Nestlé verkauft noch immer Baby-Milchpulver mit Mineralölrückständen
Vor wenigen Tagen wurde über Mineralöl-Funde in Baby-Milchpulver von Nestlé berichtet. Doch das Unternehmen verkauft die Ware weiter. Darauf weist Foodwatch hin. Die Verbraucherorganisation empfiehlt, die belasteten Produkte nicht weiter an Babys zu füttern.
In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Mineralölreste in verschiedenen Lebensmitteln nachgewiesen; beispielsweise in mehreren Müslis, in der Schokolade von Adventskalendern oder in Ferreros Kinder-Riegel. Vor einigen Tagen hat Foodwatch berichtet, dass auch Milchpulver für Babys von Nestlé mit gesundheitsgefährdendem Mineralöl belastet ist. In einer aktuellen Mitteilung weist die Verbraucherorganisation nun darauf hin, dass das Unternehmen die belasteten Produkte weiterhin verkauft.
Krebsverdächtige Mineralölrückstände nachgewiesen
Obwohl laut Foodwatch drei unabhängige Labore in Nestlé-Säuglingsmilch krebsverdächtige Mineralölrückstände nachgewiesen haben, verkauft das Unternehmen die Produkte weiter. Zudem behaupte Nestlé gegenüber Eltern, das Milchpulver sei „absolut sicher“, Babys könnten weiter damit gefüttert werden. Eigene Untersuchungen oder Belege für diese Aussage legt der Hersteller aber nicht vor. Von der Verbraucherorganisation Foodwatch, die die Tests vergangene Woche öffentlich gemacht hatte, wird das Verhalten von Nestlé als verantwortungslos kritisiert.
Laut Foodwatch sei Nestlé in der Pflicht, die Unbedenklichkeit seiner Säuglingsmilch anhand geeigneter Analysen nachzuweisen und alle mit Mineralöl verunreinigten Produkte sofort zurückzurufen. Das lehnt das Unternehmen jedoch bisher ab und hat stattdessen Foodwatch zu einem persönlichen „Expertentreffen“ am Frankfurter Flughafen eingeladen. Die Verbraucherorganisation kritisierte die Einladung als reine Verzögerungstaktik, um von der eigenen Verantwortung abzulenken.
„Der größte Lebensmittelhersteller der Welt hat offensichtlich erhebliche Probleme bei der Qualitätssicherung seiner Babynahrung. Aber anstatt die mit Mineralöl verunreinigten Baby-Produkte sofort zurückzurufen und Eltern zu warnen, spielt Nestlé auf Zeit. Da machen wir nicht mit“, erklärte Matthias Wolfschmidt, internationaler Kampagnendirektor von Foodwatch. „Das Problem mit Mineralölverunreinigungen ist seit Jahren bekannt, unsere unabhängigen Laborergebnisse liegen auf dem Tisch – Nestlés Verhalten ist ebenso unverantwortlich wie blamabel. Statt foodwatch zu vertraulichen Gesprächen am Frankfurter Flughafen zu laden, muss Nestlé endlich handeln!“
Belastete Produkte
Foodwatch hatte letzte Woche die Ergebnisse von drei zertifizierten Laboren veröffentlicht, die unabhängig voneinander und mit unterschiedlichen Analysemethoden Babymilch auf Mineralöle untersucht hatten. Von vier in Deutschland eingekauften Produkten waren demnach drei mit krebsverdächtigen aromatischen Mineralölbestandteilen (MOAH) verunreinigt: Zwei Produkte von Nestlé sowie ein Milchpulver der Firma Novalac. Lediglich in einem Produkt – der Nestlé-Säuglingsmilch „Beba Optipro 3, 800g, ab dem 10. Monat“ – waren keine MOAH-Rückstände nachweisbar. In den folgenden Produkten fanden Labortests krebsverdächtige „aromatische Mineralöle“ (MOAH):
- Novalac Säuglingsmilchnahrung PRE 400g; Chargennummer: A5952275; Mindesthaltbarkeitsdatum: 11.03.2020; Belastung mit MOAH: 0,5 mg/kg
- Nestlé BEBA OPTIPRO PRE 800 g von Geburt an; Chargennummer: 91120346AA; Mindesthaltbarkeitsdatum: 10/2020; Belastung mit MOAH: 3,0 mg/kg
- Nestlé BEBA OPTIPRO 1 800 g von Geburt an; Chargennummer: 9098080621; Mindesthaltbarkeitsdatum: 10/2020; Belastung mit MOAH: 1,9 mg/kg
Die Verbraucherorganisation empfiehlt auf ihrer Webseite, die belasteten Produkte nicht weiter an Babys zu füttern.
Selbst geringe Rückstände sollten nicht in Lebensmitteln enthalten sein
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) verweist auf das potenziell krebserregende und erbgutschädigende Potenzial aromatischer Mineralöle – weshalb MOAH-Rückstände selbst in kleinsten Mengen nicht in Lebensmitteln enthalten sein sollten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), wie Mineralölbestandteile überhaupt in Lebensmittel gelangen können:
„Für die Herstellung von Karton aus recyceltem Altpapier wird auch bedrucktes Zeitungspapier benutzt. In den meisten herkömmlich verwendeten Zeitungsdruckfarben sind Mineralöle enthalten. Diese können bisher im Recyclingprozess nicht ausreichend entfernt werden und gelangen so in die Lebensmittelverpackungen aus Recyclingkarton“, schreibt das Bundesinstitut. Auch Schmierstoffe aus Anlagen zur Lebensmittelherstellung, Abgase von Erntemaschinen oder Mineralöle, die bei Herstellungs- und Verpackungsprozessen als Schmier- oder Trennmittel eingesetzt werden, sind mögliche Gründe für die Mineralöl-Verunreinigung. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Foodwatch: Trotz Mineralöl-Funden: Nestlé verkauft belastete Säuglingsmilch weiter und täuscht Eltern, (Abruf: 31.10.2019), Foodwatch
- Foodwatch: Fragen und Antworten zu Mineralöl in Säuglingsmilch, (Abruf: 31.10.2019), Foodwatch
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Fragen und Antworten zu Mineralölbestandteilen in Lebensmitteln, (Abruf: 31.10.2019), Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.