Forscher entdecken neuen Therapieansatz und Wirkstoff gegen Krebs
04.04.2014
Jüngst erzielten Forscher aus Schweden und Österreich einen zweifachen Erfolg im Kampf gegen Krebs. Während das schwedischer Team vom Karolinska-Institut in Stockholm den Wirkmechanismus eines wichtigen Enzyms sowie die Möglichkeit, dieses zu blockieren, entdeckte, identifizierten die österreichischen Wissenschaftler vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien einen neuen Wirkstoff gegen Krebs. Die Forscher-Teams kamen unabhängig von einander zu ihren Ergebnissen und veröffentlichten ihre Studien in der renommierten Fachzeitschrift „Nature“.
Schwedische Forscher entdecken Stoffwechselmechanismus von Krebszellen
Etwa seit zehn Jahren befasst sich die Forschung mit der sogenannten zielgerichteten Krebstherapie, bei der anhand von Gen-Daten bestimmte Wirkstoffe exakt an der Stelle in Krebszellen platziert werden, wo sie die größte Wirkung erzielen. Das ist zwar effektiv, jedoch treten häufig schnell Resistenzen gegen die Wirksubstanzen auf, so dass diese nicht mehr wirken können. Einerseits bezieht sich die Forschung deshalb auf die Identifizierung neuer Wirkstoffe, anderseits aber auch auf die Mechanismen. So versuchen Wissenschaftler, exakt die Stoffwechselmechanismen zu identifizieren, die Krebszellen zum Überleben benötigen aber in gesunden Zellen nicht ablaufen. Dann könnten Medikamente entwickelt werden, die gezielt nur die bösartigen Zellen ausschalten.
Thomas Helleday vom Karolinska-Institut und sein Team berichten in der Fachzeitschrift, dass sie einen solchen Mechanismus identifiziert haben. Dabei spielt die Aktivität des Enzyms MTH1, die für alle Krebsarten überlebensnotwendig und unabhängig von genetischen Veränderungen der Krebsart ist, eine entscheidende Rolle. „Um die Entwicklung dieses Behandlungsprinzip zu beschleunigen und möglichst schnell mit klinischen Studien an Patienten beginnen zu können, arbeiten wir mit einem offenen Innovationsmodell. Bereits vor der Veröffentlichung haben wir MTH1-Hemmer an eine Reihe von Forschungsgruppen weltweit gesendet“, berichtet Thomas Helleday vom Karolinska-Institut. „Unser Konzept besteht darin, dass Krebszellen einen veränderten Stoffwechsel haben. Das Enzym MTH1 schützt sie vor dem Einbau beschädigter DNA-Bausteine in ihre Erbsubstanz und gewährleistet damit das Überleben von Krebszellen. Mit einem MTH1-Hemmer wird dieses Enzym blockiert, derart beschädigte DNA-Bausteine werden in die Erbsubstanz eingebaut, richten Schaden an und töten die Zellen." Die Forscher haben verschiedene MTH1-Blocker entwickelt. „Dass die vorhandenen Antikrebsmittel bei MTH1 anschlagen, zeigt, dass das Konzept tatsächlich funktioniert. Jetzt, da wir den Mechanismus verstehen, können wir sehr selektive Hemmstoffe entwickeln“, so Helleday. Anhand eines Mausmodells, in dem die Krebszellen Resistenz gegen alle gängigen Medikamente waren, konnten vielversprechende Ergebnisse mit der MTH1-Bockade erzielt werden.
Neuer Wirkstoff für Krebstherapie von österreichischen Forschern entdeckt
Ein österreichisches Forscher-Team unter der Leitung des wissenschaftlichen Direktor des Zentrums für Molekulare Medizin (CeMM) am Gelände des Wiener AKH / MedUni Wien, Giulio Superti-Furga, entdeckte jüngst einen Wirkstoff, der als MTH1-Hemmer fungieren könnte. Mittels Massenspektrometrie identifizierten die Wissenschaftler den Wirkstoff, der sich von dem bereits bekannten und registrierten Arzneimittel Crizotinib ableitet, das beispielsweise in der Therapie von Lungenkrebs eingesetzt wird. Aufgrund der hohen Ähnlichkeit zu einem bereits erprobten und klinisch getesteten Medikament besteht die Möglichkeit, schnell mit Test in der Klinik am Patienten zu beginnen“, erläuterte der Erstautor der Studie, Kilian Huber.
„Es ist wirklich ein seltener Glücksfall, dass wir nicht nur einen bisher unbekannten wunden Punkt aggressiver Krebsarten gefunden haben, sondern gleichzeitig per Zufall eine chemische Substanz identifiziert haben, die das Spiegelbild eines der besten neuen Anti-Krebsmittel darstellt. Doppelter Jackpot", so Superti-Furga. (ag)
Bild: Andreas Dengs, www.photofreaks.ws / pixelio.de
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