Die Ayurveda Heilkunst wird neuerdings an der Hochschule gelehrt.
In Frankfurt (Oder) soll ab 2011 an der Europa-Universität Viadrina eine Gastprofessur für Ayurveda eingerichtet werden. Die Jahrhunderte alte indische Heilkunst ist seit den 80er Jahren auch in der westlichen Welt immer beliebter geworden und verschiedene Ayurveda-Techniken werden heute bereits in zahlreichen Wellness-Einrichtungen sowie in der Komplementär-Medizin deutschlandweit praktiziert. Generell geht es bei Ayurveda um alle Facetten des Lebens, wie der Münchner Mediziner Ulrich Bauhofer und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Ayurveda, im Gespräch mit Cornelia Steiner vom Braunschweiger Zeitungsverlag (newsclick.de) berichtet.
Ayurveda-Experte im Gespräch
Bereits ab Beginn des kommenden Jahres soll mit finanzieller Unterstützung der indischen Regierung ein Lehrstuhl für Ayurveda am Institut für Transkulturelle Gesundheitswissenschaften (IntraG) der Kulturwissenschaftlichen Fakultät an der Europa-Universität Viadrina angesiedelt werden. Ulrich Bauhofer, der als einer der führenden Ayurveda-Spezialisten außerhalb Indiens gilt, gab im Interview Auskunft über die Grundlagen von Ayurveda, klärte über die häufigsten Missverständnisse und Vorurteile auf und verdeutlichte die Unterschiede zur Schulmedizin.
Ayurveda und Esoterik?
Auf die Frage zu einem möglichen Zusammenhang von Esoterik und Ayurveda, betonte der Fachmann, dass Ayurveda übersetzt soviel wie „Wissen vom Leben“ bedeute und „die ayurvedische Medizin darum alle Facetten des Lebens“ berücksichtige, so dass natürlich auch der Geist und die menschliche Seele eine wichtige Rolle spielen bzw. „unsere spirituelle Dimension“. Aber mit Esoterik hat dies laut Bauhofer nichts zu tun. Spiritualität spielt bei der uralten Heilkunst jedoch eine besondere Rolle, denn „Ayurveda sieht den Menschen als Körper-Geist-Seele-Einheit“ Der Begriff „Ayurveda“ entstammt der Sprache Sanskrit. Hier ist das Wort für Gesundheit, „Swasthya“, was vom Sprachursprung her soviel bedeutet wie "im Selbst ruhen“, erklärt Bauhofer. Damit wird deutlich, dass in der ayurvedischen Heilkunst, das „Selbst eines Menschen (…) grundsätzlich gesund“ ist. „Wenn unsere Körperfunktionen im Gleichgewicht schwingen, erleben wir uns ganz in unserer Mitte, angebunden an das gesunde Selbst, das in jedem Menschen schlummert“, so der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Ayurveda.
Persönliches „Gleichgewicht“
Was er mit Gleichgewicht meint, erklärte Bauhofer wie folgt: „Unser Körper besteht aus hundert Billionen Zellen, die in einem komplexen Beziehungsgeflecht zueinander stehen.“ Bei gesunden Menschen sind die Körperfunktionen im Gleichgewicht und die Kommunikation im Inneren stimmt, so der Fachmann. „Ist sie (die Kommunikation) gestört oder unterbrochen, entsteht eine Krankheit.“ Allerdings ist der Weg zum Gleichgewicht nicht ganz so leicht, wie sich erhoffen ließe. „Mit Hilfe eines guten Arztes und durch eine gesunde Lebensweise“, könne dies erreicht werden erklärte Bauhofer, „indem wir die notwendige Empfindsamkeit und Achtsamkeit für das entwickeln, was uns persönlich nützt und was uns schadet.“
Oft leichter gesagt als getan, doch die ayurvedische Therapie und Prävention bieten mit einer stets „ganzheitlichen Strategie, die immer persönlich auf die Lebenssituation eines Menschen zugeschnitten ist“ eine gute Hilfestellung zur Erreichung des persönlichen Gleichgewichts, betonte der Fachmann. Neben dem Einsatz natürlicher Heilmittel sind dabei „vor allem auch (…) Ernährung, Entgiftung, Entspannung und Bewegung“ besonders wichtig. Mit Hilfe der entsprechenden Maßnahmen achtet ein ayurvedischer Arzt darauf, dass sich „alle Maßnahmen in ihrer Wirkung verstärken und den Organismus im Gleichgewicht halten oder – im Falle einer Krankheit – die innere Balance wieder herstellen“.
