Diätverordnung angepasst: Diabetiker-Lebensmittel bald verboten.
(09.09.2010) Etwa zehn Prozent der Deutschen leiden an Diabetes und müssen sich bei der Ernährung an spezielle Diätvorgaben halten. Bisher ein gutes Geschäft für alle Hersteller von Diabetiker-Lebensmitteln. Doch die Diabetes-Produkte halten nicht was sie versprechen. So sind dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu Folge Verpackungshinweise wie "Für Diabetiker geeignet" oder "zur besonderen Ernährung bei Diabetes mellitus geeignet" irreführender Unsinn, denn keiner der Hinweise ist wissenschaftlich haltbar.
Fast jedes Nahrungsmittel ist auch in einer speziellen Diabetiker-Variante auf dem Deutschen Markt erhältlich. Welche Inhaltsstoffe diese Produkte enthalten dürfen, war bisher durch die Diätverordnung für Diabetiker-Lebensmittel geregelt. Da zahlreiche Diabetiker-Lebensmittel, wie z. B. spezielle Kekse oder Marmelade jedoch zu viel Fett und Kalorien enthielten und generell nicht mehr den Ernährungsempfehlungen der Bundesregierung entsprachen, hat der Ausschuss des deutschen Bundesrates für Agrarpolitik und Verbraucherschutz am 06.09.2010 einstimmig die Abschaffung derartiger Diabetiker-Lebensmittel beschlossen.
Von Seiten der Betroffenen wird dieser Entschluss sehr begrüßt, da die bisherigen Kennzeichnungen eher irreführend waren und Diabetikern bei der Einstellung ihrer täglichen Insulindosis keine Hilfestellung boten. Zudem haben zahlreiche Studien belegt, dass Diabetes nicht nur den Zuckerspiegel beeinflusst, sondern auch Störungen des Protein- und des Fettstoffwechsels auslöst. „Eine Therapie, die nur den Zuckerhaushalt reguliert, reicht deshalb nicht aus", so ein Sprecher des BfR. Für Diabetiker gelten daher heute die gleichen Ernährungsempfehlungen wie für die Allgemeinbevölkerung. So sollten auch Diabetiker den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung folgen und sich überwiegend mit „ausgewogener vollwertiger Mischkost" ernähren. Damit sie dennoch ihre Krankheit kontrollieren können, fordert die Deutschen Diabetes-Gesellschaft – neben der jetzt beschlossenen Abschaffung der Diabetiker-Lebensmittel – bereits seit Jahren eine eindeutige Deklaration aller Inhaltsstoffe auf den Verpackungen. So ist es auch aus Sicht von Prof. Thomas Danne, Präsident der Deutschen Diabetes-Gesellschaft, dringend geboten, „die Nährwerte auf einem Lebensmittel nachvollziehbar zu kennzeichnen", denn auf etlichen Artikeln fehlen bis heute exakte Angaben über den Gehalt an Eiweiß, Zucker, Fetten, Ballaststoffen und Salzen sowie zum Brennwert oder zur Gesamtmenge an Kohlenhydraten pro 100 Gramm.
„Die Diabetiker-Produkte waren nichts als eine Mogelpackung. Sie suggerierten, dass man sich besonders gut ernährt, was aber überhaupt nicht stimmte", betont Professor Thomas Danne und ist erleichtert darüber, dass die Politik mit dem jetzigen Gesetzesvorstoß der jahrelangen Forderung seiner Gesellschaft folgen. Bisher konnte sich die Lobby der Lebensmittelhersteller hier immer durchsetzten und weiter ordentliche Gewinne einfahren. So bezifferte Norbert Pahne, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Hersteller von Lebensmitteln für besondere Ernährung, den Umsatz mit Diabetikerprodukten für 2009 auf 138 Millionen Euro, zuzüglich ca. 380 Millionen Euro Einnahmen aus dem Verkauf zuckerarmer Getränke. Ein gutes Geschäft, dass den Unternehmen jetzt wegbricht. Sie dürfen die Produkte nicht länger mit speziellen Diabetiker-Aufdrucken versehen und müssen bei einigen Artikeln sogar die Rezepturen ändern, da „beispielsweise bei Diabetiker-Schokolade eine Kombination von Zuckeraustauschstoffen und Süßstoffen erlaubt" war, die "bei normaler Schokolade (…) nicht erlaubt" ist, erklärte Norbert Pahne. Den Unternehmen wurde jedoch zur Umstellung ihrer Produktpalette eine Übergangsfrist von zwei Jahren eingeräumt, wobei auch anschließend der Abverkauf von Restbeständen noch erlaubt sein soll. (fp)
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Bild: by-sassi /Pixelio.de
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