Tabakindustrie erleidet Niederlage vor Gericht – Schockfotos auf Zigarettenschachteln werden zur Pflicht
16.08.2012
Schockfotos auf Zigarettenschachteln sind keine Neuheit, doch in Australien werden diese in Zukunft nahezu die gesamt Verpackung prägen, während die Zigarettenmarke nur noch relativ klein gedruckt am unteren Rand zu erkennen ist. Krebsforscher feiern die entsprechende Entscheidung des höchsten australischen Gerichts als Durchbruch bei der Tabakprävention.
Nach Vorstellungen des australischen Gesetzgebers müssen Zigaretten künftig in einheitlichen schlammfarbenen Schachteln verkauft werden, auf denen großflächig Schockfotos von Krebspatienten, Krebsgeschwüren und Raucherlungen abgedruckt werden. Der Name des Herstellers soll nur noch relativ klein auf dem unteren Teil der Verpackung zu erkennen sein. Gegen diese Regelung hatte die Tabakindustrie bis vor den High Court of Australia geklagt, musste nun jedoch eine eindeutige Niederlage vor der höchstrichterlichen Instanz in Canberra hinnehmen. Die Richter wiesen die Klage der Tabakfirmen ab und bestätigten damit die australischen Anti-Tabak-Gesetze, welche als weltweit härteste Regelung gelten. „Regierungen können es mit großen Tabakfirmen aufnehmen und gewinnen“, betonte die australische Generalstaatsanwältin Nicola Roxon nach der Entscheidung am Mittwoch.
Gericht weist Klage der Tabakindustrie zurück
Seit Jahren hat die Regierung des fünften Kontinents die Gesetzgebung zur Tabakprävention immer wieder verschärft. Die Einheitsverpackungen mit groß aufgedruckten Schockfotos waren der jüngste Vorstoß, mit dem ein weiterer Rückgang des Tabakkonsums bewirkt werden sollte. Doch die Tabakfirmen wollten dies nicht ohne weiteres hinnehmen. Sie zogen gegen das Gesetz vor Gericht. Jedoch ohne Erfolg. Die aktuelle Entscheidung des höchsten australischen Gerichts weist die Klage der Tabakindustrie zurück und bestätigt die Rechtmäßigkeit der Anti-Tabak-Gesetze. So werden die Packungen fortan zum Beispiel mit abstoßenden Fotos einer Raucherlunge bedruckt. Auch Bilder von Krebsgeschwüren und Krebsopfern sollen künftig auf den weitgehend einheitlich gehaltenen Packungen abgelichtet werden. Die Gruselfotos sollen das Rauchen abgewöhnen.
Schockfotos auf Zigarettenschachteln mit weitreichender Wirkung
Das Ziel ist, möglichst viele Raucher beziehungsweise potenzielle Raucher durch die schockierenden Bilder vom Tabakkonsum abzubringen. Eine Methode die sich Anti-Raucher-Organisationen und Krebsforscher auch für Deutschland wünschen, denn „ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte“, betonte Martina Pötschke-Langer Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg am Mittwoch nach Bekanntwerden des australischen Urteils. Bereits seit dem Jahr 2010 fordere das DKFZ standardisierte Verpackungen für Tabakprodukte und den Abdruck sogenannter Schockfotos auf den Zigarettenschachteln. Bislang habe sich in der Bundesregierung jedoch keine Mehrheit für einen solchen Schritt gefunden, erläuterte die Expertin.
Kritik der Tabakfirmen an den rechtlichen Vorgaben
Das Urteil des australischen Gerichts macht deutlich, dass entsprechende Verpackungsvorschriften auch einer rechtlichen Überprüfung standhalten und die Tabakindustrie sich im Zweifelsfall den Vorgaben beugen muss. Die australischen Zigarettenhersteller störten sich besonders daran, dass ihr Markenname künftig nur noch klein auf dem unteren Drittel der Verpackung zu erkennen sein soll. Auf diese Weise könne man sich kaum noch von der Konkurrenz unterscheiden, monierten die Konzerne. Auch zweifelte zum Beispiel der Hersteller British American Tobacco plc, der mit Marken wie Dunhill oder Benson & Hedges sein Geschäft macht, daran, dass der Tabakkonsum in Australien durch die neuen Regelungen weiter zurückgehen wird. Befürworter der „Einheitsverpackung glauben, dass Kinder damit einen Grund weniger haben, mit dem Rauchen anzufangen. Aber es gibt keinerlei Beweise, dass die Einheitsverpackung Einfluss darauf hat, ob jemand mit dem Rauchen anfängt oder nicht, auch bei Kindern nicht“, bemängelte British American Tobacco.
Anteil der Raucher in Australien deutlich gesunken
Tatsächlich gibt die bisherige Entwicklung des Tabakkonsums in Australien den Gesetzgebern jedoch durchaus recht. Denn seit 1983 hat sich die Zahl der Raucher in Australien im Zuge der verschärften Gesetzgebung mehr als halbiert. Werbung und Sponsoring sind den Tabakfirmen heute praktisch vollkommen untersagt. Den Angaben der Anti-Raucher-Organisation „Action on Smoking and Health“ (ASH) zufolge konnte der Anteil der Raucher auf dem fünften Kontinent auf diese Weise in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gesenkt werden. Griffen 1983 noch 40 Prozent der Männer und 32 Prozent der Frauen zur Zigarette, hat sich der Anteil mittlerweile auf 16 Prozent bei den Männern und 14 Prozent bei den Frauen reduziert. Kaum verwunderlich daher, dass die Tabakfirmen sich massiv gegen weitere Restriktionen wehren – sie fürchten einen erneuten Rückgang beim Tabakkonsum. Zur Freude der Anti-Raucher-Organisationen ist das höchste australische Gericht der Argumentation der Tabakindustrie jedoch nicht gefolgt und hat die Klage gegen das Anti-Tabak-Gesetz zurückgewiesen, wobei die Tabakfirmen auch die Kosten des Verfahrens tragen müssen. Die detaillierte Urteilsbegründung will der High Court of Australia zu einem späteren Zeitpunkt nachliefern.
Sieg für die Tabakprävention
Bei den Krebsforschern des DKFZ löste der Urteilsspruch des australischen Gerichts Begeisterung aus. Dies sei „ein Riesensieg für die Tabakprävention“, betonte Martina Pötschke-Langer. Ihrer Ansicht nach ist die Verwendung der Einheitsverpackungen für Zigaretten ein „probates Mittel", sowohl um Jugendliche vom Rauchen abzuhalten, als auch um Rauchern den Ausstieg zu erleichtern. Zudem seien die Schockfotos eine Unterstützung bei der Rückfallprophylaxe. Ähnliche gesetzliche Regelungen wie in Australien wären demnach auch für Deutschland wünschenswert. (fp)
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