Verschreibung von starken Schmerz- und Betäubungsmitteln deutlich gestiegen
03.11.2012
Das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut e.V. (DAPI) hat eine deutliche Zunahme bei der Abgabe von Betäubungsmitteln registriert. Die Deutschen haben demnach im Jahr 2011 mehr als acht Millionen Betäubungsmittel per Rezept in den Apotheken erstanden – ein Großteil davon waren starke Schmerzmittel.
Insgesamt ist bei der Verordnung von Betäubungsmittel in den vergangenen Jahren ein durchaus besorgniserregender Trend zu beobachten. Vor allem die Verordnung starker Schmerzmittel hat laut Angaben des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts deutlich zugenommen. Wurden im Jahr 2005 von den Apotheken noch 4,2 Millionen Packungen an Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgegeben, waren es im Jahr 2009 bereits 5,7 Millionen Packungen und im Jahr 2011 mehr als 6,3 Millionen Packungen. Dies entspricht einer Steigerung um 50 Prozent innerhalb von nur sechs Jahren, berichtet die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) unter Berufung auf die Ergebnisse des Arzneiprüfungsinstituts.
Mehr als acht Millionen Betäubungsmittel-Packungen auf Rezept ausgegeben
Das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut ermittelte anhand der Auswertung von Rezeptdaten der gesetzlich Krankenversicherten, wie viele Betäubungsmittel insgesamt an GKV-Mitglieder in den Apotheken ausgegeben wurden. Demnach haben die Apotheken im Jahr 2011 circa 8,4 Millionen Betäubungsmittel-Packungen an gesetzlich Versicherte abgegeben. Mit 6,3 Millionen Packungen bildeten starke Schmerzmittel dabei den größten Anteil. Privatrezepte fanden bei der Untersuchung des Arzneiprüfungsinstituts hingegen ausdrücklich keine Berücksichtigung, so dass die Anzahl der abgegebenen Betäubungsmittel in Deutschland insgesamt deutlich höher als 8,4 Millionen Packungen liegt.
Staat vertraut auf das Verantwortungsbewusstsein der Apotheker
Da die Einnahme von Betäubungsmitteln mit erheblichen Nebenwirkungen einhergehen kann und die Gefahr das Missbrauchs besteht, ist die Versorgung der Patienten mit entsprechenden Arzneien vom Gesetzgeber genau geregelt. Für die Apotheken bedingen diese rechtlichen Vorgaben einen erheblichen Dokumentationsaufwand bei der Lagerung und Abgabe von Betäubungsmittel. „Um die Patienten vor Missbrauch zu schützen, vertraut der Staat auf das besondere Verantwortungsbewusstsein des Apothekers“, erläuterte der DAPI-Vorsitzende, Dr. Andreas Kiefer. Zwar erhalten die Apotheker pro Abgabe eines Betäubungsmittels für den erhöhten Aufwand „pauschal 0,26 Euro zusätzlich, doch das deckt oft nicht einmal die Gebühren, die die Großhändler von der Apotheke verlangen“, so Kiefer weiter.
Allgemeinmediziner und Internisten verordnen die meisten Betäubungsmittel
Die Verordnung der Betäubungsmittel erfolgt den Ergebnissen des DAPI zufolge vor allem von Allgemeinmedizinern (47 Prozent aller Packungen) und Internisten (17 Prozent). Insbesondere die Verordnungen von starken Schmerzmitteln konzentriere sich auf diese beiden Arztgruppen, berichtet das Arzneiprüfungsinstitut. 56 Prozent der Schmerzmittel wurden von Allgemeinmedizinern verschrieben, 22 Prozent von Internisten. Generell haben die ausgestellten Rezepte nur acht Tage Gültigkeit, bevor sie verfallen, um auch an dieser Stelle möglichem Missbrauch vorzubeugen.
Freiverkäufliche Schmerzmittel ebenfalls kritisch zu bewerten
Keine Berücksichtigung finden in der Auswertung des Arzneiprüfungsinstituts freiverkäufliche Schmerzmittel. Diese sind zwar nach den gesetzlichen Vorgaben nicht als Betäubungsmittel einzustufen, ihr vermehrter Einsatz wird von Experten jedoch ebenfalls äußerst kritisch bewertet. Nicht ohne Grund hatte der Sachverständigen-Ausschusses am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sich im Juni dafür ausgesprochen, die Packungsgröße bei den freiverkäuflichen Schmerzmitteln auf Basis der Wirkstoffe Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen zu begrenzen. Der sorglose Umgang mit den Medikamenten könne zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie beispielsweise Leberschäden führen, begründete das Gremium seine Empfehlung.
Eigentherapie mit freiverkäuflichen Schmerzmitteln
Für viele Deutsche gehört die Eigenbehandlung von Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder Gliederschmerzen längst zum Alltag, was auch durch kleinere Packungen nicht geändert werden kann. Diese Form der Eigentherapie ist jedoch aus mehreren Gründen durchaus problematisch. Zwar lassen sich die Schmerzen oftmals durch die freiverkäuflichen Schmerzmittel kurzfristig beheben, doch die eigentliche Ursache der Beschwerden bleibt unbehandelt. Da keine ärztliche Diagnose erfolgt, bleiben auch schwerwiegende Erkrankungen möglicherweise länger unentdeckt. Hinzu kommen die Nebenwirkungen der Schmerzmittel, welche bei regelmäßiger Einnahme ihrerseits erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen verursachen können. (fp)
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