Die Gesundheitsreform tritt in Kraft: Mit Jahresbeginn ändern sich zahlreiche Aspekte im Gesundheitssystem
03.01.2011
Mit dem Jahreswechsel tritt auch die Gesundheitsreform der schwarz-gelben Bundesregierung in Kraft. Mit der Reform im Gesundheitssystem verändern sich zahlreiche Punkte für gesetzliche Krankenversicherte, Ärzte und Krankenkassen.
Beitragserhöhung der gesetzlichen Krankenkassen
Der wichtigste Punkt für die Bürger ist die Beitragserhöhung der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Beitragssatz hat sich von 14,9 auf 15,5 Prozent erhöht. Diese Erhöhung wird von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu gleichen Teilen mitgetragen. Das Besondere: Jede weitere Anpassung der Beiträge wird von den Arbeitnehmern zukünftig allein getragen. Das bedeutet, dass die Bundesregierung das paritätische System außer Kraft gesetzt hat. Insgesamt rechnen die Krankenkassen mit Mehreinnahmen von rund sechs Milliarden Euro. Die Erhöhung des Beitragssatzes wird das prognostizierte Defizit der Kassen zu großen Teilen wieder auffüllen. Beispiel: Bei einem Bruttogehalt von insgesamt 2000 Euro müssen Arbeitnehmer nun 164 statt 158 Euro im Monat zahlen.
Zusatzbeiträge: Die Höhe bestimmen die Kassen zukünftig selbst
Als zweite Mehreinnahme der Kassen gelten die Zusatzbeiträge. Ab sofort können die Krankenkassen die Höhe der Zusatzbeiträge selbst bestimmen. Damit entfällt die sogenannte „Ein-Prozent-Regelung“. Die Zusatzbeiträge werden zusätzlich zu den Beiträgen erhoben. Die meisten Krankenkassen haben angekündigt, in diesem Jahr auf zusätzliche Beiträge verzichten zu wollen. Zahlreiche Gesundheitsökonomen rechneten allerdings bereits jetzt schon voraus, dass in einigen Jahren beinahe jede Kasse einen Zusatzbeitrag erheben wird. Das liegt zum einen an dem demografischen Wandel und zum anderen an den steigenden Kosten für Gesundheitsleistungen und Arzneimitteln. Die Zusatzbeiträge werden unabhängig vom Einkommen des Arbeitnehmers oder freiwillig gesetzlich Versicherten erhoben.
Sozialausgleich für niedrige Einkommensgruppen
Niedrige Einkommensgruppen können mit einem Sozialausgleich rechnen. Dieser Ausgleich ist allerdings derart verkompliziert und eng bemessen, so dass nur die Wenigsten diesen tatsächlich in Anspruch nehmen können. Krankenversicherte, die im Monat mehr als zwei Prozent ihres durchschnittlichen Bruttoeinkommens für einen Zusatzbeitrag aufkommen müssen, erhalten vom Bund einen sogenannten Sozialausgleich. Allerdings orientiert sich die Höhe des Ausgleichs an der Höhe des im Durchschnitt aller Kassen erhobenen Zusatzbeitrags. Und nur diese Differenz wird dem Betroffenen dann ausgezahlt. Liegt der individuelle Zuschuss darüber, so muss der Versicherte die Differenz aus eigener Tasche bezahlen. Liegt der Zusatzbeitrag unter dem Durchschnitt aller, so profitiert der Betroffene und erhält einen höheren Ausgleich vom Steuerzahler. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ab dem nächsten Jahr alle Versicherten beinahe täglich verfolgen müssen, wie hoch die einzelnen Zusatzbeiträge der Kassen sind, um entsprechend wechseln zu können. Wer Rentner, chronisch krank oder nicht flexibel genug ist, zu wechseln, ist Benachteiligt – beim Zusatzbeitrag und beim Sozialausgleich.
Hartz IV Bezieher werden von den Zusatzbeiträgen befreit
Für Hartz IV Bezieher entfällt künftig der Zusatzbeitrag, Arbeitslosengeld I Bezieher und Rentner müssen hingegen die zusätzlichen Beiträge weiterhin begleichen. Hier kommt nur der erwähnte Sozialausgleich zur Geltung. 16 Krankenkassen erheben derzeit einen Zusatzbeitrag. In der Regel wird ein pauschaler Betrag von acht Euro im Monat verlangt. Erhebt eine Krankenkasse einen Zusatzbeitrag, so können Kassenmitglieder von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Die Krankenkassen sind dazu verpflichtet, die Versicherten rechtzeitig zu informieren. Innerhalb von sechs Wochen nach der Ankündigung kann gewechselt werden.
Einsparungen im Gesundheitssystem
Um die steigenden Mehrausgaben in Gesundheitssektor zu begrenzen, werden in diesem Jahr rund 3,5 Milliarden Euro bei den Ärztehonoraren, Krankenhäuser und bei der Pharmaindustrie eingespart. Gemeinsam mit dem Beitragsplus soll so das Defizit im Gesundheitsfond abgetragen werden.
Wechsel in die Private Krankenversicherung
Die Bundesregierung hat im Sinne der privaten Krankenversicherung die Zugangsvorrausetzungen für Arbeitnehmer erheblich erleichtert. Die „Drei-Jahres-Regel“ wurde zu Gunsten einer „Ein-Jahres-Frist“ abgelöst. Arbeitnehmer müssen nur in einem Jahr mehr als 49.500 Euro brutto verdienen, um in die PKV wechseln zu können. Zahlreiche Verbände und Verbraucherzentralen raten allerdings zur Vorsicht. Denn wer einmal in die PKV gewechselt ist, dem ist auch der Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung verwehrt. Die PKV kennt beispielsweise keine Familienmitversicherung, so dass Familienmitglieder wie Kinder einzeln in der PKV versichert werden müssen. Bevor Bürger wechseln, sollten sie sich von einer unabhängigen Verbraucherzentrale beraten lassen. Versicherungsmakler sind oftmals darauf bedacht, zum eigenen Vorteil teure PKV Versicherungen zu verkaufen.
Der Staat will weniger beisteuern
Die Bundesregierung wird in diesem Jahr etwas weniger in den Gesundheitsfond einzahlen. Der Anteil des Bundeszuschusses sinkt 2011 von 15,7 auf 15,3 Milliarden Euro. Eigentlich hatte das Bundesgesundheitsministerium geplant, den Steuerzuschuss auf 13 Milliarden Euro zu reduzieren. Die nun doch höhere anvisierte Summe soll den Sozialausgleich bis 2015 sichern. (sb)
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Bild: Verena N. / pixelio.de
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