Hypnose als Geburtshilfe ohne PDA
16.10.2014
Die Hypnose hat allgemein nicht den besten Ruf. Im Zusammenhang mit Hypnose fühlen sich viele Menschen unweigerlich an den Zirkus oder ähnliche öffentliche Events erinnert, bei denen Menschen quasi als Lachnummer vorgeführt und vom Publikum als ferngesteuerte, willenlose Wesen betrachtet wurden.
Mit der klinischen Hypnose hat das jedoch nichts zu tun. Denn die moderne Hypnotherapie in der Geburtshilfe sieht die Frauen als aktive Gestalterinnen ihres Trance-Prozesses. Nichts geschieht gegen den Willen der Frauen. Vielmehr sind die Schwangeren unter Hypnose in einem Zustand erhöhter Aufmerksamkeit und nehmen die körperlichen Vorgänge sehr intensiv wahr, so das St. Sixtus-Hospital in Haltern am See über das hauseigene Portal geburt-unter-hypnose.de.
Renaissance einer Behandlungsmethode
Von Medizinern und Hebammen gerade als Geburtshilfe entdeckt, kommt diese Therapie laut hebammenblog.de immer mehr in Mode. Dabei handelt sich bei der Hypnotherapie keineswegs um eine medizinische Neuentdeckung. In der Geburtsvorbereitung wurde Hypnose lange Zeit genutzt. In Deutschland beispielsweise war es vor 100 Jahren keine Seltenheit, dass Frauen ihr Kind unter Hypnose bekamen. Zwischen 1920 und 1930 wurden fast überall in Europa Geburten unter Hypnose durchgeführt – und dies hielt bis zu Beginn der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts noch an. Erst mit der zunehmenden Technisierung der Geburt geriet die Hypnose in der Geburtshilfe fast völlig in Vergessenheit und wird erst langsam als sanfte und natürliche Methode in der Geburtsvorbereitung wieder entdeckt, so das Portal geburt-unter-hypnose.de.
Weniger Schmerzmittel durch Hypnose
Prinzipiell soll die Hypnose schwangeren Schmerzen und Angst nehmen. „Es ist ein Zustand der Tiefenentspannung, der sich zwischen Wach-Sein und Schlaf befindet“, so Claudia Müffler, Hebamme am St. Sixtus-Hospital gegenüber der Allgemeinen Zeitung Rhein Main. Und Helga Hüsken-Janßen, Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie (DGH) sagt: „Viele Schwangere vergleichen das Erleben einer Trance mit dem angenehmen Zustand kurz vor dem Einschlafen.“
So bestätigt auch Ulrich Freitag, Vorstandsmitglied beim Berufsverband der Frauenärzte (BVF) gegenüber der Allgemeinen: „Die Selbsthypnose kann eine wirkungsvolle Maßnahme sein, um Verspannungen und Angst während der Geburt zu reduzieren“. Und auch Frauenarzt Joscha Reinhard vom St. Marienkrankenhaus in Frankfurt am Main bestätigt, es deutete vieles darauf hin, dass mittels Hypnose Ängste genommen werden können und weniger Schmerzmittel notwendig sind.
Geschultes Personal obligatorisch
Entscheidend sei in diesem Zusammenhang sei allerdings eine sehr gute Anleitung. Deshalb wird bei der hypnomentalen Geburtsvorbereitung mit den Frauen ein mentaler Probelauf der Geburt geübt. Hypnose gehöre aber nur in die Hände von qualifizierten Therapeuten, rät die DGH. Ein Therapeut sollte über ein Zertifikat einer seriösen Hypnosegesellschaft verfügen, die dafür bürge, dass der Therapeut eine solide Ausbildung absolviert habe. Claudia Müffler z.B. hat ihre Technik während einer 40-stündigen Ausbildung bei einem Hypnotherapeuten erlernt.
Auch der BVF verweist darauf, dass eine therapeutische Hypnose nur von qualifizierten Psychotherapeuten und Ärzten durchgeführt werden sollte. Denn selbst wenn eine Frau nur einen Hypnosekurs zur Geburtsvorbereitung belege und hoffe, ihre Stärken zu aktivieren, könne es sein, «dass starke unerfreuliche oder unangenehme Gefühle und Erlebnisse aufbrechen», erklärte Freitag gegenüber der Allgemeinen. Psychische Erkrankungen z.B. wären ein Ausschlusskriterium für diese Art der Behandlung, so das St. Sixtus-Hospital. Dazu Claudia Müffler: „Wir schauen uns die gesundheitliche Vorgeschichte der Frau genau an“. So würde sie die Schwangeren im Vorfeld nach psychischen Vorerkrankungen oder traumatischen Erfahrungen befragen.
Zweifel
Marion Schulze-Efting hat die hypnomentale Methode ausprobiert. In dem Vorbereitungskurs habe die Hypnotherapeutin immer wieder bestimmte Schlagwörter benutzt. „Als die Hebamme mir dann sagte, dass der Muttermund geöffnet sei, bin ich automatisch in den Zustand der Trance gekommen“, sagt sie. Aber klappt diese Technik auch, wenn das Klinikpersonal nicht mit der Hypnotherapie vertraut ist?
Die in einer Klinik in Berlin fest angestellte Hebamme Jana Friedrich bezweifelt das. Sie hat dort Schwangere erlebt, die sich in Hypnobirthing-Kursen vorbereitet hatten. „Ich hatte das Gefühl, die Frauen haben eine Liste im Kopf, wie die Geburt zu verlaufen hat“, sagt sie. (jp)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.