Oleander ist eine der beliebtesten Kübelpflanzen. Haustiere und Kinder sollten indessen nicht mit ihm in Berührung kommen, da er tödliches Gift enthält. Die toxischen Stoffe sind zugleich medizinisch wirksam – der therapeutische Einsatz birgt ein hohes Risiko.
Inhaltsverzeichnis
Steckbrief
- Wissenschaftlicher Name: Nerium oleander
- Volksnamen: Oleander, Rosenlorbeer
- Familie: Hundsgiftgewächse (Apocynaceae)
- Verbreitung: Ursprünglich Marokko und Südspanien, heute global in vergleichbarem Klima, seit 500 Jahren in Mitteleuropa.
- Verwendete Pflanzenteile: Blüten, Blätter, Rinde, Wurzel und Triebe.
- Inhaltsstoffe: Phenole und Flavonoide (u.a. Quercetin), Gerbstoffe, Terpenoide (u.a. Ursolsäure), Alkaloide, Saponine, Anthrachinone, ätherisches Öl (Blüten); für die toxischen Eigenschaften sind die enthalten Herzglykoside verantwortlich, wie Oleandrin, OdorosideA, Neandrin, Adigosid, Adynerin und Digitoxigenin.
- Traditionelle Anwendungsgebiete: unter andrem bei Herzleiden, Hauterkrankungen, Entzündungen, Infektionen und Haarausfall.
- Warnung: Aufgrund der tödlich giftigen Herzglykoside sollte eine Selbstmedikation mit Oleander unterbleiben.
Oleander – Eine Übersicht
- Oleander verbreitete sich in Mitteleuropa in der frühen Neuzeit als Zierpflanze in den Orangerien der Adligen.
- Der immergrüne Strauch war bereits in der Antike beliebt und wurde in der Mythologie der Liebe, der Schönheit und dem Tod zugeordnet.
- Alle Teile des Oleanders sind durch die enthaltenen Herzglykoside giftig – für Mensch und Tier. Für die Vergiftungsgefahr spielt die Dosierung eine entscheidende Rolle.
- In manchen Ländern wird Oleander auch genutzt um Suizid zu begehen.
- Diverse bioaktive Inhaltsstoffe von Nerium oleander zeigen medizinische Wirkungen etwa auf den Stoffwechsel und das Immunsystem. Auch antimikrobielle, antioxidative, entzündungshemmende und krebshemmende Eigenschaften sind bereits nachgewiesen.
- Für medizinische Anwendungen von Oleander fehlen bislang weitergehende Studien. Bei volksheilkundlichen Anwendungen spielt die Vergiftungsgefahr immer eine Rolle, weshalb davon abgeraten wird.
- Oleander ist eine sehr beliebte Garten- und Kübelpflanze. Hierzulande braucht er im Winter Schutz vor starkem Frost.
- Beim Schneiden der Pflanzen sollten Sie Handschuhe tragen, da der austretende Milchsaft eine Hautentzündung auslösen kann.
Nerium oleander – Inhaltsstoffe
Oleander enthält eine Vielzahl an bioaktiven Inhaltsstoffen, darunter Phenole und Flavonoide wie Quercetin, Gerbstoffe, Terpenoide wie Ursolsäure, Alkaloide, Saponine und Anthrachinone. In den Blättern sind vor allem Saponin, Riboflavin, Thiamin und Tannine enthalten, in den Wurzeln ein hoher Level an Alkaloiden und Ascorbinsäure. Die Blüten enthalten ätherisches Öl.
Die toxischen Eigenschaften von Oleander sind unter anderem durch das Vorhandensein verschiedener Herzglykoside begründet, wie etwa das Oleandrin, OdorosideA, Neandrin, Adigosid, Adynerin und Digitoxigenin. Diese Glykoside haben starke zytotoxische Wirkungen und weisen strukturelle Ähnlichkeit mit Digoxin/Digitoxin aus Digitalis purpurea (Fingerhut) auf.
Medizinische Wirkungen
Nerium oleander ist eine toxische Pflanze mit pharmakologischer Bedeutung. Oleander enthält hochgiftige Herzglykoside und bioaktive Phytochemikalien. Während die Giftwirkung hinreichend belegt ist durch verschiedene Untersuchungen und Todesfälle durch Unfälle und Suizid mit Orleander immer wieder vorkommen, wird Oleander in der traditionellen Medizin zahlreicher Länder trotzdem genutzt, um diverse Krankheiten zu behandeln. Dies fasste eine wissenschaftliche Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2020 zusammen und verwies dabei auf mehrere evidenzbasierten präklinischen Studien, die positive medizinische Wirkungen von Oleanderextrakten auf den Stoffwechsel und das Immunsystem darstellen.
