Blaseninfektionen könnten auch ohne Rezept mit Antibiotika behandelt werden
Wiederholte unkomplizierte Harnwegsinfektionen könnten nach Auffassung eines britischen Mediziners von den betroffenen Frauen in Eigenregie mit Antibiotika therapiert werden. Dies würde die Verzögerungen durch die Verschreibungspflicht und den hiermit erforderlichen Arztbesuch vermeiden, erläutert Kyle Knox von der University of Oxford in dem „British Medical Journal“ (BMJ).
Zwar wird der übermäßige Einsatz von Antibiotika angesichts der vermehrten Bildung von resistenten Keimen heutzutage zunehmend kritisch bewertet und es scheint daher nur richtig, die Einnahme grundsätzlich an eine ärztliche Verschreibungspflicht zu koppeln. Doch Kyle Knox kommt in Bezug auf die Blasenentzündungen bei Frauen zu einer anderen Einschätzung. Der Mediziner sprach sich für einen Wegfall der Verschreibungspflicht bei dem Wirkstoff Nitrofurantoin aus, der als Antibiotikum zur Behandlung der akuten unkomplizierten Harnwegsinfektionen eingesetzt wird.
Jede dritte Frau erlebt schon früh eine Harnwegsinfektion
Blasenentzündungen sind laut Aussage des britischen Mediziners bei sexuell aktiven Frauen und Frauen in der Menopause durchaus verbreitet. Das weibliche Geschlecht sei hier infolge seiner Anatomie deutlich häufiger betroffen als Männer. Knapp ein Drittel der Frauen habe schon im Alter von 26 Jahren mindestens eine Harnwegsinfektion erlebt. Meist werden die unkomplizierten Harnwegsinfekte durch Bakterien verursacht und mit einem Antibiotikum kann in der Regel eine Behandlung ohne Folgeschäden erreicht werden, berichtet Kyle Knox. Nur sehr selten drohe die Entwicklung einer Pyelonephritis (Nierenbeckenentzündung). Auch ohne medizinische Behandlung sei die Infektionen häufig nach relativ kurzer Zeit wieder überstanden. Allerdings leiden die Betroffenen während der Erkrankung mitunter an erheblichen Schmerzen. Durch die Verabreichung des Wirkstoffs Nitrofurantoin soll hier die Dauer der Infektion und das Ausmaß der Symptome reduziert werden. Allerdings ist dafür sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland eine ärztliche Verschreibung erforderlich.
Drei Millionen Arzttermine könnten wegfallen
Dem britischen Mediziner zufolge werden in Großbritannien pro Jahr rund drei Millionen Arzttermine wegen unkomplizierter Harnwegsinfektionen fällig. Dies seien rund ein Prozent der Arztkonsultationen insgesamt. Hier würden erhebliche Kapazitäten frei, wenn die Verschreibungspflicht wegfallen würde. Als relativ verlässliche Hinweise auf eine Harnwegsinfektion können laut Aussage des britischen Mediziners drei Indikatoren herangezogen werden, die auch ohne Laboruntersuchung feststellbar sind: Nykturie (vermehrtes Wasserlassen), Dysurie (Erschwerte Blasenentleerung) und trüber Urin. In den meisten Fällen werde den Betroffenen von ihrem Arzt eine Behandlung mit Antibiotika verordnet, überwiegend ohne eine zusätzliche Bestimmung der Erreger im Labor. Aus den vorliegenden Studien gehe zudem hervor, dass die Einnahme über den Zeitraum von drei Tagen eine vergleichbare Wirkung wie die Antibiotika-Behandlung über einen Zeitraum von fünf bis zehn Tagen habe.
Einnahme von Antibiotika ohne Rezept
Die klinischen Indikatoren Nykturie, Dysurie und trüber Urin können Frauen laut Aussage des britischen Mediziners auch ohne ärztlichen Rat zu Hause abschätzen. Da ohnehin meist ohne eine weiterer Bestimmung der Erreger Antibiotika verabreicht werden, könnten nicht-schwangere Frauen auch in Eigenregie eine dreitägige Einnahme von Nitrofurantoin angehen, wenn zwei der drei Indikatoren gegeben sind, so Knox weiter. Der Wirkstoff sei seit den 1950er Jahren bekannt und werde bei kurzen Anwendungszeiträumen im Allgemeinen gut vertragen. Übelkeit und Blähungen seien hier die häufigsten Nebenwirkungen. Darüber hinaus seien zwei Antibiotika in Großbritannien bereits ohne Rezept in der Apotheken erhältlich: oral Azithromycin gegen unkomplizierte Chlamydien-Infektionen und topisches Chloramphenicol gegen bakterielle Bindehautentzündungen.
Hausmittel gegen Harnwegsinfektionen
Bevor gegen die unkomplizierten Harnwegsinfektionen auf Antibiotika zurückgegriffen wird, ist der Einsatz von Hausmitteln gegen die Blasenentzündung durchaus empfehlenswert. Hier setzt die Naturheilkunde neben ansteigenden Sitzbädern auch auf die Wirkung verschiedener Pflanzen wie beispielsweise Wacholder, Bärentraubenblätter, Birkenblätter, Buccoblätter oder Eibischwurzel. Goldrutenblätter sollen zudem gegen die begleitenden Unterleibskrämpfe helfen. Aus Meerrettich und Kapuzinerkresse lässt sich eine Art pflanzliches Antibiotikum herstellen, dass ebenfalls gegen die bakterielle Blaseninfektionen zum Einsatz kommen kann. Nicht zuletzt wird Preiselbeersaft eine positiv Wirkung zugeschrieben. Dieser soll die Ansiedlung und Ausbreitung von Bakterien reduzieren, entzündungshemmend auf die Schleimhäute wirken und die Ausscheidung der Bakterien ermöglichen. Die Homöopathie hält gegen die Blaseninfektionen des Weiteren Mittel wie Apis, Cantharis, Nux Vomica und Sarsaparilla bereit. Sollte zeitnah allerdings keine Linderung erreicht werden, ist eine Gang zum Arzt erforderlich. (fp)
Advertising
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.