Patientenversorgung: Ärzte und Apotheker arbeiten enger zusammen
13.04.2011
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) haben ein neues Konzept entwickelt, mit dem die Versorgung der Patienten verbessert und gleichzeitig kostengünstiger gestaltet werden soll. Demnach ist geplant, Patienten, die fünf oder mehr Arzneimittel einnehmen müssen, künftig von je einem Arzt und einem Apotheker gemeinsam versorgen zu lassen.
Das neue Konzept zur Arzneimittelversorgung der Patienten, sieht eine enge Zusammenarbeit der Ärzte und Apotheker bei der Betreuung der Patienten vor. Jeweils ein Arzt und ein Apotheker sollen ab 2013 für ein Jahr die Betreuung der Patienten übernehmen und einen entsprechenden Medikationsplan erstellen. Dadurch könne vor allem bei Patienten, die fünf oder mehr Wirkstoffe gleichzeitig einnehmen müssen, eine bessere medikamentöse Versorgung gewährleistet und das Risiko von Nebenwirkungen minimiert werden, erklärte der ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf. Außerdem ließen sich mit dem neuen Konzept erhebliche finanzielle Einsparungen erzielen, so die Einschätzung der Verbände.
Zukunftskonzept Arzneimittelversorgung
Das neue Modell bringe bei der Betreuung von Patienten, die mindestens fünf Medikamente gleichzeitig einnehmen müssen, erhebliche Vorteile und soll sich auch im künftigen Versorgungsgesetz wiederfinden, erklärte der KBV-Vorstand, Dr. Carl-Heinz Müller. Rund sieben Millionen gesetzlich Versicherte nehmen dauerhaft fünf Wirkstoffe gleichzeitig ein, wobei einerseits die mangelnde Einnahmetreue (etwa 50 Prozent), anderseits die drohenden Nebenwirkungen nach Einschätzung des ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf ein ernsthaftes Problem darstellen. Zusammen verursachen die mangelnde Einnahmetreue und „unerwünschte Arzneimittelereignisse“ rund fünf Prozent aller Krankenhausaufnahmen in Deutschland, betonte der ABDA-Präsident. Außerdem landen nach Aussage des Experten, jährlich nicht verwendete Arzneimittel im Wert von rund einer Milliarde Euro im Müll. Um den genannten Missständen Rechnung zu tragen, haben die Ärzte und Apotheker nun das „Zukunftskonzept Arzneimittelversorgung“ vorgelegt. Nach Aussage der Verbände würden Ärzte und Apotheker im Rahmen des neuen Modells ab 2013 zwei Drittel des Arzneimittelumsatzes gemeinsam steuern. So ließen sich nach Aussage des ABDA-Präsidenten schon im Jahr 2014 etwa 2,1 Milliarden Euro einsparen.
Verschreibung von Wirkstoffen, Medikationskatalog und Medikationsplan
Das Konzept der Ärzte und Apotheker lässt sich im wesentlichen in drei Bereiche unterteilen, die aufeinander aufbauend eine bessere und kostengünstigere Versorgung der Patienten gewährleisten sollen. So schlagen die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände vor, dass Ärzte künftig lediglich die Wirkstoffe, Stärke, Menge und Darreichungsform anstatt spezifischer Arzneimittel verschreiben sollen. Die Auswahl der Präparate erfolgt anschließend durch den Apotheker. Der Namen der Wirkstoffe ist auch für ältere Patienten gut sichtbar auf den Verpackungen darzustellen. Eine zweite Säule des neuen Konzeptes ist der Aufbau eines Medikationskataloges, der die bundesweit einheitliche, kassenübergreifende, leitliniengerechte Versorgung gewährleisten soll. Dieser wird nach den Plänen der KBV und der ABDA die Arzneimittel der Wahl sowie Reservewirkstoffe für versorgungsrelevante Indikationen enthalten. Außerdem wollen die Apotheker und Ärzte gemeinsam auf Basis der genannten Änderungen das Medikationsmanagement der Patienten steuern. Hierfür werden je ein Arzt und ein Apotheker die kontinuierliche Betreuung der Patienten ein Jahr lang übernehmen und gemeinsam Medikationspläne entwickeln, um den individuellen Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden und das gesundheitliche Risiko zu minimieren.
Gesetzliche Versicherungen skeptisch gegenüber neuen Modell
Die gesetzlichen Krankenkassen zeigten sich von dem vorgelegten „Zukunftskonzept Arzneimittelversorgung“ jedoch weniger begeistert. „Mit ihren Vorschlägen bauen Ärzte und Apotheker eine Nebelwand auf, hinter der es wieder nur um eine weitere Honorarerhöhung für beide geht“, erklärte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz. Außerdem sollten die meisten vermeintlichen Neuheiten, wie die Kooperation zwischen Ärzten und Apothekern oder die Verschreibung von Wirkstoffen anstatt Produktnamen, bereits heute Gang und Gäbe sein, betonte Lanz. Kritisch beurteilen die Kassen auch den Medikationskatalog. Denn obwohl sich KBV und ABDA sehr bemüht zeigten den Eindruck einer „Positivliste“, die ausschließlich bestimmte Arzneimittel umfasst, zu vermeiden, bleibt für die gesetzlichen Versicherungen ein fader Beigeschmack, wenn Ärzte und Apotheker so erheblichen Einfluss auf die zulässigen Verordnungen haben. Daher unterstrich KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller bei der Vorstellung des Konzeptes erneut, dass der Medikationskatalog keine Positivliste ist, sondern vielmehr „einen Behandlungskorridor“ für die evidenzbasierte Medizin darstelle. Doch der Vorwurf der gesetzlichen Krankenkassen, dass es Ärzten und Apothekern eigentlich um eine verdeckte Gehaltserhöhung gehe, lässt sich nicht so leicht entkräften. Denn tatsächlich sollen 700 Millionen Euro der in Aussicht gestellten Einsparungen von rund 2,1 Milliarden Euro im Jahr 2014 direkt als Honorar an Ärzte und Apotheker fließen. (fp)
Bild: Viktor Mildenberger / pixelio.de
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