Die Blüten des Oleanders werden in ländlichen Regionen Pakistans traditionell verwendet, um Entzündungen infolge bakterieller Infektionen zu heilen. Eine pakistanische Studie, die 2021 veröffentlicht wurde, belegt, dass ein Extrakt aus Oleanderblüten tatsächlich pathogene Bakterien bekämpft und entzündungshemmend wirkt.
In unterschiedlichen Dosierungen zeigte sich im Tierversuch, dass die Wirkung daher rührte, dass entzündliche Mediatoren in ihrer Aktivität gebremst und die Zellmembranen der Bakterien attackiert wurden. Das Autorenteam der Studie weist darauf hin, dass sich zwar bei therapeutischen Dosen keine Giftwirkung zeigte, dass aber Studien zur Sicherheit der Pflanze dringend notwendig sind, um eine medizinische Anwendung zu ermöglichen.
Bei einem therapeutischen Einsatz ist also auf die korrekte Dosierung großen Wert zu legen, um Giftwirkungen ausschließen zu können.
Herzglykoside im Oleander
Oleander enthält Herzglykoside, vor allem Oleandrin. Diese Wirkstoffe beeinflussen die Herzschlagfrequenz. Sie können zum Beispiel den Herzschlag senken (bei Herzrasen) oder die Erregungsleitung am Herzen vermindern. Herzglykoside helfen zudem gegen Unregelmäßigkeiten der Herzkontraktionen. Sie regen die Nervenbahnen des Nervus vagus (des zehnten Hirnnervs) an. In der Medizin werden Herzglykoside eingesetzt, um Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen zu behandeln.
Herzglykoside haben eine extrem kleine therapeutische Breite. Winzige Unterdosierungen lassen den medizinischen Effekt ausbleiben, und kleinste Überdosierungen können zum Tod führen. Alle Herzglykoside werden deshalb nur unter strengster ärztlicher Kontrolle verabreicht. Sie müssen bei den ersten Zeichen einer Vergiftung sofort abgesetzt werden.
Welche Wechselwirkungen gibt es?
Digoxin als Medikament der Wirkstoffgruppe Herzglykoside (gewonnen aus Fingerhut-Arten) fördert den Herzschlag – eine gleiche Wirkung zeigt auch Oleandrin. Beides zusammen eingenommen steigert die einzelnen Wirkungen, was bei Herzglykosiden sehr schnell tödlich enden kann. Hier ist also große Vorsicht geboten.
Manche Antibiotika wie Erythromycin, Azithromycin und Clarithromycin steigern die Aufnahme von Wirkstoffen des Oleanders im menschlichen Organismus. Auch hier besteht bei einer nicht sachgemäßen Dosierung und Nichtbeachtung der Wechselwirkung Lebensgefahr.
Oleandrin gegen Krebs?
Oleandrin ist ein tödliches Gift und zugleich eine pharmakologisch hochwirksame Substanz. Einem Review von 2020 zufolge verweisen Studien auf ein großes Potenzial gegen HIV, Nervenschäden, Mikroben, Entzündungen und schädliche Oxidationsprozesse. Diese Oxidationsprozesse sind eine Ursache für bestimmte Krebserkrankungen. Dem Review zufolge greift Oleandrin die Signalwege von Krebszellen an.
Ein Review aus Brasilien hielt 2022 fest: Oleandrin zeigt im Tierversuch einen deutlichen Effekt, um Tumorgrößen- und volumen zu verringern. Diese Wirkung zeigte sich bei verschiedenen Krebsarten. Generell zeigten, dem Review zufolge, in vitro Studien, dass Oleandrin Zellwucherungen eindämmen und den programmierten Zelltod auslösen kann. Inwiefern dieses Potenzial sich klinisch nutzen lässt, um Oleandrin in der Krebsmedizin einzusetzen, bedarf aber genauer Studien in der Zukunft, die die Wirkungsmechanismen aufschlüsseln.
Oleander in der Volksmedizin
Oleander wird trotz seiner Giftigkeit in der Volksmedizin vieler Länder eingesetzt. Vor diesbezüglichen Selbstversuchen muss dringend gewarnt werden!
