Unfruchtbarkeit durch Kassenbons und Quittungen
Das Thermopapier bei Kassenbons und Quittungen enthält die hormonschädigende Substanz Bisphenol-A, welche zu Fortpflanzungsstörungen führen kann. Die gefährliche Substanz seit viel weiter verbreitet als bisher angenommen, warnen schwedische Forscher vom Jegrelius-Institut.
Bisphenol A weit verbreitet
Häufiger Kontakt mit dem Thermopapier von Kassenbons und anderen Quittungen birgt demnach wesentlich größere Risiken als bisher angenommen. Das Thermopapier enthält gefährlich hohe Konzentrationen der Chemikalie Bisphenol A (BPA), die Hormon-schädigend wirkt und zu Beeinträchtigungen der Fortpflanzung führen kann. „Die analysierten Quittungen enthalten im Durchschnitt 1,5 Prozent BPA“, erklärte der Umweltchemiker vom schwedischen Jegrelius-Institut, Tomas Östberg. Eine neue Studie seines Instituts habe gezeigte, dass auch Flug-, Zug- und Bustickets, Parkscheine, Etiketten oder Bankauszüge BPA enthalten und die Substanz damit viel weiter verbreitet ist, als bisher angenommen.
Außerdem sei BPA leicht löslich und bei Kontakt auf die Umgebung übertragbar. Der Kontakt von Personen oder Gegenständen mit dem Thermopapier reicht aus, um diese mit BPA zu verseuchen. So haben zum Beispiel Kassenbons und Quittungen in der Brieftasche automatisch eine BPA-Belastung der Geldscheine zur Folge. Vom menschlichen Organismus wird „BPA (…) vor allem durch Nahrungsmittel aufgenommen, doch dies allein erklärt nicht die Werte, die man im menschlichen Körper findet“, erläuterte Tomas Östberg. Laut dem Experten deutet viel „darauf hin, dass die Hantierung von Quittungen stark dazu beiträgt“, dass die Belastungen entsprechend hoch sind. Das Thermopapier der Kassenbons und Quittungen sei tausendmal mehr belastet, als zum Beispiel Nuckelflaschen aus Polykarbonat, die aufgrund des gesundheitlichen Risikos bereits in mehreren Ländern verboten wurden, betonte Östberg. Der BPA-haltige Belag im Thermopapier sorgt dafür, dass sich das Papier bei Erwärmung verfärbt und so beim Ausdrucken kein Toner mehr benötigt wird.
BPA beeinträchtigt Fruchtbarkeit
Die Hormon schädigenden Effekte von BPA konnten bei Tierversuchen festgestellt werden, in denen großen Dosen von BPA Sterilität und verspätete Geschlechtsreife verursachten. Hier wurde außerdem beobachtet, dass die Substanz bereits in niedrigerer Konzentration Auswirkungen auf das Nervensystem, die Prostata und die Harnröhre haben können. Zudem wurden bei den Versuchstieren mögliche Vorstadien von Prostata- und Brustkrebs nachgewiesen. So sind die jetzigen Ergebnisse des Jegrelius-Instituts für die schwedische Gewerkschaft der Handelsangestellten mehr als besorgniserregend. „Es ist völlig inakzeptabel, wenn unsere Mitglieder täglich mit giftigen Stoffen hantieren sollen, durch die sie hormonelle Störungen riskieren“, erklärte Verbandschef Lars-Anders Häggström. Den Forderungen der Gewerkschaft zufolge sollte sofort auf das hormonschädliche BPA-haltige Thermopapier verzichtet werden.
Gesetzliches Regelung erforderlich
Nachdem vor einiger Zeit bereits die ersten Berichte über das Gesundheitsrisiko durch BPA in Kassenbons und Quittungen veröffentlicht wurden, haben einige Handelsketten umgehend reagiert und sind auf bisphenolfreies Papier umgestiegen. Wobei der „einzige Unterschied ist, dass es teurer“sei, so die Juristin im Branchenverband, Martina Elfgren Lilja. Die meisten Unternehmen warten jedoch auf auf einen EU-Beschluss, bevor sie in Eigeninitiative höhere Kosten in Kauf nehmen. Schweden will sich im Rahmen des demnächst anstehenden Beschlusses für niedrigere Grenzwerte oder ein Totalverbot stark machen, erklärte der schwedische Umweltminister Andreas Carlgren und ergänzte, dass die neue Studie „alarmierend“ sei und die Notwendigkeit eines breiten Verbots verdeutliche. Tomas Östberg erklärte, dass eine Untersuchung des Kassenpersonals in den Supermärkten ergeben habe, dass die Belastung hier dem von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf 0,05 mg pro Kilo Körpergewicht festgelegten Grenzwert oft schon sehr nahe komme. Dabei ist dieser Wert bereits nicht wissenschaftlich sondern „politisch festgelegt“. Etliche Fachleute sowie Umwelt- und Verbraucherschutzverbände hatten vor drei Jahren, bei der Erhöhung der Toleranzgrenze durch die EFSA um das Fünffache, bereits heftig protestiert.
Auch Umweltbundesamt warnt vor BPA
Auf Basis der aktuellen Forschungsergebnisse warnt auch in Deutschland das Umweltbundesamt (UBA) vor Kontakt mit BPA-Produkten. Zudem fordert Dr. Andreas Gies vom UBA im Gespräch mit der Zeitschrift "Eltern" die Industrie zu einem kompletten BPA-Verzicht auf. BPA ist bisher relativ weit verbreitet und wird in vielen Kunststoffen wie Babyflaschen und Lebensmittelverpackungen sowie als Beschichtung in Konserven- und Getränkedosen verwendet. Auf ein Verbot der Substanz konnten sich die Verantwortlichen in Deutschland bisher jedoch nicht einigen. Sogar explizit auf Kinder ausgerichtet gesetzliche Regelungen, die wie in Dänemark oder Frankreich die Verwendung von BPA in Produkten für Kinder untersagt, ließen sich bisher hierzulande nicht durchsetzen. Jedoch bieten "viele Hersteller (…) BPA-freie Plastikgegenstände an und kennzeichnen sie“ mit Hinweisen wie ´BPA-frei´, erklärte Dr. Gies. „Umgekehrt sind BPA-haltige Produkte aus Polycarbonat normalerweise an einem in ein Pfeildreieck eingeprägten Zeichen ´7 PC´ zu erkennen", so der Fachmann. Wer absolute Sicherheit vor BPA-haltigen Verpackungen haben möchte, sollte nach Aussage des Experten jedoch ganz auf Glas und Porzellan umsteigen. Vor dem Kontakt mit BPA durch das Thermopapier von Quittungen und Kassenbons schützt dies allerdings nicht. (fp, 19.10.2010)
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Bildnachweis: Harald Wanetschka / pixelio.de.
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