Die Kassenärtzliche Vereinigung eröffnet ein Verfahren gegen einen hessischen Arzt der in seiner Praxis ein "Kopftuchverbot" anhand von "Spielregeln" festlegte. Auch die Landesärztekammer will sich mit dem Fall beschäftigen.
Ein Arzt aus dem hessischen Wächtersbach hatte in seiner Arztpraxis Anfang September ein Schild aufgehängt, auf dem Mädchen und Frauen muslimischer Herkunft untersagt wurde, ein Kopftuch in der Praxis zu tragen. Ferner sollten Patienten über "Grundkenntnisse der deutschen Sprache" verfügen. „Kinderreichen islamischen Familien mit mehr als 5 leiblichen Kindern“ wollte der Arzt ebenfalls nicht behandeln und verweigerte ihnen quasi mit den aufgesetzten „Spielregeln“ den Zugang zur Praxis. Nun muss sich der Arzt, der inzwischen das Schild wieder abgehangen hat, sich vor der Kassenärztlichen Vereinigung verantworten. Bei einer mündlichen Unterredung soll der Arzt sein Handeln erklären. Unter Umständen droht dem Arzt der Entzug seiner Zulassung.
Bundesweit hatte der Arzt mit seiner Aktion für Aufsehen gesorgt. Nach zahlreichen Protesten und Berichten in der Presse sah sich der Arzt Missverstanden und hängte seine selbst verfassten „Spielregeln“ wieder ab. Doch das Kopftuchverbot wird für den Arzt nun möglicherweise schwerwiegende Konsequenzen haben. Die Kassenärztliche Vereinigung hat nun beschlossen, gegen den Mediziner ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Nun muss sich der Arzt in einer mündlichen Verhandlung vor einem Gremium erklären. Das entschied der ein zuständiger Ausschuss in Frankfurt, wie eine KV-Sprecherin erklärte. Doch damit nicht genug, auch die Landesärztekammer will den Fall ebenfalls prüfen. Auch der örtliche türkische Verein sah damals in dem Handel eine Diskriminierung muslimischer Patienten. Allerdings setze man eher auf einen Dialog.
Bei der Unterredung muss der Mediziner dem Gremium der Kassenärztlichen Vereinigung Fragen zu seinem Handeln beantworten. Verläuft die Verhandlung für den Arzt negativ, so könnte er schwerwiegende Sanktionen bis hin zum Entzug der KV- Zulassung davon tragen. Wenn dieser Fall eintritt, darf der Arzt keine Patienten mehr behandeln, die in der gesetzlichen Krankenkasse versichert sind. Entscheidet sich das Gremium gegen eine Einstellung des Verfahrens, könnte auch eine einfache Verwarnung oder eine Geldstrafe folgen. Wann die Verhandlung tatsächlich statt findet, steht bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht fest.
Mittlerweile hat sich der Arzt für sein Handeln entschuldigt. "Ich habe mich im Ton vergriffen", resümierte er schon im September. Der Mediziner hatte kurz nach den Berichten in der Presse sein Schild mit den Spielregeln wieder abgehängt und wollte an einer Neufassung arbeiten, die er zuvor mit dem türkisch-islamischen Kulturverein abstimmt. Nach eigenen Angaben hatte der Arzt das Schild aufgehängt, weil es in der Vergangenheit Schwierigkeiten in der Behandlung muslimischer Patienten gab. Ob der Arzt inzwischen abermals ein neues Schild auf gehangen hat, dürfte aufgrund des anberaumten Verfahrens unwahrscheinlich sein.
Das Plakat war zwar mit der Überschrift „Spielregeln“ versehen, doch standen auf dem Schild Wörter wie „striktes Verbot von Kopftüchern“ oder „Kinderreiche islamische Familien mit mehr als 5 leiblichen Kindern“ werden in der Arztpraxis nicht behandelt.
Warum genau das Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, wollte die Kässenärtzliche Vereinigung nicht begründen. Allerdings hatte man bereits im September verlautbaren lassen, dass diese aufgehängten „Spielregeln“ vermutlich gegen den ärztlichen hippokratischen Eid verstoßen, „der so nicht hinnehmbar ist“, wie es damals hieß. Nun spricht man von einem "internen Vorgang". Dem Untersuchungsausschuss gehören zwei Ärzte und in Vorsitzender mit der Befähigung zum Richteramt an. Der Mediziner kann bei der Verhandlung einen Rechtsbeistand mitbringen. (sb, 16.10.2010)
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