Das Konsumcannabisgesetz (KCanG) hat bisher nicht zu dem befürchteten Anstieg des Cannabis-Konsums geführt, allerdings werden in einer ersten Studie zur Evaluation des Gesetzes dennoch Schwächen deutlich. Beispielsweise spielt die Versorgung über sogenannte Anbauvereinigungen kaum eine Rolle.
In einem Zwischenbericht hat das Forschungsteam um Professor Dr. Daniel Kotz, Suchtforscher an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und dem Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD), erste Ergebnisse zu der Evaluation des KCanG vorgestellt. Die Entkriminalisierung der Konsumierenden war demnach durchaus ein Erfolg und der befürchtete Anstieg des Konsums blieb aus.
Evaluation des KCanG
Das KCanG trat im April 2024 in Kraft und erlaubt seither den privaten Eigenanbau von Cannabis sowie den gemeinschaftlichen, nicht-kommerziellen Anbau in Anbauvereinigungen. Der Widerstand gegen das Gesetz war dabei deutlich spürbar und vor allem die Gefährdung von Jugendlichen wurde vielfach als Gegenargument angeführt.
Mit dem Gesetz wurde daher in § 43 KCanG auch die Evaluation des Gesetzes beschlossen und das Verbundprojekt „Evaluation des Konsumcannabisgesetzes“ (EKOCAN) startete am 1. Januar 2025 mit einer Laufzeit bis zum 30. April 2028.
Getragen wird das Forschungsprojekt von dem Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (Dr. Jakob Manthey), dem Centre for Health and Society am UKD (Prof. Dr. Kotz) und dem Institut für Kriminologie der Universität Tübingen (Prof. Dr. Jörg Kinzig).
Kein Anstieg des Konsums
In dem Verbundprojekt erfolgt eine wissenschaftliche Überprüfung der Folgen des Gesetzes und der jetzt veröffentlichte erste Zwischenbericht verdeutlicht, dass die Zahl der Cannabis-Konsumentinnen und -Konsumenten seit der Legalisierung nicht wesentlich gestiegen ist.
„In den bisher vorliegenden Daten zeigt sich zudem, dass sich der sinkende Trend im Anteil der Jugendlichen, die Cannabis konsumieren, auch nach der Teillegalisierung fortsetzt“, betont Professor Kotz.
Rund ein Zehntel der jugendlichen Konsumierenden weise allerdings einen riskanten Umgang mit Cannabis (täglicher oder fast täglicher Konsum) auf, was die Wahrscheinlichkeit für teilweise schwerwiegende Gesundheitsprobleme deutlich erhöhe.
Auch gebe es Hinweise, dass weniger Jugendliche nach der Teillegalisierung Suchtberatungen in Anspruch genommen haben.
Insgesamt hat sich die Zahl der Konsumierenden und der Umfang gesundheitlicher Probleme durch Cannabiskonsum kurzfristig jedoch kaum verändert, so Dr. Manthey. Allerdings seien manche Auswirkungen des Gesetzes erst mit größerem zeitlichen Abstand feststellbar.
Über 5 Millionen Cannabis-Konsumierende
Laut den Fachleuten haben im Jahr 2024 in Deutschland schätzungsweise 5,3 Millionen Erwachsene Cannabis konsumiert, wobei durch das verfügbare Medizinalcannabis etwa 12 bis 14 Prozent des Gesamtbedarfs gedeckt werden konnten.
Welchen Anteil der legale Eigenanbau sowie das aus illegaler Produktion oder Weitergabe stammenden Cannabis an der Versorgung hatten, konnte laut den Forschenden bisher nicht quantifiziert werden.
Der Beitrag der Anbauvereinigungen habe allerdings nicht einmal bei 0,1 Prozent der benötigten Menge gelegen. Hier wird deutlich, dass die Vorstellungen des Gesetzgebers deutlich an der Realität scheitern.
„Wenn der Gesetzgeber die Verdrängung des Schwarzmarktes priorisieren wollte, müssten die Rahmenbedingungen für die Genehmigung und den Betrieb von Anbauvereinigungen vereinfacht werden“, betont Dr. Manthey.
Bedeutsamste Entkriminalisierung der Geschichte
Außerdem zeigt die Evaluation, dass die Straftaten in Zusammenhang mit Cannabis stark zurückgegangen sind. Laut den Forschenden wies die Polizeiliche Kriminalstatistik 2024 in diesem Bereich rund 100.000 Strafverfahren weniger aus als im Vorjahr.
„Was wir jetzt schon sagen können, ist, dass es sich bei der Teillegalisierung von Cannabis um die quantitativ bedeutsamste Entkriminalisierung in der Geschichte der Bundesrepublik handelt“, resümiert Professor Dr. Kinzig.
Um die Auswirkungen des Gesetzes auf die (organisierte) Kriminalität und auf die Praxis von Polizei und Justiz genau zu bestimmen, seien aber noch weitere Daten und ein längerer Beobachtungszeitraum erforderlich.
Da laut dem Zwischenbericht offensichtlich das Medizinalcannabis aus der Apotheke bisher einen wesentlichen Beitrag zur Deckung des Bedarfs leistet, während die Anbauvereinigungen fast keine Rolle spielen, scheinen die aktuellen Diskussionen über einen erschwerten Zugang via Rezept in Bezug auf die Beseitigung des Schwarzmarktes jedoch wenig zielführend. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf: Forschende legen erste Ergebnisse zur Evaluation des Konsumcannabisgesetzes vor (veröffentlicht 29.09.2025), hhu.de
- EKOCAN: Erste Ergebnisse zur Evaluation des Konsumcannabisgesetzes (KCanG); PDF (veröffentlicht 28.09.2025), uke.de
- Jakob Manthey, Britta Jacobsen, Jens Kalke, Ludwig Kraus, Senadin Radas, Anna Schranz, Uwe Verthein, Daniel Kotz, Stephanie Klosterhalfen, Paula Steinhoff, Jörg Kinzig, Benedikt Iberl, Florian Rebmann, Sarah Schreier: Evaluation des Konsumcannabisgesetzes (EKOCAN): 1. Zwischenbericht (veröffentlicht 29.09.2025), uni-hamburg.de
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