Viele Kleinkinder leiden unter einer Nahrungsmittelallergie
02.01.2012
Auch Kleinkinder leiden oftmals bereits unter einer Allergie. So zeigen Kinder nach der ersten Aufnahme fester Nahrung unter Umständen eine allergische Reaktion, die dringend näher untersucht werden sollte, erklärte der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und Allergologe aus Krefeld, Herbert Steinheuer, gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“.
Dem Experten zufolge leiden bis zu sieben Prozent der Kleinkinder unter einer Allergie. Nicht selten äußert sich diese nach der ersten Aufnahme fester Nahrung in Form von juckendem Hautausschlag, Verdauungsbeschwerden und Durchfall oder schnupfenähnlichen Symptomen. Bei entsprechenden Anzeichen sollte dringend eine ärztliche Untersuchung folgen, um die Ursachen der allergischen Reaktionen zu identifizieren, erläuterte der Krefelder Allergologe. Denn umso früher eine zugrundeliegende Nahrungsmittelallergie beziehungsweise das auslösende Allergen erkannt wird, desto geringer laut Aussage des Experten die gesundheitlichen Risiken für das Kind.
Gesundheitsrisiken für Kleinkinder durch Nahrungsmittelallergien
Viele Kleininder leiden unter einer Lebensmittelallergien, die erstmals mit der Umstellung auf feste Ernährung in Erscheinung tritt. So ist der Verzehr des ersten Stückchens Brot unter Umständen ein kritischer Moment. Zeigen die Kinder anschließend typische allergische Symptome, wie eine laufende Nase, Niesattacken, Durchfall oder Hautausschlag, liegt der Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie nahe, erklärte Herbert Steinheuer. Zwar bestehen keine „belastbare Studien zur Zahl der betroffenen Kinder“, doch dem Allergologen und Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin zufolge gehen „Schätzungen von zwei bis sieben Prozent aller Kinder aus.“ Meist zeigen sich die Symptome dabei erstmals innerhalb der ersten beiden Lebensjahre, erläuterte der Experte. Den Eltern rät Steinheuer in solchen Fällen mit dem Kind dringend einen Arzt aufzusuchen, da nur durch eine Identifizierung der Nahrungsmittelallergie beziehungsweise der Allergene weitere gesundheitliche Risiken für die Heranwachsenden ausgeschlossen werden können. So ließe sich die Aufnahme entsprechender Lebensmittel bei deren Kenntnis künftig vermeiden, was zwar eine Ernährungsumstellung für die ganze Familie mit sich bringen könne, die Kinder jedoch vor schlimmeren körperlichen Reaktionen bewahre, erläuterte der Allergologe.
Eiweiße in Grundnahrungsmitteln häufigster Auslöser von Allergien
Auch Jörg Kleine-Tebbe von der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie weiß um die Risiken einer Nahrungsmittelallergie bei Kleinindern. „Die Betroffenen reagieren innerhalb kurzer Zeit nach dem Genuss des Nahrungsmittels mit Reaktionen wie Juckreiz in der Mundhöhle, Nesselsucht, Atemnot oder Kreislaufreaktionen bis zum anaphylaktischen Schock“, erläuterte Kleine-Tebbe gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“.
Im Laufe der Zeit könnten sich die allergischen Reaktionen wie beispielsweise Ekzeme auf der Haut weiter verschlechtern. Die unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme auftretenden Symptome sind laut Aussage des Experten ein Zeichen dafür, dass sich das Immunsystem des Körpers mit Hilfe sogenannter IgE-Antikörper gegen das Allergen wehrt, weil dieses als Angreifer wahrgenommen wird. „Bei diesen sogenannten Typ-1-Allergien oder auch Sofort-Typ-Allergien bildet der Körper während der Sensibilisierungsphase von wenigen Wochen IgE-Antikörper“, so der Fachmann der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Als häufigste Auslöser der Lebensmittelallergien bei Kleinkinder nennt Kleine-Tebbe stabile Eiweiße in Grundnahrungsmitteln wie Kuhmilch, Hühnerei, Nüssen, Weizen, Fisch oder Soja. Jedoch könne die Umstellung der Ernährung und der möglicherweise erforderliche Verzicht auf ein Grundnahrungsmittel für die gesamte Familie eine erhebliche Belastung darstellen, weshalb vorerst das spezifische Allergen ermittelt werden sollte, anstatt auf Verdacht entsprechende Nahrungsmittel zu streichen. Mit Unterstützung eines auf Allergien spezialisierten Kinderarztes, ist laut Aussage des Experten möglichst zeitnah die Ursache der allergischen Reaktionen zu ermitteln.
