BedĂŒrfnisse der Jugendlichen ernst nehmen und dĂŒrfte diese aktuelle Entwicklung nicht ignorieren.
Bringt YouTube den Jugendlichen mehr bei als die Schule?
Egal ob fĂŒr Hausaufgaben, vor PrĂŒfungen aller Art oder auch fĂŒr kĂŒnstlerische FĂ€cher wie Musik, Kunst oder Theater â Jugendliche greifen hĂ€ufig auf YouTube zurĂŒck, um sich Sachverhalte erklĂ€ren zu lassen. Wie der Rat fĂŒr kulturelle Bildung berichtet, geben viele SchĂŒlerinnen und SchĂŒler an, dass sie sich durch die Clips in einem hohem MaĂe angeregt fĂŒhlen. Können Lehrerinnen und Lehrer mit den neuen Medien mithalten? Zum Teil ja und zum Teil nein, sagen die Expertinnen und Experten. Eines steht jedoch fest: Ignoriert werden sollte diese Entwicklung auf keinen Fall.
Was macht Lernen mit YouTube attraktiv?
Laut der aktuellen Studie ziehen 47 Prozent der Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 19 Jahren selbststĂ€ndig ErklĂ€rvideos von YouTube fĂŒr das schulische Lernen heran. Obwohl YouTube nicht als Bildungsmedium eingerichtet wurde, hat das Medium eine unerwartet hohe Bedeutung fĂŒr den Bildungsbereich gewonnen. Eine riesige Masse von Tutorials und ErklĂ€rvideos ist hier ĂŒberall und jederzeit verfĂŒgbar. Dies kommt offenbar den Erwartungen von Jugendlichen nach eigenen Lernrhythmen und Lernzeiten entgegen. Viele Clips sind zur Auflockerung zudem mit lustigen Elementen verknĂŒpft und audiovisuell aufbereitet. Wenn man etwas nicht verstanden hat, kann man einfach an die Stelle zurĂŒckspringen und wenn man etwas schon kennt, einfach ĂŒberspringen.
An welchen Stellen können Lehrerinnen und Lehrer punkten?
60 Prozent der befragten YouTube-Nutzerinnen und Nutzer wĂŒnscht sich im Unterricht eine kritische Auseinandersetzung mit der Video-Plattform. An der jetzigen Schulform schĂ€tzen die meisten Jugendlichen besonders die Option, gezielte Nachfragen zu stellen. âDie befragten Jugendlichen sind sich sehr klar ĂŒber die StĂ€rken, aber auch ĂŒber die strukturellen Grenzen massenmedialer Vermittlungâ, betont der PĂ€dagoge Benjamin Jörissen aus dem Rat in einer Pressemitteilung zu der Studie. Die Schule mĂŒsse sich ĂŒber das Potenzial der gemeinsamen Reflexion Bewusst sein.
Wie können digitale Medien in den Schulalltag integriert werden?
Rund die HĂ€lfte der befragten Jugendlichen wĂŒnscht sich Hilfe seitens der Schule bei der Erstellung von Videos. Dieses vorhandene Interesse der Jugendlichen mĂŒsse aufgegriffen werden. Der Rat fĂŒr kulturelle Bildung empfiehlt, die Digitalisierung endlich als Aufgabe und Gegenstand der Kulturellen Bildung zu verstehen und die neuen Medien als kulturelle Teilhabe zu nutzen. Auch sollte die Schule eigene audiovisuelle Formate entwickeln und implementieren. Statt die Videos auszugrenzen, sollte Hilfestellung beim Erstellen solcher Clips geleistet werden und mehr Raum fĂŒr kritische Auseinandersetzung mit dem Medium geschaffen werden.
Ignorieren ist die schlechteste Lösung
âEine wichtige Schlussfolgerung aus der Studie ist, dass man dieses Medium nicht ignorieren darfâ, unterstreicht Professor Eckart Liebau, der Vorsitzende des Expertenrates. YouTube sei primĂ€r kein pĂ€dagogisches Medium, aber es habe sich tatsĂ€chlich inzwischen zu einer wichtigen Lern- und Bildungsplattform entwickelt. Dies habe die Bildungslandschaft im Ganzen berĂŒhrt. YouTube habe sowohl die Ăbungsformen der Jugendlichen verĂ€ndert als auch die Voraussetzungen an den Unterricht insgesamt. âMan kann, wenn man das Medium schulseitig bewusst einsetzt, Unterricht anders aufbauen und auf diese Weise mehr Platz fĂŒr individuelle Fragen und fĂŒr Reflexion im Unterricht findenâ, resĂŒmiert der Professor. Die vollstĂ€ndige Studie kann kostenfrei auf der Webseite des Rats fĂŒr kulturelle Bildung eingesehen werden. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthÀlt nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.