Dioxin-Belastung offenbar seit Monaten bekannt. Lieferant verschwieg bekannte Dioxin-Belastung
07.01.2011
Die Dioxin belasteten Fette wurden schon sehr viel länger in der Tierfutterproduktion verarbeitet als bisher angenommen. Bereits vor zehn Monaten wurde in Fettproben bei dem Uetersener Unternehmen Harles & Jentzsch ein zu hoher Dioxin-Wert festgestellt, wie die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ (HAZ) heute berichtet.
Dioxin belastetes Fett seit Monaten verarbeitet
Offenbar wurde Dioxin verseuchtes Fett schon vor Monaten zu Tierfutter verarbeitet, obwohl die Belastung bekannt war. So sei bereits im März 2010 in einer Fett-Probe des Lieferanten Harles & Jentzsch von einem privaten Labor eine zu hohen Dioxin-Belastung festgestellt worden, berichtete die „HAZ“. Dabei wurde die zulässige Höchstmenge von 0,75 Nanogramm Dioxin pro Kilogramm Fett um mehr als das Doppelte überschritten, wie das Landwirtschaftsministerium in Kiel bestätigte. Die Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) betonte indes bezüglich des Vertuschungsverdachts: „Wenn sich der Verdacht erhärtet, dass das verantwortliche Unternehmen bereits seit Monaten von der Dioxin-Belastung wusste und trotzdem nicht die zuständigen Landesbehörden informiert hat, ist das hochgradig kriminell und völlig unverantwortlich.“ Die Geschäftsführung von Harles & Jentzsch wollte aufgrund des laufende Ermittlungsverfahren keine Stellungnahme zu den neuen Vorwürfen abgeben
Zehntausende Tonnen Dioxin belasteter Futtermittel
Die Staatsanwaltschaft hatte angesichts des aktuellen Dioxin-Skandals bereits am Mittwoch die Räume von Harles & Jentzsch in Uetersen und die eines Partnerbetriebs im niedersächsischen Bösel durchsuchen lassen. Zahlreiche Akten wurden beschlagnahmt und auch wenn der Geschäftsführer von Harles & Jentzsch stets von Leichtfertigkeit und später von menschlichem Versagen gesprochen hat, besteht der Verdacht krimineller Machenschaften. Das dioxinbelastete Fett war tonnenweise an Futtermittelproduzenten ausgeliefert worden und so ins Futter von Legehennen, Mastgeflügel und Schweinen gelangt. Nach Schätzungen der Landesbehörden könnten zehntausende Tonnen, der mit dem krebserregenden Umweltgift verseuchten Tiernahrung, verarbeitet worden sein. Dass die Belastung offenbar schon vor Monaten bekannt war, lässt dabei starke Zweifel an dem Verhalten und den Motiven des Lieferanten Harles & Jentzsch aufkommen.
Dioxin-Belastung hätte gemeldet werden müssen
Auch das die bekannte Überschreitung der zulässigen Dioxin-Grenzwerte bei der Futterherstellung durch die Verdünnung der belasteten Fette wieder korrigiert wurde, wirft keine gutes Licht auf die Verhaltensmuster der Futtermittelindustrie. Die Dioxin-Belastung hätte nach der Feststellung umgehend gemeldet werden müssen und die Fette hätten nicht verwendet werden dürfen, erklärte ein Sprecher des schleswig-holsteinische Landwirtschaftsministerium. Die Behörden hätten jedoch erst erst Ende Dezember von der Überschreitung des Grenzwertes erfahren, so der Sprecher von Juliane Rumpf (CDU), Agrarministerin Schleswig-Holsteins. Außerdem sei es mehrfach bei internen Untersuchungen des Unternehmens zu Auffälligkeiten gekommen, die Harles & Jentzsch ebenfalls nicht den zuständigen Behörden meldete.
Über 4.700 Betriebe wegen Dioxin-Verdacht geschlossen
Bei Untersuchungen der Proben des verunreinigten Futterfettes, welches für die Dioxin-Belastung des Tierfutters ursächlich war, hat das Kieler Ministerium zum Teil massive Grenzwertüberschreitungen festgestellt. So lag der höchste gemessene Dioxin-Wert bei 10,05 Nanogramm, was dem 14-fachen des erlaubten Höchstwertes entspricht. Aufgrund des Verdachts der Dioxin verseuchten Futtermittel mussten indes immer mehr Landwirte bundesweit vorübergehend ihre Betriebe schließen. Mehr als 4.700 Betriebe sind bereits betroffen, wobei die meisten dieser Höfe in Niedersachsen lagen (4.468 Betriebe). Der Bauernpräsident Gerd Sonnleitner schätzt den hierdurch entstehenden Schaden für die betroffenen Landwirte insgesamt auf 40 bis 60 Millionen Euro pro Woche. Sonnleitner fordert, dass die Futtermittellieferanten die Schadensersatzansprüche der Landwirte begleichen sollten und betonte: „Da werden wir bis zum Letzten gehen.“ Der Bauernpräsident forderte von der Futtermittelindustrie sobald wie möglich einen Schadensfonds aufzulegen, der jährlich mindestens eine dreistellige Millionensumme umfassen und zur Abdeckung derartiger Schäden herangezogen werden sollte. (fp)
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Bild: Gerd Altmann/myself / pixelio.de
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