Drei gesetzliche Krankenkassen wollen 2011 keine Zusatzbeiträge erheben.
(16.08.2010) Drei Krankenkassen haben für das Jahr 2011 angekündigt, keine Zusatzbeiträge von ihren Versicherten zu verlangen. Die Konkurrenz zwischen den Kassen verstärkt sich, denn Krankenkassen, die einen Zusatzbeitrag von ihren Mitgliedern erheben, erleben derzeit einen starken Mitgliederschwund. Hingegen Krankenkassen, die keine Zusatzbeiträge erheben, von den „Wechselwilligen“ überaus stark profitieren und deutliche Zu gewinne verzeichnen.
Die zwei größten Krankenkassen, Techniker Krankenkasse (TK) und die Barmer GEK haben gemeinsam angekündigt, auch im Jahr 2011 keine Zusatzbeiträge von ihren Versicherten zu erheben. "Bis weit ins Jahr 2011 kommen wir ohne Zusatzbeitrag aus", sagte eine Sprecherin der Techniker Krankenkasse gegenüber dem "Handelsblatt". Auch die Barmer GEK Chefin Birgit Fischer bestätigte gegenüber der Zeitung: "Wir planen auch 2011 ohne Zusatzbeitrag."
Fischer mahnte jedoch, eine wichtige Voraussetzung dafür sei, dass die anstehende Gesundheitsreform den Plan nicht durchkreuze und von den Sparmaßnahmen einige Berufsstände wie die Hausärzte oder Leistungsanbieter (Apotheken) ausgenommen werden. Bei der Gesundheitsreform sei es wichtig, dass alle an den Sparmaßnahmen beteiligt werden. Fischer forderte deshalb die Bundesregierung auf, auch gegen die Widerstände des Hausärzteverbandes die geplante Begrenzung der Ärzte-Honorare bei der hausarztzentrierten Versorgung umzusetzen. Denn allein durch die Hausarztverträge seien keine Verbesserungen der Leistungen erkennbar, eine Begrenzung der extremen Honorarsteigerungen könnte hingegen Sparmaßnahmen voran bringen.
Auch die AOK Rheinland-Hamburg geht davon aus, auch 2011 keine Zusatzbeiträge zu erheben. Bis Mitte nächsten Jahres sei dies sowieso kein Thema, wie der AOK Vorsitzende Wilfried Jacobs kommentierte. Es sei aber an der Zeit, dass die Politik für eine klare Finanzierung der Kassen sorge, so Jacobs weiter.
Krankenversicherungen, die Zusatzbeiträge erheben, verlieren deutlich an Mitglieder.
Wie wichtig es für Krankenkassen ist, keine Zusatzbeiträge erheben zu müssen, zeigt das Beispiel der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK). Seit der Einführung eines Zusatzbeitrages hat die DAK über 300.000 Versicherte verloren. Auch die BKK Gesundheit hat rund 244.000 Versicherte im ersten Halbjahr 2010 verloren. Das bestätigte auch der Branchendienstes "dfg". Demgegenüber haben die Krankenkassen kräftig zugelegt, die keine zusätzlichen Gebühren verlangen. So gewann die TK etwa 238.000 Mitglieder hinzu. Auch andere Krankenkassen wie die AOK Bayern oder die Barmer GEK konnten deutliche Zuwächse an Mitgliedern verzeichnen. Um diese zu halten, ist es gerade für die Kassen wichtig, keine zusätzlichen Beiträge zu erheben, da sie ansonsten ebenfalls von den Wanderbewegungen der Versicherten betroffen sind.
Bundesgesundheitsminister plant keine weiteren Steigerungen der Beiträge bei den Krankenkassen.
Die geschaffene Konkurrenz bei den gesetzlichen Krankenkasse entzückt den Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). Er zeigte sich zuversichtlich, dass keine weiteren gesetzlichen Krankenkassen Zusatzbeiträge erheben werden. Über die Anhebung des Beitragssatzes 2011 sollen Versicherte nicht weiter belastet werden. So sagte Rösler: "Versicherte sollen nicht zusätzlich belastet werden, zum Beispiel nicht durch höhere Zuzahlungen und auch nicht durch zusätzliche Zusatzbeiträge", so der Minister gegenüber dem Deutschlandfunk in Berlin. Allerdings werden nach Medienberichten die Zugangsvoraussetzungen zur Privaten Krankenversicherung für Besser-Verdiener gelockert, das könnte noch einmal den gefährden.
Rösler will Sparmaßnahmen bei der Gesundheitsreform umsetzen.
Rösler halte daran fest, die geplanten Sparvorhaben bei den Kliniken, Ärzten und Apotheken durchzusetzen, um das Milliarden Defizit im Gesundheitssystem zu verhindern. Allein für das Jahr 2011 wird ein Defizit von rund 11 Milliarden Euro im Gesundheitsfond erwartet. Doch die Maßnahmen sollen ausreichen, damit keine weiteren Mehrkosten für die Versicherten entstehen. Wie sich die Finanzlage des Gesundheitssystems sich im Jahr 2012 entwickele, hänge von weiteren Reformen ab. Nachdem die „kleine Gesundheitsreform“ auf den Weg gebracht sei, wolle Rösler das Gesundheitssystem "insgesamt verbessern", und die Krankenkassen „wettbewerbsfähiger“ und „effizienter“ zu machen. Konkrete Maßnahmen stellte der Minister nicht vor. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Krankenkassen sich immer mehr in die Situation begeben müssen, wie private Unternehmen zu agieren. Für eine Reihe von vor allem kleineren Krankenkassen bedeutet das potenziell zukünftig das finanzielle Aus, denn auf dem Markt können sich dann nur noch Krankenkassen behaupten, die eine gewisse Größe erreicht haben. Deshalb fusionieren immer mehr Krankenkassen. (sb, fp)
Lesen Sie auch:
Techniker Krankenkasse stellt Tarif TK-Privat ein
Krankenkassen gegen Hausärzte-Streik
Versicherte sollen an Arztkosten beteiligt werden
Gesundheitssystem: Fusionswelle der Krankenkassen
Bild:
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.