Ernährungstagebuch als Hilfestellung bei der Suche nach Allergie-Auslösern
Allerdings gestaltet sich die Suche nach den Auslösern der allergischen Reaktion unter Umständen durchaus schwierig. Hilfreiche Informationen kann hier ein sogenanntes Ernährungstagebuch liefern, in dem die Eltern über einen bestimmten Zeitraum sämtliche Nahrung detailliert erfassen. Auf dieser Basis ist es dem Kinderarzt leichter möglich einen Zusammenhang zwischen der Nahrungsmittelaufnahme und den Symptomen zu erkennen, erläuterte der Krefelder Allergologe Steinheuer. Bei Verdacht sind anschließend gezielte Test möglich, um die Allergene eindeutig zu identifizieren. Die bei Erwachsenen häufig durchgeführten sogenannten Pricktests, bei denen potenzielle Allergene auf die Haut aufgebracht und die Haut anschließend leicht angestochen wird, sind laut Aussage des Experten indes bei Kleinkindern wenig praktikabel. Nicht zuletzt da „kaum Hautflächen zur Verfügung stehen, die groß genug sind“, betonte Herbert Steinhauer. Als Alternative nennt der Allergologe den Nachweis der Allergie durch Ermittlung der IgE-Antikörper im Blut. Außerdem bestehe bei besonders komplizierten Fällen die Möglichkeit, in Kliniken oder speziellen Zentren unter ärztlicher Aufsicht zunächst allergenarme Kost und anschließend gezielt mögliche Allergene zu verabreichen, um die Auslöser der Allergie zu bestimmen.
Lebensmittelallergie der Kleinkinder erfordert umfassende Ernährungsberatung
Sind die Auslöser der allergischen Reaktion identifiziert, sollte laut Aussage der Experten in jedem Fall eine umfassende Ernährungsberatung erfolgen. Die notwendigen Informationen zu möglichen Ansprechpartnern können zum Beispiel beim Deutschen Allergie- und Asthmabund erfragt werden. Wie die Ernährungstherapeutin aus München, Imke Reese, gegenüber der „dpa“ erläuterte, stehen im Rahmen der Ernährungsberatung Fragen wie: „Wo ist das Nahrungsmittel drin, das vermieden werden soll? Und: Wie kann ich es so ersetzen, dass eine vollwertige Ernährung gesichert ist?" an erster Stelle. Die gesamte Familie müsse lernen, mit der Allergie des Kindes umzugehen. Bei abgepackten Lebensmitteln habe der Blick auf die Zutatenliste besondere Bedeutung, da hier seit dem Jahr 2005 in der EU die wichtigsten Allergene deklariert sein müssen. Allerdings ist „das Problem, dass es keine Endkontrolle der Produkte gibt“, erklärte die Ernährungstherapeutin Reese. So könnten laut Reese „immer mal Rückstände aus einer vorherigen Produktion in ein Lebensmittel geraten“, weshalb „viele Hersteller unter die Zutatenliste den Warnhinweis Kann Spuren von xy enthalten“ platzieren.
Problematischer als bei den abgepackten Nahrungsmitteln ist die Vermeidung der Allergene indes zum Beispiel bei loser Ware, Kindergeburtstagen oder im Restaurant, so dass die Aufnahme der Allergene nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden könne und die Betroffenen daher immer ein Notfallpaket griffbereit haben sollten, erläuterte die Expertin. Laut Aussage von Jörg Kleine-Tebbe gibt es jedoch auch eine gute Nachricht bezüglich der Lebensmittelallergie bei Kleinkindern: „Rund 80 Prozent der kleinen Patienten verlieren diese Allergie wieder bis spätestens zum Schulalter.“ (fp)
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Bild: Ingo Döring / pixelio.de
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