Entgiftung und Entspannung
Entgiftungs- und Entspannungsverfahren, „die man auch zu Hause praktizieren kann, werden häufig vernachlässigt, stellen aber einen wichtigen Pfeiler für unsere Gesundheit dar“ erklärte Bauhofer auf genauere Nachfrage hin. Die Verfahren „helfen, die Kommunikationswege im Körper freizuhalten“. Denn genauso wie die Festplatten unserer Computer immer wieder gereinigt werden müssen oder ein Auto regelmäßig zum Ölwechsel muss, „müssen wir auch unseren Körper von Zeit zu Zeit entschlacken“, so Bauhofer. Um den Geist zu "säubern", sind bei der heutigen enormen psychischen Belastung im Alltag entsprechende Entspannungsphasen, die Entschleunigung und die Regeneration von entscheidender Bedeutung, betonte der Experte. Hier bietet „das System des Yoga, eine Schwesterdisziplin des Ayurveda, (…) zum Beispiel in der Transzendentalen Meditation hochwirksame Techniken, um unser System widerstandsfähiger gegen Stress zu machen“ erläuterte Bauhofer. Warum es dennoch vielen Menschen so schwer fällt ihren Alltag gesünder zu gestalten, konnte jedoch auch der Fachmann nicht eindeutig erklären. Meist seien „alte, eingefahrene Gewohnheiten“ schuld, wobei Ulrich Bauhofer rät „schlechte, ungesunde Gewohnheiten langsam und in kleinen Schritten durch gute (zu) ersetzen“. Hier sollten sich die Menschen „nicht gleich zu viel vornehmen“, sondern mit kleinen Maßnahmen beginnen, die ihnen leicht fallen, erklärte Bauhofer gegenüber der .
Schulmedizin und Ayurveda
Auf die Frage nach den Unterschieden zwischen einem Ayurveda-Mediziner und den Schulmedizinern, erklärte Ulrich Bauhofer, dass die „westliche Schulmedizin (…) sich primär um die Krankheit, also zum Beispiel einen Bluthochdruck, ein Magengeschwür oder einen Bandscheibenvorfall“ kümmert. Hingegen würde „der Ayurveda-Arzt (…) sich immer um den Menschen, der die Krankheit hat, sowie das Ungleichgewicht im Organismus, das der Krankheit kausal zu Grunde liegt“ bemühen. Zudem sei es für den Ayurveda-Behandler wichtig, die Menschen möglichst schon zu sehen, wenn sie gesund sind, betonte der Fachmann. Auch wenn „eine Krankheit ausgebrochen ist, therapiert der ayurvedische Arzt immer ganzheitlich, nimmt seinen Patienten mit in die Verantwortung und macht ihm klar, dass Gesundheit nicht auf Rezept zu haben ist“.
Ein Vorgehen, dass viele von uns sich auch von Ihrem schulmedizinischen Arzt wünschen würden. Abschließend verwies Bauhofer im Zuge der Frage nach der Eignung von Ayurveda für die Anwendung in Deutschland darauf, dass Ayurveda die „Gesetzmäßigkeiten, nach denen das Leben funktioniert“ beschreibe – und diese Grundregeln überall gelten. „Ziel des Ayurveda ist ein gesundes, erfülltes, glückliches und langes Leben“ erklärte der Experte und stellte die Gegenfrage: „Streben danach nicht die Menschen auf der ganzen Welt?“ (fp, 25.10.2010)
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Bild: Günter Hommes / pixelio.de
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