Die Beitragsanpassungen der Privaten Krankenversicherung sind ab 2011 höher, als bei den Gesetzlichen Krankenkassen. Im Schnitt müssen PKV-Versicherte rund sieben Prozent mehr zahlen.
31.12.2010
Die Beitragsanpassungen der Privaten Krankenversicherung fallen im kommenden Jahr höher aus, als die der gesetzlichen Krankenkassen. Laut einer Auswertung der Analysten Morgan & Morgan werden die Beiträge zur PKV ab 2011 um durchschnittlich sieben Prozent ansteigen, die der gesetzlichen Krankenkassen um rund vier Prozent.
Eine solch deutliche Anhebung der Versichertenprämien hat es in dieser Form in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Trotz zahlreicher Zugeständnisse der schwarz-gelben Bundesregierung werden die Versicherungsanbieter privater Krankenversicherungen ihre Beiträge im Durchschnitt um satte sieben Prozent erhöhen müssen. Die Analysten von Morgan & Morgan haben diese Steigerungsrate anhand der geplanten Neuverträge der einzelnen Tarife für das kommende Jahr errechnet. Hierzu verglichen sie die momentan bestehenden Verträge, mit den Policen die 2011 angeboten werden. Eine derart hohe Steigerungsrate von Neuverträgen hat es in dieser Form noch nicht gegeben. In den letzten zehn Jahren lag der durchschnittliche Anstieg der Beiträge bei etwa vier bis fünf Prozent.
Demografischer Wandel lässt Beiträge steigen
Ähnlich wie die Gesetzlichen leiden auch die Privaten an den sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen. Durch den demografischen Wandel werden die Menschen immer älter und somit verlängert sich auch die Zeit des Versicherungsanspruchs. Doch gerade im Alter verteuert sich die Krankenversicherung, bei den Gesetzlichen wie bei den Privaten. Umso älter Versicherte werden, umso häufiger und länger müssen sie auch eine medizinische Versorgung in Anspruch nehmen. Eine zweiter gewichtiger Grund sind die steigenden Kosten im Gesundheitswesen. Trotz aller Sparmaßnahmen steigen die Kosten für Klinikbehandlungen, die Ärzte verlangen immer höhere Honorare und die medizinische Wissenschaft entwickelt immer modernere und effektivere Therapien, die gleichzeitig auch immer teurer werden.
Nun hat die Private Krankenversicherung im Grundsatz nicht die Möglichkeit steuerliche Mittel in Krisenzeiten in Anspruch zu nehmen. Kostensenkungen sind der PKV weitestgehend verwehrt. Vereinbarte Leistungspakete können den Versicherten nicht einfach vorenthalten werden, weil ansonsten die Vertragsbedingungen gebrochen werden. Dennoch hat die Bundesregierung mit unterschiedlichen Mitteln versucht, der PKV unter die Arme zu greifen. Beispielsweise werden die Zugangsbedingungen für Angestellte mit einem relativ hohen Einkommen deutlich vereinfacht. Ab 2011 können Angestellte leichter von der Gesetzlichen in die Private wechseln. Zum Jahreswechsel wird die sogenannte Drei-Jahres-Verdienstgrenze auf ein Jahr begrenzt. Angestellte müssen demnach nur ein Jahr lang über die Versicherungspflichtgrenze von momentan 4.162,50 Euro brutto verdienen. Auf die zahlreichen Vergünstigungen wies auch der Gesundheitsexperte der CSU, Johannes Singhammer hin. In einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ kritisierte der Politiker die Beitragsanpassungen. Die höheren Beiträge stellen vor allem eine höhere Belastung für Beamte und Rentner dar, die über ein geringeres Einkommen verfügen. Die Bundesregierung hatte einige Eckpunkte umgesetzt, um die Situation der privaten Krankenversicherungen zu verbessern. Dennoch wolle die PKV ihre Beiträge erhöhen, das stößt auf deutliches Unverständnis innerhalb der Koalition.