Wie in einem Review aus dem Jahr 2023 zusammengefasst, wird beispielweise in Südafrika Oleander traditionell verwendet, um Abtreibungen auszulösen, in Algerien, um die Haut der Füße von Schrunden, Infektionen, Hühneraugen und Hornhaut zu reinigen. Im Iran existieren viele Rezepte für Oleanderpulver, Oleanderinfusionen, Cremes und Salben mit Oleander, die unter anderem gegen chronische Hauterkrankungen eingesetzt werden.
Der Saft junger Oleanderblätter wird in Tropfen gegen Augenerkrankungen verarbeitet. Die Blätter werden im Iran genutzt, um den Harndrang zu steigern, die Haut zu erweichen und den Herzschlag zu stabilisieren, außerdem gegen Schlangen- und Spinnenbisse sowie Stiche von Skorpionen. Ein Pulver wird durch die Nase gezogen, um Epilepsie zu behandeln. Oleander findet sich im Iran auch als Mittel gegen Diabetes und Syphilis.
In Marokko werden Arzneien mit Oleander gegen Diabetes, Juckreiz, Haarausfall und Ekzeme eingesetzt. In Indien und Bangladesch wird eine Paste, die Oleander enthält, auf bakterielle Infektionen der Haut aufgetragen. In Pakistan wird Oleanderextrakt ebenfalls vor allem gegen bakterielle Infektionen genutzt.
Oleandervergiftung bei Mensch und Tier – Was tun?
Das Verzehren von Oleanderblättern, sowie das Trinken von Tee aus Oleanderblättern oder Oleandersamen hat nachweislich (und nicht selten) zu tödlichen Vergiftungen geführt. In Sri Lanka beispielsweise ist Oleandersaft sogar ein häufig eingesetztes Mittel, um Suizid zu begehen.
Oleandrin und Neandrin sind die Hauptgiftstoffe der Pflanze. Sie oral aufzunehmen kann enorme Beschwerden des Magen-Darm-Trakts und des Herzens auslösen. Erste Symptome einer Vergiftung sind Übelkeit und verstärkter Speichelfluss, der in Erbrechen übergeht, starker Durchfall und Schmerzen im Unterbauch.
Im weiteren Verlauf kommen andere Symptome hinzu und im zentralen Nervensystem zeigen sich Vergiftungserscheinungen durch Schläfrigkeit und Muskelzittern. Koma und schließlich der Tod treten bei höheren Überdosierungen ein, von der Einnahme bis zum Tod vergehen zwei bis drei Stunden. Bei Hautkontakt führt der Saft des Oleanders zu brennenden Schmerzen, Rötungen und Entzündungen.
Bei einer Vergiftung mit Oleander sollten Sie sofort einen Notruf absetzen. Spucken Sie Pflanzenreste aus, entfernen Sie diese aus Mund und Rachen. Betroffene sollten sehr viel Wasser trinken. Aktivkohle bindet Giftstoffe im Verdauungstrakt. In der Notfallmedizin wird der Herzrhythmus stabilisiert und weitere Maßnahmen eingeleitet.
Der Familienname Hundsgiftgewächse sagt es bereits: Oleander ist für Haus- und Wildtiere ebenso giftig, wie für den Menschen. Bereits ein Gramm der frischen Blätter können Katzen und Hunde töten. Auch bei ihnen zeigt sich die Vergiftung durch eine Störung des Herzrhythmus. Katzen und Hunde reagieren auf die Einnahme des Giftes mit Erbrechen. In der Tiermedizin werden Mittel eingesetzt, die Erbrechen auslösen und Aktivkohle, um das Gift zu binden. Auch Mittel zur Stabilisierung der Herzfrequenz kommen zum Einsatz.
Vergiftungen von Haustieren mit Oleander kommen selten vor, da die Blätter einen bitteren Geschmack haben, der Hunde und Katzen eher abschreckt. Im Garten empfiehlt es sich, Oleander außerhalb der Reichweite der Haustiere zu pflanzen.
Gartenpflanze Oleander – wichtige Tipps
Oleander lässt sich sehr gut schneiden und treibt reichlich neu aus. Er ist eine ausgezeichnete Gartenpflanze, da er sich einfach in Form bringen lässt und auch einen radikalen Schnitt verträgt, ohne Schaden zu nehmen. Ein regelmäßiger Schnitt sorgt dafür, dass Oleander kompakt wächst.
