Dioxin-Eier durch Pflanzenschutzmittel? Dioxin-Werte waren um das 164-fache überschritten
10.01.2011
Die tatsächliche Ursache für das mit Dioxin verseuchte Tierfutter ist sehr wahrscheinlich gefunden worden. Nach Angaben der Verbraucherschutzorganisation „Foodwatch“ stammen die Dioxin-Rückstände mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ von Pflanzenschutzmitteln. Die Organisation beruft sich dabei auf eine Analyse, die in dem Betrieb Harles und Jentzsch unternommen wurde. In dem Betrieb wurden Proben bei der zur Firma gehörenden Spedition unternommen. „Diese Häufigkeitsanalyse verschiedener Dioxin- und Furanverbindungen in der Probe, die foodwatch vorliegt, weist auf Rückstände einer Chlorphenol-Verbindung hin, wie sie als Fungizid eingesetzt wird. Andere mögliche Dioxin-Quellen wie etwa Erhitzungsvorgänge können demnach weitgehend ausgeschlossen werden. Die analysierte Futterfett-Probe war mit 123 Nanogramm Dioxin pro Kilogramm belastet – der gesetzliche Höchstwert von 0,75 ng/kg wurde damit um das 164-fache überschritten.“, so Foodwatch.
Keine amtliche Bestätigung für die Ergebnisse
Das Bundesagrarministerium wollte sich zu den Ergebnissen der Verbraucherschützer nicht äußern. Ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums in Schleswig-Holstein sagte gegenüber dem NDR, dass es für diese Angaben derzeit noch keine offizielle Bestätigung gebe. Die staatlich geführten Untersuchungen dauern noch an. Foodwatch allerdings behaupt, dass diese Ergebnisse bereits vorliegen. Bestimmte chemische Verbindungen weisen laut der Verbraucher-Initiative auf Rückstände einer Pentachlorphenol-Verbindung hin, wie sie als Pilzgift eingesetzt werden. Diese Verbindung darf seit 1986 nicht mehr in Deutschland hergestellt werden. Seit 1989 ist auch der Handel und die Anwendung nicht mehr gesetzlich erlaubt. Die Verbraucherschutzorganisation ermittelte zudem, dass der gesetzlich vorgeschriebene Dioxin-Wert in den ausgewerteten Proben um das 164-fache überschritten wurde.
Schwere Versäumnisse des Bundesagrarministeriums
Foodwatch wirft der Bundesagrarministerin Ilse Aigner massive Versäumnisse vor. Vor ihrem Treffen mit Vertretern der Futtermittelindustrie am heutigen Montag forderte foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner auf, die offensichtlichen Mängel bei der Futtermittelproduktion endlich an ihrer Wurzel zu bekämpfen. „Die derzeitigen Ablenkungsdebatten um Zulassungsregeln für Futtermittelbetriebe oder eine Trennung zwischen der Herstellung von Futter- und Industriefetten verhindern nur eine echte Lösung. Frau Aigner deckt mit ihren Vorschlägen nur die Giftmischer in der Futtermittelindustrie, anstatt die offensichtlichen Sicherheitslücken im System zu schließen, wie es ihre Aufgabe wäre", kritisierte der Foodwatch-Vorsitzende Thilo Bode. „Die Ministerin muss die Unternehmen per Gesetz verpflichten, jede Charge jeder Futtermittelzutat selbst auf Dioxin zu testen und dies für die Behörden zu belegen. Bei Überschreitung des Grenzwertes muss die Charge vernichtet werden. Nur eine derartige Test- und Entsorgungspflicht für die Firmen schafft die nötige Futtermittel- und Lebensmittelsicherheit – denn staatliche Kontrolleure, auch wenn es zehn Mal so viele gäbe wie bisher, können immer nur Stichproben nehmen."
Heute Krisenspitzentreffen in Berlin
Um über die Konsequenzen zu beraten, trifft sich heute die Bundesagrarministerin Augner mit Spitzenvertretern der Agrarproduzenten. Nach Angaben der Ministerin erwarte sie „konkrete Vorschläge“, um künftig Dixion verseuchte Lebensmittel zu verhindern. Aigner selbst schlägt vor, die Sicherheit der Futtermittelkette zu erhöhen. Man müsse "klären, ob bestimmte Betriebe, die Futtermittelrohstoffe liefern, einer verschärften Zulassungspflicht unterworfen werden müssen", sagte Aigner der "Süddeutschen Zeitung" (SZ). Die Bauern ihrerseits fordern einen von der Futtermittelbranche finanzierten Hilfsfonds, um die Ausfälle zu kompensieren. Hierzu zeigte sich die Ministerin allerdings zurückhaltend.
Hohe Dioxinwerte waren bei Kontrollen nicht aufgefallen
Laut Foodwatch waren auch im aktuellen Fall die hohen Belastungen durch amtliche Kontrollen im Juli 2010 nicht aufgefallen, obwohl laut Foodwatch die Dioxin-Werte bei dem Futtermittelunternehmen seit März letzten Jahres bekannt waren. Bisher gibt es keine gesetzliche Verpflichtung für die Unternehmen, selbst Tests durchzuführen. „Eine Test- und Entsorgungspflicht für die Firmen verhindert auch die verbreitete, illegale Praxis, zu hoch belastete Einzelchargen mit anderen Zutaten zu vermischen, um die Gesamtbelastung des Mischfuttermittels unter den zulässigen Grenzwert zu drücken", so foodwatch-Geschäftsführer Bode. (foodwatch, sb)
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Bild: M. Großmann / pixelio.de
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