Keimbelastungen und Qualitätsmängel: Das Verbraucherministerium hat Keime in Eis von Eisdielen gefunden.
Das hessische Landeslabor hat bereits im August die Ergebnisse einer Untersuchung veröffentlicht, bei der jede siebte Eisprobe zu hohe Keimbelastungen aufwies. Jetzt kommt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (NRW) in einer eigenen Studie zu ähnlichen Resultaten. Demnach wies ein Viertel der Proben eine zu hohe Belastung mit Enterobakterien auf und bei rund 20 Prozent der Milcheis-Proben bestand mehr als die Hälfe des Fettanteils aus Fremdfett.
Von Ende Juli bis Mitte August 2010 testete die Verbraucherzentrale an 39 festen und fünf mobilen Standorten jeweils eine Portion Vanilleeis im Becher. Im Labor wurden die Proben anschließend auf die Keimbelastung und den Fremdfettanteil untersucht. Dabei lag bei rund einem Viertel der Proben eine erhebliche Verkeimung mit Enterobakterien – von mehr als 500 Keimen pro Gramm – vor. Somit war nicht nur der Richtwert sondern auch der Warnwert überschritten und das Eis hätte eigentlich nicht mehr verkauft werden dürfen. Zudem lag bei jeder fünften Eisprobe der Anteil des Fremdfetts am gesamten Fettgehalt bei über 50 Prozent. Dies ist nach Aussage der Verbraucherzentrale Etikettenschwindel, da Milcheis ausschließlich unter Verwendung von Milchfett hergestellt werden dürfe. Über 40 Prozent der Proben wurden von der Verbraucherzentrale beanstandet.
Die hohe Keimbelastung lässt sich nach Aussage der Verbraucherschutzzentrale in erster Linie durch den inkonsequenten Umgang mit den Hygienevorschriften erklären, wobei insbesondere die Eisportionierer als Risikofaktoren anzusehen sind. Denn diese müssten nach jedem Gebrauch unter fließendem Wasser abgespült werden, in der Regel nutzen die meisten Eisdielen jedoch nur ein Gefäß mit stehendem Wasser für die Reinigung. So bilden die Portionierer einen Brutherd für Keime.
Direkt gesundheitsgefährdend sind Enterobakterien nur für Personen mit geschwächtem Immunsystem, bei denen sie Bauchschmerzen, Magen- und Darmerkrankungen und Durchfall auslösen können. So ist das Gesundheitsrisiko durch die Verkeimung zwar gegeben jedoch relativ gering. Schlimmer ist der Imageschaden den die Eisdielen durch die Ergebnisse der Untersuchung erleiden. Auch wenn Annalisa Carnio, die Sprecherin der Vereinigung der handwerklich arbeitenden italienischen Speiseeishersteller in Deutschland. (Uniteis e. V.) die Qualität der Produkte ihrer Verbandsmitgliedern ausdrücklich von den hier gewonnen Ergebnissen abgrenzt. Seit zehn Jahren seien ihr zu Folge keine Mängel in einem der Uniteis-Betriebe festgestellt worden, wobei etwa die Hälfte der handwerklichen Eisdielen in Deutschland bei Uniteis organisiert ist. Damit weiterhin keine Mängel auftreten werden die Uniteis Mitgliederrr regelmäßig von einem Hygieneinstitut beraten und geschult, denn „Qualität ist das erste Gebot“, betonte Annalisa Carnio. Grund für das schlechte Abschneiden vieler Eisdielen ist ihrer Ansicht nach auch, dass jeder eine Eisdiele aufmachen könne, ohne vorher die zweijährige Ausbildung zum Speiseeishersteller durchlaufen zu haben.
Als Konsequenz aus den Ergebnissen der Untersuchung fordert die Verbraucherzentrale schärfere und häufigere Kontrollen der Eisdielen und Verkaufsstände. Aus diesem Grund arbeitet die Verbraucherschutzzentrale auch eng mit der Lebensmittelüberwachung zusammen und reicht die Ergebnisse ihrer Untersuchungen an diese weiter. Die Lebensmittelüberwachung in NRW ist neben Herstellerbetrieben und Supermärkten auch für Eisdielen zuständig und hat nach Angaben des Landesverbraucherschutzministeriums im vergangenen Jahr rund 6000 Proben von Eis und Desserts genommen, wobei acht Prozent auf Basis der geltenden Vorschriften beanstandet wurden.
Die Eisdielen haben dieses Jahr ohnehin einen schweren Stand, da wegen des regnerischen Wetters und der nur kurzen Hitzewelle der Gesamtumsatz um durchschnittlich 20 Prozent zurückgegangen ist. Untersuchungsergebnisse wie jetzt aus NRW leisten da sicher keine Abhilfe und belasten die Branche zusätzlich. So wächst auch unter den Eisverkäufern das Interesse an der Einführung eines Anreiz-Bestrafungs-Systems, welches z. B. anhand von Smiley-Plaketten Lebensmittelbetriebe, die sich durch eine besonders gute Hygiene bei Kontrollen auszeichnen, prämiert und Betriebe, die negativ hervorstechen, schon beim ersten Verstoß (nach Ablauf der gesetzlich vorgegebenen Widerspruchsfrist) im Internet veröffentlicht. (fp)
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Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
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