Körperliche Fitness gilt seit langem als wichtiger Schutzfaktor vor einem frühzeitigen Tod – besonders infolge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Doch eine neue Studie aus Schweden zeigt, dass der Zusammenhang zwischen Fitness und Lebensdauer offenbar komplexer ist, als bisher angenommen.
In einer neuen Studie haben Fachleute der Uppsala University in Schweden den Einfluss der körperlichen Fitness in der späten Jugend auf das Sterberisiko untersucht. Die Ergebnisse sind in dem „European Journal of Preventive Cardiology“ nachzulesen.
Welche Gesundheitsvorteile
Für die Untersuchung nutzten die Forschenden Daten von über 1,1 Millionen schwedischen Männern, die zwischen 1972 und 1995 zum Wehrdienst eingezogen wurden. Die Männer wurden je nach Fitnesslevel in fünf Gruppen eingeteilt. Mithilfe des schwedischen Todesursachenregisters wurde ihr Gesundheitsverlauf bis ins Alter von etwa 60 Jahren verfolgt.
In einer klassischen Analyse zeigten sich erwartungsgemäß starke Zusammenhänge und Männer mit der höchsten Fitness hatten ein um 58 Prozent geringeres Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben, ein 31 Prozent geringeres Risiko für tödliche Krebserkrankungen, und insgesamt ein 53 Prozent geringeres Risiko, frühzeitig zu sterben – verglichen mit den am wenigsten fitten Teilnehmern, berichtet das Team.
Weniger zufällige Unfälle
Die Fachleute analysierten zusätzlich, ob ein Zusammenhang zwischen der Fitness und dem Tod durch zufällige Ursachen wie etwa Verkehrsunfälle, Ertrinken oder Gewaltverbrechen besteht. Eigentlich sollte die Fitness keinen Einfluss auf solche zufälligen Unfälle haben, doch überraschenderweise war das Ergebnis nahezu identisch: Männer mit hoher Fitness starben 53 Prozent seltener an solchen Zufallsereignissen.
„Es überraschte uns, dass der Zusammenhang mit der Unfallsterblichkeit die anderen Assoziationen widerspiegelte, selbst nachdem wir alle gemeinsamen Faktoren der Geschwister berücksichtigt hatten. Dies unterstreicht, wie stark die Annahmen in Beobachtungsstudien sind, da es sehr schwierig zu sein scheint, vergleichbare Gruppen zu bilden. Die Folge könnte sein, dass man das Ausmaß der gefundenen Effekte überschätzt“, erläutert Studienautor Marcel Ballin in einer aktuellen Pressemitteilung.
Um dieses Phänomen besser einzuordnen, führten die Forschenden eine weitere Analyse durch. Dabei wurden Brüderpaare mit unterschiedlichen Fitnesslevels verglichen – ein Ansatz, der genetische und viele Umweltfaktoren weitgehend ausklammert. Auch hier blieb der Zusammenhang bestehen.
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Die Studie zeigt eindrücklich: Korrelation ist nicht gleich Kausalität. Es ist laut dem Team gut möglich, dass nicht allein die Fitness, sondern begleitende Persönlichkeitsmerkmale – wie Risikovermeidung, soziales Umfeld oder sogar genetische Disposition – für die positiven Effekte verantwortlich sind.
„Unsere Ergebnisse sollten nicht so interpretiert werden, als seien körperliche Aktivität und Training unwirksam (…). Um jedoch ein differenzierteres Verständnis dafür zu entwickeln, wie groß die Auswirkungen von Fitness auf verschiedene Ergebnisse tatsächlich sind, müssen wir verschiedene Methoden anwenden“, erklärt Ballin. Studien müssten künftig stärker auf methodische Vielfalt setzen, um realistische Effekte abzuschätzen.
Bewegung bleibt wichtig
Auch wenn die Schutzwirkung körperlicher Fitness möglicherweise überschätzt wurde, bleibt Bewegung ein elementarer Bestandteil eines gesunden Lebensstils. Sie stärkt nicht nur das Herz-Kreislauf-System, sondern auch Psyche und Stoffwechsel. Wichtig ist jedoch ein nüchterner, wissenschaftlich fundierter Blick auf Ursachen und Zusammenhänge – ohne vorschnelle Schlüsse. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Uppsala University: The effect of physical fitness on mortality is overestimated (veröffentlicht 15.05.2025), Uppsala University
- Marcel Ballin, Anna Nordström, Peter Nordström, Viktor Hugo Ahlqvist: Cardiorespiratory fitness in adolescence and premature mortality: widespread bias identified using negative control outcomes and sibling comparisons; in: European Journal of Preventive Cardiology (veröffentlicht 15.05.2025), European Journal of Preventive Cardiology
Wichtiger Hinweis:
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