Ein Drittel der Kinder werden in Deutschland per Kaiserschnitt geboren
19.03.2012
Immer mehr Mütter planen die Geburt nach Zeit: Mittlerweile wird jedes dritte Kind per Schnittgeburt zur Welt gebracht. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden hat sich die Zahl der Kaiserschnitt-Entbindungen im Vergleich zu den 90er Jahren fast verdoppelt. Ärzte warnen vor der Geburt per Schnitt: Sie ist keineswegs ungefährlich, wie viele Mütter und Väter meinen.
Bei einem Kaiserschnitt (Schnittentbindung) wird das Kind auf operativen Wege aus der Gebärmutter der Mutter geholt. Noch vor einigen Jahrzehnten wurde der Eingriff nur aus medizinischen Gründen vollzogen. Heute jedoch wünschen sich immer mehr Frauen eine Schnittentbindung, um zum Beispiel den Geburtstag des Kindes selbst bestimmen oder weniger Geburtsschmerzen zu erleiden.
Immer mehr Eltern entscheiden sich bei der Geburt ihres Kindes für einen Kaiserschnitt. Laut Auswertungen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden ist der Anteil der Geburten mittels invasiver Schnittgeburt in den letzten zwanzig Jahren um mehr als 100 Prozent gestiegen. Im Jahre 1991 lag der Anteil der Kaiserschnittentbindungen bei 15,3 Prozent. Im Jahre 2010 lag die Quote bereits bei 31,9 Prozentpunkten. Im Vergleich zu Vorjahreszeitraum 2009 konnte 2010 erneut eine Steigerungsrate von 0,9 Prozent durch die Statistiker festgestellt werden. Somit werden fast ein Drittel der Kinder per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht. Erstmals wurde 2008 in Deutschland die 30 Prozent-Marke überschritten. Im Gegensatz dazu konnte bei den weiteren Geburtshilfen eine sinkende Quote ermittelt werden. Per Saugglocke mussten 5,3 Prozent der Säuglinge geholt werden. Eine Geburtszange mussten Ärzte nur noch in 0,6 Prozent der Entbindungen einsetzen.
Saarland mit der höchsten Kaiserschnittrate
Unterschiede machte das Bundesamt in den einzelnen Bundesländern aus. Im Saarland wurden die meisten Kinder per Kaiserschnitt entbunden. Hier lag die Rate bei 36,6 Prozent. Ebenso hoch lag- gemessen an den Gesamtgeburten der einzelnen Länder -die Schnittgeburtenrate in Rheinland-Pfalz und Hessen mit jeweils 34,8 Prozent bzw. 34,2 Prozent. In Sachsen kommt nur jedes fünfte Kind per Kaiserschnitt zur Welt, hier lag die Quote bei 22,9 Prozent und war im Ländervergleich am Niedrigsten. Im Jahre 2010 haben sich rund 656.000 Frauen für eine Geburt in einer Klinik entschieden. Bei rund 210.000 Müttern wurde ein Kaiserschnitt durchgeführt. Nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation WHO ist eine Kaiserschnittrate von 10 bis 15 Prozent angemessen, wenn medizinische Gründe hierfür sprechen. Das zeigt, dass ein Hauptmotor für den Anstieg anscheinend die Geburt nach Plan ist. Demnach entscheiden sich hauptsächlich Eltern selbst für die Durchführung einer Schnittgeburt.
Kliniken erreichen mit Schnittentbindungen höhere Honorare
Kliniken bieten den sogenannten Wunschkaiserschnitt an, obwohl zahlreiche Risiken für Mutter und Kind bestehen. Möglicher Grund: Die Krankenhäuser können höhere Honorare von Krankenkassen verlangen und Geburten zudem besser planen. Kritiker bemängeln die Praxis, da zum einen das Gesundheitssystem übermäßig belastet wird und zum anderen Folgekosten durch Komplikationen entstehen können. Davon abgesehen sind die gesundheitlichen Risiken trotz moderner Medizin bis heute nicht zu unterschätzen. Eine komplikationslose Spontangeburt kostet den Kassen im Schnitt 1500 Euro, während die Kliniken für einen Kaiserschnitt etwa das Doppelte abrechnen können.
Risikofaktoren für Mutter und Kind
Ohne Risiken ist die Geburtsoperation nicht. Während des invasiven Eingriffs mit Narkose drohen Komplikationen mit Nebenwirkungen durch das Narkosemittel, Infektionen durch die Wunde, Thrombosenbildung, Embolien und Blutungen. Einige Studien weisen zudem daraufhin, dass Kinder, die per Kaiserschnitt geboren wurden, im späteren Leben häufiger an Infektionskrankheiten, Allergien oder Asthma leiden. Ist ein Elternteil von Diabetes Typ I betroffen, so erhöht sich auch hier die Wahrscheinlichkeit, dass die Stoffwechselerkrankung an das Kind durch die Kaiserschnittgeburt weitergegeben wird. (Kaiserschnitt erhöht Diabetes-Typ-I Risiko)
Weitere Gefahren sind Verletzungen während der Operation und Entwicklung des Kindes, wie Schürfwunden, Schnitte und Brüche. Zudem haben die Kinder am Anfang eine unnatürliche Darmflora, weil normal geborene Kinder die Darmflora über das unwillkürliche Aufnehmen der Vaginalflüssigkeit erhalten. Vielmals wurde beobachtet, dass die Säuglinge verstärkt unter Anpassungsstörungen und einem erhöhtem Schlafbedürfnis leiden. Probleme beim nachfolgenden Stillen und Bindungsstörungen zwischen Mutter und Säugling sind tendenziell häufiger, als bei Normalgeburten.
Laut einer Studie des BQS-Instituts für Qualität und Patientensicherheit in Düsseldorf werden 50 Prozent der Kaiserschnitte geplant durchgeführt. Weitere 50 Prozent ergeben sich im Verlauf des Geburtsvorganges, weil die Mutter es wünscht oder Ärzte den Schritt veranlassen. Häufigster Grund hierfür sind schlechte Herztöne des ungeborenen Kindes. (sb)
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Bild: Martin Büdenbender / pixelio.de
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