Sozialverband: Falsche Weichenstellung durch die Gesundheitsreform
"Die Gesundheitsreform geht in die falsche Richtung", kritisierte der Präsident des Sozial- und Wohlfahrtsverbandes Volkssolidarität, Prof. Gunnar Winkler, am Donnerstag im Zusammenhang mit der Behandlung des von der Regierungskoalition eingebrachten GKV-Finanzierungsgesetzes im Deutschen Bundestag am 12 November 2010. "Die Aufhebung der paritätischen
Finanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) führt dazu, dass allein die gesetzlich Versicherten die künftigen Kostensteigerungen im Gesundheitsbereich tragen müssen. Damit wird erneut eine wichtige Säule des Sozialstaats abgetragen. Die Volkssolidarität bewertet den schwerwiegenden Eingriff in das bewährte System der umlagefinanzierten GKV als eine
deutliche Verschlechterung für die übergroße Mehrheit der gesetzlich Krankenversicherten.
Winkler sagte weiter: "Mit der Festschreibung der Arbeitgeberbeiträge und der Entwicklung der Zusatzbeiträge zu einer Kopfpauschale werden die schon heute bestehenden Ungerechtigkeiten in der Finanzierung der GKV noch einmal drastisch verschärft. Während Niedrig- und Normalverdiener, viele Familien, Rentner und Arbeitslose deutlich höher belastet werden, bleiben Versicherte mit hohen Einkommen weitgehend verschont. Gleichzeitig wird die Abwanderung in die private Krankenversicherung erleichtert. Ungerecht und unsozial anders kann man diese Reform nicht bezeichnen. Daran ändert auch der
vorgesehene Sozialausgleich nichts, der viele Mehrbelastungen nicht ausgleichen wird.
Winkler wandte sich dagegen, mit dem neuen Gesetz verstärkt das Prinzip der Kostenerstattung in der GKV einzuführen. Mit der Kostenerstattung hält die "Vorkasse" in den Arztpraxen Einzug. Bisher gehörte es zu den großen Vorteilen der GKV, dass sich niemand gegen Barzahlung behandeln lassen musste. Dieses Sachleistungsprinzip soll nun über Bord geworfen werden. Damit droht die Tendenz, dass sich die heutige Zwei-Klassen-Medizin zunehmend in eine Mehrklassenmedizin verwandelt, bei der vor allem chronisch Kranke, Menschen mit Behinderungen sowie Bezieher niedriger Einkommen benachteiligt werden.
Die Volkssolidarität setze sich dafür ein, dass sich das Gesundheitssystem nicht von der Solidarität verabschiedet, betonte der Verbandspräsident. "Wir brauchen eine Rückkehr zur vollen paritätischen Finanzierung der GKV sowie eine Ausweitung ihrer Finanzierungsgrundlagen. Uns ist wichtig, dass jeder entsprechend seiner individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zur
Finanzierung der Gesundheitskosten beiträgt und jeder das gleiche Recht auf eine bedarfsgerechte gesundheitliche Versorgung hat." (pm, 11.11.2010)
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