Blutkrankheit: Erfolgreiche Gentherapie – Behandlung mit Nebenwirkungen.
(16.09.2010) Mit Hilfe einer Gentherapie konnte die Blutkrankheit Beta-Thalassämie bei einem jungen Mann erstmals erfolgreich behandelt werden. Jedoch traten unerwartete Nebenwirkungen auf, die den zukünftigen Einsatz der Methode fragwürdig erscheinen lassen.
Beta-Thalassämie wird durch einen Gendefekt ausgelöst und führt zur Erkrankung der roten Blutkörperchen bzw. zur mangelnden Bildung und zum zu schnellen Abbau von Hämoglobin. Die Folge: Blutarmut. Als Erbkrankheit ist Beta-Thalassämie vor allem im Mittelmeerraum verbreitet und kommt dort relativ häufig vor. Kennzeichnend für eine Erkrankung ist nicht nur die oben genannte Blutarmut sondern die Patienten weisen meist schon wenige Monate nach der Geburt eine vergrößerte Milz und Leber auf. Hinzu kommen Wachstumsstörungen, schweren Schäden an inneren Organen und Knochenfehlbildungen. Die Betroffenen können ohne Bluttransfusionen oft nicht überleben, es sei denn sie finden einen Spender für die Transplantation von Blutstammzellen aus dem Knochenmark. Die Bluttransfusionen sind jedoch nicht nur unangenehm für die Patienten, sondern haben auch negative Auswirkungen auf ihren Gesundheitszustand. So ist eine therapiebedingte Eisenüberladung im Zuge der lebenslangen Bluttransfusionen äußerst wahrscheinlich, wobei schwere Organschäden im Bereich von Herz, Leber und Bauchspeicheldrüse die Folge einer solchen Eisenvergiftung seien können.
Daher bot die Nachricht der erfolgreichen Gentherapie für alle Betroffenen einen Hoffnungsschimmer, der allerdings durch die gravierenden Nebenwirkungen erheblich getrübt wurde. So ist der in dem britischen Wissenschaftsmagazin „Nature“ beschriebene junge Mann zwar anscheinend erfolgreich mit einer Gentherapie worden, es fand jedoch ein unkontrolliertes Blutstammzellen-Wachstum statt, dass nach Aussage der Forscher auch eine Vorstufe von Blutkrebs sein kann. Der Patient wurde 2007 im Alter von 18 Jahren mit gentherapeutisch veränderten, körpereigenen Zellen behandelt, wobei die Mediziner von der Harvard-Universität (Boston/USA) für die Genmanipulation Lentiviren verwendeten, die als Genfähren in die Zellen genutzt wurden. Seit 2008 musste der Patient, laut Philippe Leboulch von der Harvard-Universität, keine Bluttransfusion mehr erhalten. Bei der Gentherapie zeigte sich jedoch ein potenzieller Nebeneffekt, der nach Aussage der Experten noch genauer untersucht werden muss und eventuell bösartig sein kann. Denn offensichtlich habe der Einsatz von Lentiviren als Genfähren, die Aktivität eines Gens (HMGA2) verändert, welches das Verhalten von Blutstammzellen kontrolliert und diese nach der Therapie zu unkontrollierten Wachstum anregte. Zwar seien bisher nur gutartige Zellen bei dem Patienten verbreitet, dies könnte laut Philippe Leboulch jedoch auch eine Vorstufe von Blutkrebs darstellen. So ist in weiteren Studien zu untersuchen, welche Formen das unkontrollierte Zellwachstum annimmt und welche Behandlungserfolge sich bei anderen Patienten mit der Methode erzielen lassen. Dem beschriebenen Patienten hat die Gentherapie kurzfristig auf jeden Fall sehr geholfen. Seit seinem dritten Lebensjahr musste er Bluttransfusionen erhalten und bereits im Alter von 6 Jahren war ihm die Milz entfernt worden. (fp)
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