Trotz der zukünftig steigenden Beiträge hält die PKV daran fest, nach außen hin zu propagieren, im Vergleich zu den gesetzlichen Krankenkassen eine finanziell „gesunde Versicherung“ zu sein. Doch in wieweit ist die PKV noch „gesund“, wenn sie sogar dankend staatlich verordnete Zwangsrabatte für Arzneimittel annimmt? Noch in der näheren Vergangenheit hatte die PKV immer die staatliche Einmischung von sich gewiesen. Schließlich wollte man sich grundlegend von den Gesetzlichen unterscheiden und benötige auch deshalb nicht die Hilfe des Staates.
Altersrückstellungen sind gefährdet
Das Grundprinzip der finanziellen Absicherung bei der PKV ist die Rückstellung für die Altersabsicherung. Gesundheitsökonomen warnen allerdings schon seit längerer Zeit davor, dass die Altersrückstellungen nur einen Teil der steigenden Gesundheitskosten abdecken können. Die PKV steckt daher in einem Dilemma. Einerseits dürfen die Beiträge nicht ins Unermessliche steigen, weil dann ein wesentlicher Teil der Attraktivität verloren geht. Auf der anderen Seite ist der Ruf nach staatlicher Unterstützung ein Widerspruch zu dem Dasein der Privaten. Denn anders als die Gesetzlichen versteht sich die PKV nicht dem gesamtgesellschaftlichen Solidarprinzip verpflichtet, sondern stellt ein ökonomisch orientiertes Wirtschaftsunternehmen dar. Dennoch ruft die Branche nach Vergünstigungen, die eigentlich nur den Gesetzlichen Krankenkassen vorenthalten ist. So wurden Forderungen der Branche laut, nachdem zukünftig auch die PKV nach dem Vorbild der GKV mit den Kliniken und Ärzten direkt Preise und Leistungen auszuhandeln.
Auch innerhalb der Versicherungsbranche brodelt es. So hatte unlängst der HUK-Coburg Vorsitzender eine grundsätzliche Reform der PKV gefordert. Der Vorstandsvorsitzende Dr. Hans Olav Herøy hatte auf einer Fachtagung des Verbandes der Betriebswirte für Versicherungen in Köln kritisiert, dass die PKV die „medizinische Inflation“ bei den Altersrückstellungen nicht beachte. Die Beiträge werden nach dem heutigen Kenntnisstand festgelegt. Die Weiterentwicklung der Medizin und damit die Verteuerung der Gesundheitsleistungen werden kaum beachtet. Diese fehlende Kalkulation stehe allerdings im Widerspruch zu den immer neu aufgelegten Einstiegstarifen, um Neukunden zu werben. Auf der anderen Seite müssen Altkunden mit steigendem Alter und innerhalb geschlossener Tarife immer höhere Beiträge zahlen, um die Ausgaben zu kompensieren.
PKV setzt weiterhin auf Unterstützung der Bundesregierung
Doch die Branche setzt anscheinend weiterhin auf die tatkräftige Unterstützung der schwarz-gelben Bundesregierung. Der Unterschied zwischen den Privaten und Gesetzlichen Krankenversicherungen wird zukünftig zunehmend verwischt werden. Damit bröckelt auch die Unabhängigkeit vom Staat an allen Ecken und Kanten. Schließlich darf die Frage nach einer Daseinsberechtigung der PKV gestellt werden, wenn Versicherungen auf Gesetzespakete und Unterstützungen des Staates angewiesen sind. Aus diesem Grund forderte auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) unlängst die Abschaffung der PKV zugunsten einer solidarischen Bürgerversicherung. Doch solche Vorschläge weist die Koalition von sich. Der CSU Politiker Singhammer hält die private Krankenversicherung trotz aller Probleme weiterhin für zukunftsfähig. Die PKV sollte allerdings darüber nachdenken die Verwaltungskosten zu senken und das Modell der Prämien für Neukunden überdenken. Nach Meinung des Gesundheitsexperten können so steigende Beiträge verhindert werden. (sb)
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Bild: Gerd Altmann/Gerold Meiners / pixelio.de
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