PKV will bei Ärztehonoraren sparen
Reform der ärztlichen Gebührenordnung: Honorarstreit zwischen Ärzten und privaten Krankenversicherungen spitzt sich zu.
(10.12.2010) Der Streit zwischen den privaten Krankenversicherung (PKV) und der Ärzteschaft um die Ausgestaltung der Gebührenverordnung spitzt sich zu. Während der PKV-Verband von der schwarz-gelben Bundesregierung bei der angekündigten Reform der ärztlichen Gebührenordnung (GOÄ) eine „Öffnungsklausel“ fordert, um zahnärztliche und ärztliche Leistungen auch außerhalb der staatlichen GOÄ verhandeln zu können, wehren sich die Ärzte vehement gegen eine derartige Umgestaltung der Gebührenordnung. Die PKV erhofft sich von der „Öffnungsklausel“ mehr Wettbewerb unter den Ärzten und damit sinkende Kosten, die Ärzteschaft befürchtet jedoch ein Preisdumping verbunden mit entsprechenden Einnahmerückgängen.
PKV fordern „Öffnungsklausel“ in der Gebührenordnung
Offenbar beflügelt von den Zugeständnissen, denen der Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) im Rahmen der Gesundheitsreform den Weg bereitet hat, gehen die privaten Versicherer in die Offensive und fordern von der Bundesregierung nicht nur eine grundlegende Modernisierung der GOÄ, welche mehr Transparenz in die Honorarregelungen bringen soll. Sie verlangen auch die Einführung einer „Öffnungsklausel“, um künftig direkt mit den Ärzten und Zahnärzten über Leistungen bzw. die anfallenden Kosten verhandeln zu können.
Bei den Ärzten trifft dieser regelmäßig vorgetragene Vorschlag von Selektiv-Verträgen auf massive Kritik. Sowohl die Bundesärztekammer (BÄK) als auch die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) sehen in der „Öffnungsklausel“ eine „ernsthafte Gefährdung der medizinischen und zahnmedizinischen Versorgung“. Einig sind sich die Ärzteschaft und die PKV hingegen in dem Punkt, dass die Gebührenverordnungen für die Ärzteschaft dringend überarbeiten werden muss. Denn die GOÄ, welche die Honorarzahlungen für die jeweiligen medizinischen Leistungen regelt, wurde bereits seit Jahrzehnten nicht aktualisiert. Daraus ergibt sich eine unübersehbare Diskrepanz zwischen den festgeschriebenen Leistungen bzw. Vergütungen und der medizinisch-technischen Realität. So werden zahlreiche neue innovative Behandlungsmethoden in dem bisherigen Leistungskatalog nicht einmal abgedeckt. Daher will die Bundesregierung aus CDU / CSU und FDP im nächsten Jahr die Modernisierung der GOÄ in Angriff nehmen, was das aktuelle Kräftemessen zwischen PKV und Ärzteschaft ein Stück weit erklären.
Ärzte befürchten Preisdumping
Der angestrebte Wettbewerb unter den Ärzten wäre „ruinös“, da der erhöhte Kostendruck zu nachlassender Behandlungsqualität führen würde, so die Position der BÄK und Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), spricht sogar von einer „Aldisierung der Medizin“. Neben dem abzusehenden Preisdumping würden die mit der „Öffnungsklausel“ ermöglichten Selektiv-Verträge auch die freie Arztwahl und die Therapiefreiheit beeinträchtigen, so die Befürchtung der Ärzteschaft. Die Ärzte sprachen sich für eine Fortführung der aktuellen staatlichen Gebührenordnungen ähnlich ihrer bisherigen Form aus, da sie eine „Schutzfunktion“ für die Ärzte und Patienten habe. Ohnehin nutze die „Öffnungsklausel“ den PKV nur zur Patientensteuerung und zur Erhöhung der eigenen Gewinne, so die Position der Ärzte.
PKV betonen die „Errungenschaften der Vertragsfreiheit“
Für die privaten Krankenversicherungen ist der Standpunkt der Ärzte hingegen nicht nachvollziehbar. „Die Verhandlungsfreiheit und das Instrument des Vertrages sind älter als die deutsche Sozialversicherung. Sie gehören zum Wesen unserer freiheitlichen Gesellschaft“, erklärte Reinhold Schulte, Vorstandsvorsitzender der privaten Krankenversicherung Signal Iduna gegenüber der Fachzeitschrift „Apotheken Umschau“. Schulte kritisiert, dass die Mediziner einerseits stets ihre Freiberuflichkeit betonen, mit der „Errungenschaft der Vertragsfreiheit“ anscheinend jedoch nichts anzufangen wissen. „Sie wollen wohl lieber eine zentralistisch von oben verordnete staatliche Vorgabe, anstatt eine transparente Vereinbarung selber auszuhandeln“, erklärte Schulte seine Sichtweise der Ärzteposition. Die Ärzte „setzen sich de facto für ein staatliches Verhandlungsverbot ein. Das hätte von einem Freien Beruf niemand erwartet“, so Schulte weiter.
Die von der Ärzteschaft befürchten Einschnitte in Form von Budgetierungen oder Deckelungen der Ausgaben, sind nach Aussage des PKV-Verbandes jedoch unbegründet. Entsprechende Ansätze befänden sich nicht im Konzept der privaten Krankenversicherung zur Reform der Gebührenverordnung, sondern die PKV wolle lediglich eine „Verbesserungen in der Qualität” ohne starre Vorgaben die keine Möglichkeit zur Abweichung bieten.
PKV erhoffen sich Kosteneinsparungen
Dass die privaten Versicherer mit der „Öffnungsklausel“ auch ihre Ausgaben senken wollen, um wettbewerbsfähiger und auch zukunftsfähiger zu sein, bestreitet auch der PKV-Verband nicht. Denn angesichts der Ausgabenzuwächse für ambulante Leistungen zwischen 2007 und 2009 um mehr als zwölf Prozent sowie ähnlicher Steigerungen im Bereich der Zahnleistungen, besteht aus Sicht der privaten Krankenversicherungen hier dringender Handlungsbedarf. Die „Öffnungsklausel“ sollte aus Sicht der PKV auch für die Ärzte kein Problem darstellen, da auch mit der vorgeschlagenen Anpassung der GOÄ die Verträge zwischen Ärzten und privaten Krankenversicherungen nur im beiderseitigem Einvernehmen abgeschlossen, also zur beiderseitigen Zufriedenheit getätigt werden können. Dabei verschweigen die privaten Versicherer jedoch, dass ihre Verhandlungsposition bei den entsprechenden Vertragsabschlüssen weit besser sein dürfte, als die der Mediziner. Mit ihrer Marktmacht wären sie durchaus in der Lage, die Preise für die medizinischen Leistungen erheblich zu drücken, was nicht unbedingt zum Vorteil für die Patienten und mit Sicherheit zum Nachteil für die Ärzte wäre. (fp)
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