Kinder sterben in den USA häufiger durch Waffen als durch Krebs: Kinderärzte warnen vor steigender Waffengewalt
08.01.2013
Unter amerikanischen Kinderärzten herrscht große Sorge – der Grund: Kinder und Jugendliche in den USA werden mittlerweile häufiger Opfer von Waffengewalt als von Krebserkrankungen. Zu diesem erschütternden Ergebnis kamen Judith und Sean Palfrey, beides praktizierende Kinderärzte an der Kinderklinik in Boston.
Studie bringt dramatische Zahlen zu Tage
Den Erkenntnissen der Ärzte nach waren im Jahr 2010 6.570 junge Menschen bis 24 Jahre im Zusammenhang mit Schusswaffen ums Leben gekommen, was im Schnitt sieben Opfer pro Tag bedeuten würde. Damit „verursachen Verletzungen durch Waffen doppelt so viele Todesfälle wie Krebs, fünf Mal so viele wie Herzkrankheiten und fünfzehn Mal so viele wie Infektionen“, so die beiden Ärzte in einem aktuellen Artikel des New England Journal of Medicine.
Die Zahlen alarmieren gerade in Hinblick auf die deutlich niedrigere Anzahl von Opfern durch Krebserkrankungen, denn Krebs gilt in der westlichen Welt für Kinder und Jugendliche nach wie vor als die häufigste lebensbedrohliche Krankheit und endet in den USA jährlich für etwa 3000 junge Menschen mit dem Tod.
Waffen spielen bei Suizid unter Jugendlichen die Hauptrolle
Der freie Zugang zu und Besitz von Waffen in den USA birgt jedoch nicht nur ein hohes Risiko, Opfer von Waffengewalt zu werden, sondern habe laut der Palfreys ebenso Einfluss auf Suizide unter Kindern und Jugendlichen: „Depressive junge Menschen können versuchen, Selbstmord zu begehen. Weniger als 5 Prozent solcher Versuche mit Medikamenten enden tödlich, aber 90% der Fälle, in denen Schusswaffen benutzt wurden.“
Forderung der Experten: Umgang mit Waffen verändern
Daher fordern die beiden Kinderärzte eine rigorose Veränderung des Umgangs mit Waffen in den USA – gerade angesichts des jüngsten Amoklaufs eines 20-jährigen, bei dem in einer Grundschule in Newton 26 Menschen ums Leben gekommen waren. Denn nur auf diesem Wege könnten den Autoren nach „unsere unnötig verstorbenen Kinder geehrt werden und unsere Nation den Verlust von wertvollem Leben verhindern“.
So verlangen die Palfreys zum einen „die Wiedereinführung des Verbots von Angriffs- und Armeewaffen, kleinere Magazine und eingeschränkte Munitions-Fähigkeiten“, zum anderen wird sich ganz deutlich gegen die nationale Schusswaffenvereinigung positioniert: "Anstatt die Zahl der Waffen in der Öffentlichkeit zu erhöhen, wie jüngst von der National Rifle Association vorgeschlagen, sollten wir das Ziel setzen, die Zahl der Waffen in unseren Häusern und Gemeinden zu verringern“, so die Experten.
Es sei an der Zeit, so die beiden weiter, die Möglichkeit zu nutzen, „unsere Kinder vor Verletzungen durch Feuerwaffen zu schützen, so wie es andere Länder auch getan haben. Ärzte, Lehrer, Stadt-und Staatsbeamte, sowie Waffenbesitzer, Familien und junge Menschen müssen mit kreativem und sinnvollem Engagement zusammen kommen, um die Gesellschaft zu verbessern.“ (sb)
Bild: Martin Schemm / pixelio.de
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