Im zeitigen Frühjahr können Sie Oleander auslichten und kleinere Erziehungsschnitte vornehmen. Lange Triebe schneiden Sie bis zum nächsten Trieb zurück. Schneiden Sie jedoch nicht alle Triebe, denn an der Triebspitze sitzen die Blüten, und je mehr Triebe Sie stutzen, desto weniger Blüten können wachsen.
Der radikale Rückschnitt erfolgt hingegen im Herbst nach der Blüte und ist vor allem bei älteren Oleanderpflanzen wichtig, damit diese nicht kahl werden. Sie schneiden dazu die Stämme bis auf einen halben Meter herunter.
Oleander ist als mediterrane Pflanze nur bedingt winterhart. Er verträgt zwar kürzere Frostperioden um minus fünf Grad, langanhaltender starker Frost schadet den Pflanzen jedoch. Als Kübelpflanze ist der ideale Platz für die kalte Jahreszeit ein Wintergarten oder ein unbeheiztes Gewächshaus.
Holen Sie den Oleander nicht zu früh ins Winterquartier, denn je länger er an der frischen Luft steht, desto besser.
Wenn Sie den Oleander gut geschützt auf dem Balkon oder der Terrasse überwintern lassen wollen, dann sollten Sie für einen Frostschutz sorgen. Dafür können Sie den Kübel auf Dämmstoff stellen, den Topf mit einer Kokosmatte umwickeln und die Zweige mit Sisal zusammenbinden.
Für ein mediterranes Gewächs wie den Oleander ist der Moorboden Norddeutschlands ebenso wenig optimal wie normale Blumenerde. Oleander mag keine saure Erde, sondern braucht Kalk und Mineralstoffe, zudem einen hohen Lehmanteil. Ein Tipp: Gießen Sie die Pflanze mit kalkhaltigem Leitungswasser statt mit Regenwasser. Das Wasser aus der Tonne ist für ihn auf Dauer zu sauer. Wenn Sie der Erde Tongranulat und Kalk zufügen, dankt die Pflanze es ihnen.
Oleanderpflanzen kaufen – Worauf müssen Sie achten?
Oleander können Sie im Gartenfachhandel kaufen. Es gibt den immergrünen Strauch mit Blüten in diversen Farben wie rosa, gelb, lachsfarben oder weiß.
Sie sollten auf die Wuchsform achten und überlegen, ob diese zu ihrem Garten, Balkon oder ihrer Terrasse passt. Es gibt Zwergformen ebenso wie strauchige und hochstämmige Sorten. Wichtig ist die Resistenz der jeweiligen Sorte gegenüber Krankheit und Schädlingen.
Wenn Sie den Oleander draußen pflanzen wollen, sollten Sie in Deutschland zu einer Sorte greifen, die härtere Winter verträgt. Lassen Sie sich diesbezüglich von Fachleuten beraten. Wenn Sie weniger schneiden wollen und / oder nicht viel Platz haben, sollten Sie eine mäßig wachsende Form wählen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Priyankar Dey: The pharmaco-toxicological conundrum of oleander: Potential role of gut microbiome, in: Biomedicine & Pharmacotherapy, Volume 129, 110422, 2020, ScienceDirect
- Cristiane Raquel Dias Francischini, Carolina Rodrigues Mendonça, Kênia Alves Barcelos, et al.: Antitumor effects of oleandrin in different types of cancers: Systematic review, in: Toxicon, Volume 216, Seiten 15-27, 2022, ScienceDirect
- Nazia Kanwal, Azhar Rasul, Ghulam Hussain, et al.: Oleandrin: A bioactive phytochemical and potential cancer killer via multiple cellular signaling pathways, in: Food and Chemical Toxicology, Volume 143, 111570, 2020, ScienceDirect
- Karl Hiller und Matthias F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen in zwei Bänden. Zweiter Band L bis Z. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, 1999
- Yousra Shafiq, Syed Baqir Shyum Naqvi, Ghazala H. Rizwani, et al.: A mechanistic study on the inhibition of bacterial growth and inflammation by Nerium oleander extract with comprehensive in vivo safety profile, in: BMC Complementary Medicine and Therapies, Volume 21, Article1352021, 2021, BMC
- Siham Ayouaz, Radia Arab, Khokha Mouhoubi et al.: Nerium oleander Lin: A Review of Chemical, Pharmacological and Traditional uses, in: Journal of Biomedical Research & Environmental Sciences, Volume 4, Issue 4, Seiten 641-650, 2023, SciRes Literature
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.