Naturheilkunde: Dubiose Bundestags-Petition gegen das EU- Heilpflanzen Verbot
Viele Interessierte der Naturheilkunde, Heilpraktiker und Komplementärmediziner wurden in den letzten Tagen mit einer Flut von Mails und "kritischen Medienberichten" überschüttet. Es bestehe "dringender Handlungsbedarf", da die EU "ein Verkaufsverbot von Heilpflanzen" einführen wolle. Gleichzeitig wurde dazu aufgerufen, eine Online-Petition an den Deutschen Bundestag zu unterschreiben, um „dieses düstere Gespenst vielleicht doch noch abzuwehren“. Doch ist die natürliche Medizin tatsächlich so akut gefährdet, wie immer wieder in den letzten Tagen vorgebetet und behauptet wurde?
Das Komitee Forschung Naturmedizin e. V. (KFN) sagt eindeutig Nein. Und dabei steht die Vereinigung keineswegs in dem Verdacht, der „Schulmedizin“ oder der Pharmalobby in die Hände spielen zu wollen. Denn die KFN ist eine unter Heilpraktikern und Medizinern anerkannte Organisation, die nach eigenen Angaben die Erforschung von Verfahren der Naturmedizin fördern will. Nach Ansicht der KFN findet derzeit eine "regelrechte Desinformationskampagne" statt, die das „Engagement gutgläubiger Befürworter der Phytotherapie missbraucht. Mit ihrer dubiosen Aktion schaden die scheinbaren Retter der Phytotherapie nicht weniger als ihre erklärten Gegner" so die KFN. Eine drastische Kritik, die hier geäußert wird. Doch schauen wir uns die Fakten einmal etwas genauer an.
Entgegen der Behauptung der Autoren der Petition bezieht sich die angesprochene Richtlinie 2004/24/EG nicht auf „Nahrungsergänzungsmittel und Heilkräuter“ sondern ausschließlich auf „pflanzliche Arzneimittel“. Nahrungsergänzungsmittel sind rechtlich betrachtet Lebensmittel und bleiben deshalb von dieser Regelung gänzlich unberührt. Zudem ist die Gesetzesänderung keinesfalls neu, sondern die Richtlinie wurde bereits am 31 März 2004 verabschiedet.
Doch damit nicht genug, besonders absurd erscheint der KFN die derzeitige Kampagne, weil die neue Richtlinie (2004/24 EG) erst zustande kam, damit "diese Produkte auf dem Markt bleiben können", wie es dort im Erwägungsgrund 3 wörtlich heißt. Durch diese Richtlinie ist für diese Produktgruppe ein vereinfachtes Registrierungsverfahren eingeführt worden, nachdem die drei Jahre vorher verabschiedete Richtlinie 2001/83/EG für jeden Hersteller eines Arzneimittels die Pflicht vorsah, wissenschaftliche Unterlagen vorzulegen, die seine Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit belegen. Viele pflanzliche Arzneimittel mit langer Tradition konnten diese Anforderung nicht erfüllen. Sie hätten also ohne die Richtlinie 2004/24/EG vom Markt verschwinden müssen.
Auch für die Registrierung eines traditionellen Arzneimittels müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Sie sind im Kapitel 2a, Art.16a der Richtlinie aufgeführt. Traditionelle Arzneimittel müssen demnach bereits seit 30 Jahren, davon seit 15 Jahren in der EU, in Verwendung sein, sie dürfen nur eine bestimmte Stärke haben und sind lediglich in Dosierungen, die kein Risiko für den Patienten darstellen, vor allem für die Selbstmedikation, geeignet. Die Übergangsfrist zur Anpassung vorhandener Präparate an diese Bestimmungen läuft im April 2011 ab.
„Betroffen von den Bestimmungen kann nur derjenige Hersteller sein, der keine Hausaufgaben gemacht hat und alle Fristen tatenlos verstreichen ließ“, kommentierte Prof. Dr. Michael Habs den Vorgang. Es bleibt also festzustellen, dass derzeit eine Kampagne läuft, die keineswegs Verbraucherinteressen einschränken soll. Im Gegenteil: Es wird ein vereinfachtes Registrierungsverfahren für Naturheilkunde Produkte eingeführt. (sb, KFN, 10.11.2010)
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