Werden Zusatztarife der Krankenkassen verboten?
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler: Zukünftig keine Zusatzversicherungen der gesetzlichen Krankenkassen mehr möglich.
(09.09.2010) Die Demontage der gesetzlichen Krankenkassen geht weiter. Denn geht es nach dem Willen des Bundesgesundheitsministers Philipp Rösler (FDP), sollen gesetzliche Krankenkassen zukünftig keine Zusatzleistungen mehr anbieten dürfen. Erst kürzlich sprach sich der Bundesgesundheitsminister auf einer Podiumsdiskussion der Friedrich-Naumann-Stiftung für eine strikte Trennung von privaten Krankenversicherungen und gesetzlichen Krankenkassen aus. Kommt der Minister mit seiner Forderung innerhalb der Koalition durch, sollen die Krankenkassen zukünftig keine Zusatzleistungen mehr anbieten dürfen. Dieser Posten soll dann nur noch den privaten Krankenversicherungen (PKV) vorbehalten bleiben.
Nach der letzten Gesundheitsreform der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung wurde es den gesetzlichen Krankenkassen erlaubt, auch Zusatzversicherungen anzubieten. Somit konnten auch gesetzlich Versicherte Homöopathie Leistungen, Chefarztbehandlungen oder Einzelbetten in Krankenhäusern in Anspruch nehmen. Der Grundgedanke der damaligen Gesundheitsreform war, den Wettbewerb der Krankenkassen zu fördern. Denn im Zuge der Reform wurde ein einheitlicher Krankenkassenbeitrag beschlossen. Zuvor war der Wettbewerb zwischen den Kassen durch die unterschiedlichen Beitragssätze gegeben. Nun will allen voran die FDP eine sog. "Verwischung zwischen den privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen" wieder rückgängig machen. Doch gerade die Zusatzleistungen brachten den gesetzlichen Krankenkassen zusätzliche Einnahmen, die sich im Kampf gegen die derzeitige schlechte finanzielle Lage dringend benötigen. Denn nach Schätzungen von Experten droht dem Gesundheitsfond ein Minus von rund 11 Milliarden Euro. Daran wird nach derzeitigen Kenntnisstand die Einführung von Zusatzbeiträgen auch nichts verändern.
Aus diesem Grund ist es um so unverständlicher, warum das Bundesgesundheitsministerium die Zusatzleistungen wieder verbieten will. Es lässt nur den Schluss zu, dass die FDP die Private Krankenversicherung zu Ungunsten der gesetzlichen Kassen stärken will. Es ist daneben nämlich auch geplant, den Arzneimittel Zwangsrabatt auf die PKV auszudehnen. Solche Rabatte waren bislang nur der GKV vorbehalten. So heißt es auch aus dem Bundesgesundheitsministerium, man habe vor, die gesetzlichen Krankenkassen mit ihren Sonderrechten klar von den Privaten zu trennen.
Stärkung der Privaten Krankenversicherung.
Bedeutet es nun, dass Kassenpatienten zukünftig keinen Zusatzleistungen mehr in Anspruch nehmen können? Ganz und gar nicht, denn die Planungen sollen ja die privaten Kassen stärken. So plane man, dass pflichtversicherte Kassen-Mitglieder solche Zusatzleistungen nur noch von den PKV Versicherungen erhalten. Das bedeutet, dass Kassenpatienten zwar bei ihrer Krankenkasse weiterhin versichert bleiben, aber beispielsweise Auslandskrankenversicherungen nur noch bei der PKV "zu kaufen" können. Damit winkt den Privaten ein Milliarden Geschäft. Bei dem Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) zeigt man sich deshalb auch entzückt über so viele Geschenke der Bundesregierung. Hier zeigt man ein großes Interesse und unterstütze natürlich diese Vorhaben. Auch sehen man keinen Grund für eine Konkurrenz zur Gesetzlichen Krankenversicherung.
Ins gleiche Lobby Horn blasen auch Regierungs- Politiker. So sagte der Staatssekretär des Bundesgesundheitsministerium Daniel Bahr (FDP), die Zusatzversicherungen der Gesetzlichen seien sowieso nur ein Köder, um Versicherte, die in die PKV wechseln könnten, zu halten. Auch die Union plädiert für einen Wegfall der Zusatzleistungen bei den gesetzlichen Kassen. So erklärte der gesundheitspolitische Sprecher Jens Spahn (CDU), es sei nicht die Aufgabe der Krankenkassen "im Bereich der PKV zu wildern". Doch wie erwähnt ist diese neu forcierte "Trennung" sehr einseitig, plane man doch auch sog. Zwangsrabatte auch für PKV Krankenversicherungen einzuführen. Zudem ist zu befürchten, dass nun Gutverdiener von der GKV in die PKV wechseln. Hierfür will man extra dafür die Bemessungsgrenze auf ein Jahr herab setzen, damit möglichst viele den Weg in die PKV finden.
Klientel-Politik der FDP zu Gunsten der PKV
Deutliche Kritik an den Vorhaben kam aus den Reihen der Krankenkassen und der Opposition. Denn anders als in der Gesundheits-Privatwirtschaft können bei den gesetzlichen Krankenkassen alle Mitglieder Zusatzversicherungen erhalten. Bei der PKV wird immer erst ein Gesundheitscheck für die Krankenversicherung voraus gesetzt. Die Privaten können sich ihre Versicherten aussuchen, die Gesetzlichen Krankenkassen nicht. Hier müssen alle Menschen pflichtversichert werden, die einen Anspruch darauf haben. Aus diesem Grund fordert sogar der AOK-Bundesvorstand die Möglichkeiten für Zusatztarife bei den Gesetzlichen weiter auszubauen. Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD Dr. Karl Lauterbach sieht mit den geplanten Maßnahmen ebenfalls ein Ausbluten des solidarischen Gesundheitssystem. Lauterbach sieht in dem geplanten Änderungen eine Bevorteilung der PKV auf Kosten gesetzlichen Sozialversicherung. (sb)
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Bild: Margot Kessler / pixelio.de
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