Das Geheimnis der Runzelfinger wurde gelüftet
10.01.2013
Wenn unsere Hände länger mit Wasser in Kontakt kommen, wird die Haut schrumpelig. Diesem Phänomen sind britische Forscher jetzt auf den Grund gegangen. Der Studie zufolge erfüllen Runzelfinger bzw. Schrumpelfinger durchaus einen Zweck, denn mit der faltigen Haut lassen sich feuchte Gegenstände schneller und besser greifen. Für unsere urzeitlichen Vorfahren könnten das ein Vorteil beim Sammeln von Nahrung in Gewässern und feuchter Vegetation gewesen sein, vermuten die Forscher unter evolutionsbiologischen Gesichtspunkten.
Runzelfinger funktionieren ähnlich wie Reifenprofil
Ob im Schwimmbad, beim Geschirrspülen oder unter der Dusche – ist die Haut länger mit Wasser in Kontakt, beginnt sie an Händen und Füßen zu schrumpeln. Bereits 2011 befassten sich Wissenschaftler mit diesem Phänomen. Mark Changizi und sein Team stellten damals die Hypothese auf, dass die faltige Haut eine ähnliche Funktion erfüllt, wie die eines Reifenprofils bei Autos, das auf nasser Fahrbahn für besseren Haftung sorgt. Das „Profil“ nasser Finger sorge zudem dafür, das Wasser besser abfließen könne, so Changizi.
Kyriacos Kareklas von der Newcastle Universität und sein Team führten jüngst den wissenschaftlichen Beleg für den Vorteil von schrumpeligen Fingern und stützen damit Changizis Hypothese, wie die Forscher in „Biology Letters" der britischen Royal Society berichten. Demnach erleichtern Schrumpelfinger das Greifen und Transportieren feuchter Gegenstände. Bei trockenen Gegenständen hätte die schrumpelige Haut jedoch weder einen Vor- noch Nachteil.
Die Forscher vermuten, dass das Wasser durch die Falten leichter abgeleitet werde, so dass sich die Haftfähigkeit beim Greifen verbessert. Es sei ein Irrglaube, dass Finger im Kontakt mit Wasser schrumpelig werden, weil sie aufquellen. „Die Bildung der Falten ist bekanntermaßen ein aktiver Prozess, der auf die Steuerung des Nervensystems zurückzuführen ist“, schreiben die Forscher. Das lege nahe, dass der Bildung von schrumpeliger Haut keine einfache Reaktion auf das Wasser sei, sondern vielmehr eine Funktion beinhaltet.
Runzelfinger haben eine Funktion
Für ihre Untersuchung sollten 20 Probanden mehrere Glasmurmeln und kleine Bleigewichte zwischen Zeigefinger und Daumen von einem Gefäß in ein anderes transportieren. In einem Versuch waren die Gegenstände trocken, in einem weiteren nass. Beide Versuche wurden von den Probanden einmal mit trockenen Händen und einmal mit schrumpeligen Händen durchgeführt, die zuvor 30 Minuten in warmes Wasser getaucht wurden.
Es zeigte sich, dass die trockenen Gegenstände stets schneller von einem Behälter in den anderen transportiert wurden als die feuchten Objekte. Dabei machte es keinen Unterschied, ob die Probanden schrumpelige oder nicht-schrumpelige Finger hatten. Die feuchten Gegenständen wurden jedoch deutlich schneller mit Runzelfingern von den Studienteilnehmer gegriffen und transportiert. „In dieser Studie zeigen wir – in Übereinstimmung mit der ‘Profil-Hypothese’ – dass die Hautfalten das Hantieren mit nassen Objekten verbessern“, so die Forscher. „Diese Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass die durch Kontakt mit Wasser entstandene Hautfalten an den Fingern eine Anpassung an den Umgang mit feuchten Gegenständen darstellen und liefern zudem den ersten empirische Beleg für die Erklärung einer Funktion dieses bekannten Phänomens.“
Runzelfinger für Vorfahren Überlebensvorteil
Bislang konnte noch nicht geklärt werden, wie genau die Hautfalten einen besseren Griff ermöglichen. Dies müsse weiter untersucht werden, berichten die Wissenschaftler. Neben der Hypothese, dass die Falten das Wasser besser ableiten und auf diese Weise die Haftung verbessern, könnte eine weitere mögliche Erklärung "in den sich verändernden Hauteigenschaften von Runzelfingern zu finden sein, die die Flexibilität und die Griffigkeit erhöhen". Die schrumpelige Haut an den Füßen bietet nach Ansicht der Forscher "eine bessere Haftung".
Warum die Haut an Händen und Füßen nicht permanent schrumpelig ist, konnten die Forscher bislang noch nicht klären. Schließlich hätten die Hautfalten keinen Nachteil beim Hantieren mit trockenen Gegenständen, jedoch einen großen Vorteil beim Greifen und Transportieren nasser Objekte. Experten zufolge könnte die schrumpelige Haut möglicherweise eine geringere Sensitivität und eine größere Anfälligkeit für Verletzungen zur Folge haben.
Unter evolutionsbiologischen Gesichtspunkten vermutet Tom Smulders, einer der Autoren der Studie, dass „das Verschrumpeln der Finger bei Nässe einst dabei geholfen habe, Nahrung aus feuchter Vegetation oder aus Gewässern zu sammeln". Die schrumpelige Haut an den Füßen könnte bei Regen stärkeren Halt gegeben haben. (sb)
Bild: Sabine Ullmann / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.