FDP will die Stärkung der Privaten Krankenversicherungen. Ist das Solidaritätsprinzip gefährdet? Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) kritisiert die geplante Ausweitung der Zwangsrabatte auf die Private Krankenversicherung PKV.
(31.08.2010) Die Diskussion um eine Neustrukturierung der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) in Deutschland reist nicht nicht ab. Während die Stärkung der privaten Krankenversicherungen (PKV) ein erklärtes Ziel der Bundesregierung ist, waren die gesetzlichen Krankenkassen von den bisherigen Maßnahmen überwiegend negativ betroffen. Das Verbot von Wahltarifen bei den gesetzlichen Versicherungen, die Planungen zur Vereinfachung eines Wechsels zwischen GKV und PKV sowie die jetzt laut gewordene und von der FDP massiv unterstütze Forderung zur Ausweitung der gesetzlichen Zwangsrabatten für Medikamente auf die PKV´s, haben eindeutig eine Stärkung der privaten Kassen zur Folge, doch die gesetzlichen Versicherungen zahlen meist am Ende die Rechnung.
Solidaritätsprinzip in Gefahr.
Dem wachsenden Wettbewerbsdruck aus Richtung der PKV sind die gesetzlichen Krankenkassen kaum noch gewachsen, da sie unter den Folgen des demographischen Wandels sehr viel stärker leiden als die privaten. Dabei können sie keine Auswahl ihrer Kunden nach Alter, Gesundheitszustand etc. treffen, um die Kosten zu minimieren. So stellt sich für viele die Frage, warum die Bundesregierung die PKV´s, welche nur rund 10 Prozent der Bundesbürger versichern, so massiv unterstützt während die GKV´s – bei denen die restlichen 90 Prozent der Bevölkerung unter kommen – so fahrlässig demontiert werden. Insbesondere der Anspruch an eine wirtschaftliche bzw. gewinnorientierte Arbeitsweise der Versicherungen, kann langfristig unangenehme Folgen für die Versicherten haben. Während in den gesetzlichen Versicherungen bisher das Solidaritätsprinzip greift und finanzschwache Patienten, die hohe Kosten verursachen von den gesunden Besserverdienern mit getragen werden, ist dies in Zukunft nicht mehr gewährleistet. Denn die gesunden, gut verdienenden Mitglieder wechseln aufgrund der geplanten Änderungen vermehrt in die PKV und kehren im Zweifelsfall im Alter – mit einer Vielzahl an Gebrechen – als Kostenfaktor in die gesetzliche Versicherung zurück. Damit entsteht eine stetig wachsende Deckungslücke im Gesundheitssystem, die von Experten für das kommende Jahr bereits auf rund 11 Mrd. Euro geschätzt wird.
Krankenkassen Zusatzbeiträge keine Lösung.
Da der Gesundheitsfonds nicht genügend Mittel zur Verfügung stellt, um die Kosten zu tragen, bleiben den GKV nur Zusatzbeiträge als zusätzliche Finanzierungsquelle. Doch Zusatzbeiträge sind vielen Versicherten ein echter Dorn im Auge. Sie weigern sich zu bezahlen oder wechseln direkt die Versicherung. So meldet die Bild-Zeitung, dass bei der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) etwa zehn Prozent der 4,6 Millionen Mitglieder, bei der BKK Gesundheit und der BKK Heilberufe etwa 30 Prozent der Mitglieder ihren Zusatzbeitrag noch nicht gezahlt haben. Auch die Möglichkeit bei Zahlungsverweigerungen eine Art Bußgeld von mindestens 30,- Euro erheben zu können, hilft den GKV hier nur wenig.
Ausdehnung der gesetzlichen Zwangsrabatte für Medikamente auf die PKV: „Die Klientelpolitik geht weiter".
Mit der Ausdehnung der gesetzlichen Zwangsrabatte für Medikamente auf die PKV würde nun auch einer der letzten Wettbewerbsvorteile der GKV verloren gehen. So ist die Kritik des Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI), Dr. Bernd Wegener, durchaus berechtigt auch wenn der BPI diese wahrscheinlich eher aus Eigeninteresse äußert. "Seit Jahren kämpft die PKV zu Recht dagegen, gesetzlich an die GKV angeglichen zu werden. Jetzt verhöhnt sie ihre eigene Politik und fordert – wo es den eigenen Gewinnen dient – genau das“ – eine gesetzliche Gleichstellung, erklärte Dr. Wegener. „Von wegen Markt und Wettbewerbsfähigkeit der PKV: der Gesetzgeber soll jetzt besorgen, wozu die PKV, gewinnorientierte – häufig börsennotierte Aktiengesellschaften – nicht in der Lage ist. So schnell gehen Prinzipien der vorgeblichen Gralsritter des Marktes in der Krankenversicherung über Bord", echauffierte sich der Vorstandsvorsitzende des BIP weiter und betonte, das „genauso gut (…) ein Zwangsrabatt auf Kraftfahrzeuge eingeführt werden“ könne. In seinen Augen ist die Forderung nach gesetzlichen Zwangsrabatten ein klares Anzeichen dafür, dass die in der Vergangenheit stets hervorgehobene Wirtschaftlichkeit der PKV so nicht länger gegeben ist. Das ausgerechnet die FDP als Partei der Marktwirtschaft sich den Forderungen der PKV anschloss, ärgert Dr. Wegener besonders. Sein Fazit: „die Klientelpolitik geht weiter." (fp)
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Bild: Harry Hautumm / pixelio.de
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