Chronische Schmerzen und Depressionen stehen oftmals in engem Zusammenhang. Hier könnte Psilocybin, das vor allem als Wirkstoff aus sogenannten Magic Mushrooms (psychedelisch wirkende Pilze) bekannt ist, zur Linderung beider Beschwerdebilder beitragen – und dies offenbar schon, nach einer einzelnen Dosis.
Forschende der University of Pennsylvania haben in einer aktuellen Studie die Wirkung von Psilocybin gegen chronische Schmerzen, Depressionen und Ängste untersucht und die vielversprechenden Ergebnisse in dem Fachmagazin „Nature Neuroscience“ veröffentlicht.
Teufelskreis aus Schmerzen & Depression
Weltweit leiden mehr als 1,5 Milliarden Menschen an chronischen Schmerzen, die oft eng mit Depressionen und Angstzuständen verbunden sind, berichtet das Forschungsteam. So entstehe ein Teufelskreis, der das Leiden verstärken und die Lebensqualität weiter beeinträchtigen könne.
„Als Anästhesist betreue ich häufig Patienten, die sich einer Operation unterziehen und sowohl an chronischen Schmerzen als auch an Depressionen leiden. Oft ist nicht klar, welche Erkrankung zuerst auftrat, aber häufig verschlimmert sich die eine durch die andere“, erläutert der Studienautor Dr. Joseph Cichon.
Gleichzeitig haben verschiedene frühere Studien bereits gezeigt, dass eine Behandlung mit Psilocybin bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen eine beachtliche Wirkung erzielen kann.
Kann Psilocybin helfen?
Inwiefern die einmalige Anwendung von Psilocybin tatsächlich zur Linderung von Ängsten, Depressionen und chronischen Schmerzen beitragen kann, überprüften die Forschenden nun an Mäusen mit chronischen Nervenverletzungen und entzündlichen Schmerzen.
Dabei hat eine einzige Dosis Psilocybin sowohl Schmerzen als auch schmerzbedingte Angstzustände und depressionsähnliche Verhaltensweisen bei den Tieren reduziert und diese Wirkung hielt fast zwei Wochen an, berichten die Forschenden.
Seine Wirkung entfalte Psilocybin dabei durch die sanfte Aktivierung spezifischer Gehirnsignale, der sogenannten Serotoninrezeptoren (5-HT2A und 5-HT1A). „Im Gegensatz zu anderen Drogen, die diese Signale vollständig ein- oder ausschalten, wirkt Psilocybin eher wie ein Dimmer, der die Signale genau auf das richtige Maß einstellt“, so Dr. Cichon.
Weitere Untersuchungen zu dem Ursprung der Wirkung mittels der Injektion von Psilocin (der Körper wandelt Psilocybin in dieses um) in verschiedene Regionen des zentralen Nervensystems und fortschrittlichen bildgebenden Verfahren habe gezeigt, dass
- die direkte Injektion von Psilocin in den präfrontalen Kortex des Gehirns, insbesondere in den anterioren cingulären Kortex (Hirnregion die Schmerz und Emotionen verarbeitet), zu der gleichen Schmerzlinderung und Stimmungsaufhellung führte wie die Einnahme von Psilocybin;
- die Injektion von Psilocin in das Rückenmark jedoch nicht dieselbe Wirkung entfaltete.
Modulation schmerzverarbeitender Gehirnschaltkreise
„Psilocybin könnte Patienten eine bedeutende Linderung verschaffen, indem es die Verletzungsstelle vollständig umgeht und stattdessen die schmerzverarbeitenden Gehirnschaltkreise moduliert“, erläutert Dr. Cichon. Außerdem würden Schaltkreise aktiviert, die zu einem verbesserten Wohlbefinden beitragen
Schmerzen & depressive Verstimmungen gelindert
„So werden Schmerzen und depressive Verstimmungen gleichzeitig gelindert“, betont Dr. Cichon. Demnach erscheint die Behandlung mit Psilocybin als vielversprechender Ansatz bei chronischen Schmerzen und Depressionen.
„Obwohl diese Ergebnisse ermutigend sind, wissen wir nicht, wie lange die Wirkung von Psilocybin anhält oder ob mehrere Dosen erforderlich sein könnten, um die an chronischen Schmerzen beteiligten Hirnbahnen für eine länger anhaltende Lösung anzupassen“, gibt der Studienautor Stephen Wisser zu bedenken.
Daher seien nun weitere Forschungsarbeiten zu der Wirkung von Psilocybin erforderlich, auch wenn die aktuelle Studie bereits jetzt Anlass zur Hoffnung auf neue, opioidfreie und nicht süchtig machende Ansätze zur Behandlung von chronischen Schmerzen und Depressionen biete. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Ahmad Hammo, Stephen Wisser & Joseph Cichon: Single-dose psilocybin rapidly and sustainably relieves allodynia and anxiodepressive-like behaviors in mouse models of chronic pain; in: Nature Neuroscience (veröffentlicht 02.10.2025), nature.com
- Penn Medicine: Psilocybin targets brain circuits to relieve chronic pain, depression (Anbruf 06.10.2025), pennmedicine.org
- Amir Garakani, Jeanne L. Alexander, Calvin R. Sumner, Janet H. Pine, Lawrence S. Gross, Charles L. Raison, Scott T. Aaronson, David A. Baron: Psychedelics, With a Focus on Psilocybin: Issues for the Clinician; in: Journal of Psychiatric Practice (veröffentlicht September 2023), lww.com
Wichtiger Hinweis:
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