Arzt muss wegen Kopftuchverbot verantworten
Verfahren gegen Arzt wegen Kopftuchverbots
Der Wächtersbacher Arzt, der mit seinen Praxisregeln für ausländische Patienten deutschlandweit Aufsehen erregt hatte, muss sich vor der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen einem Disziplinarverfahren unterziehen. Der Arzt solle im Rahmen einer mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gremium Stellung zu seinem damaligen Vorgehen beziehen, erklärte eine Sprecherin der KV.
Praxisregeln sorgten deutschlandweit für Aufregung
Obwohl er die Praxisregeln zurückgezogen hat und sich später für seinen unverhältnismäßigen Vorstoß entschuldigte, ist das Thema für die Kassenärztliche Vereinigung noch nicht beendet. Sie beschloss, gegen den Mediziner aus Wächtersbach im Main-Kinzig-Kreis ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Zudem prüft auch die Landesärztekammer den Fall noch einmal eingehend. Im Rahmen der selbst erlassenen Praxisregeln des Arztes, hatte dieser zum Beispiel ein Kopftuchverbot in seinen Räumlichkeiten angeordnet, für eine Behandlung von Patienten Deutschkenntnisse vorausgesetzt und die Behandlung von muslimischen Großfamilien mit mehr als fünf Kindern grundsätzlich abgelehnt. Nach dem der deutschlandweiten Aufschrei über ein derart dreistes Vorgehen, zog der Mediziner seine Praxisregeln umgehend zurück und entschuldigte sich bei den Betroffenen für sein unangemessene Verhalten.
Verwarnung, Geldstrafe oder Entzug der Zulassung mögliche Sanktionen
Für den Arzt war die Angelegenheit damit wahrscheinlich erledigt, nicht aber für viele der betroffenen Patienten und auch nicht für die Kassenärztliche Vereinigung. Letztere hat jetzt ein Disziplinarverfahren eingeleitete, bei dem der Arzt sein Vorgehen vor einem dreiköpfigen Gremium mündlich rechtfertigen soll. Denn eigentlich verstößt es gegen den medizinischen Eid derartige Regeln für die Behandlung von Patienten zu erlassen. Zudem besagt die vertragsärztliche Pflicht, dass ein Arzt seine Patienten ohne Ansehen von Religion, Herkunft oder Geschlecht behandeln muss, erklärte die Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung. Dem Arzt drohen demnach Sanktionen, die von einer Verwarnung über eine Geldstrafe bis hin zum Entzug der Zulassung reichen können. Sollte sich die Kassenärztliche Vereinigung für letzteren Schritt entscheiden, dürfte der Mediziner künftig keine gesetzlich Versicherten mehr behandeln. Aber auch ein Freispruch ist denkbar, wenn der Mediziner die Kassenärztliche Vereinigung von seiner Position überzeugen kann.
Behandlungsschwierigkeiten als Begründung fragwürdig
Die bisher vorgebrachte Begründung, dass es Schwierigkeiten bei der Behandlung gegeben habe, dürfte wahrscheinlich nicht ausreichen, um das aus zwei Ärzten und einem Vorsitzenden mit der Befähigung zum Richteramt bestehende Gremium zu überzeugen. Dem Arzt ist allerdings gestattet einen Rechtsbeistand zur mündlichen Verhandlung mitzubringen, so dass die Öffentlichkeit gespannt sein darf, welche rechtlichen Argumente hier außerdem angebracht werden können. Ein genauer Termin für das Disziplinarverfahren steht nach Auskunft der KV-Sprecherin noch nicht fest, die Verhandlung soll jedoch noch dieses Jahr stattfinden. Die Einleitung des Verfahrens wurde von der Kassenärztlichen Vereinigung nicht weiter begründet. (14.10.2010, fp)
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