Private Krankenversicherung: Leistungen und Qualität: ein Wechselgrund?
(21.09.2010) Die Diskussion um die Neuordnung der Krankenversicherungen reist nicht ab. Auch die privaten Krankenversicherungen (PKV) melden dabei in letzter Zeit immer häufiger Anspruch auf staatliche Unterstützung bei ihren Sparbemühungen an. So stand z. B. jüngst die Ausweitung der Arzneimittelrabatten im Fokus der öffentlichen Diskussion. Dieses Vorgehen sei branchenschädigend, erklärte jetzt Christoph Helmich vom Vorstand der Continentale Krankenversicherung und fordert daher die Rückbesinnung auf die klassischen Vorteile und Leistungen in der PKV.
Rabatt- und Preisdiskussion schädlich für die PKV.
Wenn die privaten Krankenversicherungen auch in Zukunft durch Leistung und Qualität Kunden gewinnen wollen, dürfen sie sich nach Ansicht des Continentale Vorstands nicht über Rabatte und Preise definieren. D. h. sie müssen darauf achten, in der öffentlichen Diskussion nicht nur mit ihren Sparbemühungen und günstigen Preisen wahrgenommen zu werden, denn für die kostengünstige Grundversorgung im Gesundheitssystem sind die gesetzlichen Krankenversicherungen vorgesehen. Mit den jetzigen Äußerungen nehmen sich die PKV nach Ansicht des Continentale Vorstands ihre eigene Existenzberechtigung. Denn die privaten Versicherer stehen bisher für hohe Qualität und zusätzliche Leistungen, die stets betonten Sparmaßnahmen gehen jedoch zu Lasten der Qualität und der Zusatzleistungen. “Wir müssen wieder mehr über die Leistungsseite reden – darüber, wo wir besser sind”, erklärte Christoph Helmich.
Gleichbehandlung von PKV und GKV unangebracht.
Der Continentale Vorstand kritisierte außerdem, dass die privaten Krankenversicherungen zwar Kostenreduzierungen anstreben, diese bei den Versicherten jedoch nicht durch Beitragssenkungen oder zusätzliche Leistungen ankommen: „Mehr Geld ohne mehr Leistung ist nicht fair.“
Insbesondere die Gleichstellung mit den GKV bei den Arzneimittelrabatten ist Christoph Helmich ein weiterer Dorn im Auge. Das ausgerechnet die PKV, welche stets ihre Unterschiede zu den gesetzlichen Krankenkassen betont haben, jetzt eine Gleichbehandlung fordern grenzt an einen Offenbarungseid. Das die schwarz-gelbe Bundesregierung den PKV an dieser Stelle, entgegen aller Betonung der liberalen Marktkräfte, den Weg geebnet hat, ist nach Einschätzung einiger Experten auch als Anzeichen für die schlechte Situation der privaten Krankenversicherungen zu werten. CDU / CSU und FDP versuchen demnach schlichtweg die privaten Krankenversicherungen vorm Bankrott zu schützen – notfalls auch zu Lasten der gesetzlichen Versicherungen. Denn diese bekommen in jüngster Zeit einen immer stärkeren Wettbewerbsdruck aus Richtung der privaten Versicherer zu spüren.
Stärkere Zusammenarbeit trotz eindeutiger Abgrenzung zwischen GKV und PKV.
Wer jedoch die gleichen Vorteile fordert sollte auch die gleichen Nachteile haben. Keine der privaten Krankenversicherungen würde allerdings auch nur im Traum darauf kommen jeden Patienten aufzunehmen, wie es bei den GKV Standard ist. So ist die momentan eingeschlagene Richtung nach Ansicht des Continentale Vorstands eindeutig der falsche Weg. Vielmehr sollte für die Zukunft weiterhin eine klare Abgrenzung zwischen PKV und GKV durch besondere Qualität und zusätzliche Leistungen angestrebt werden. Dabei ist jedoch eine engere Zusammenarbeit zwischen den beiden Versicherungssystemen auch aus Sicht von Christoph Helmich durchaus wünschenswert.
Zusatzpolicen speziell auf die GKV abstimmen.
Demnach sollten die PKV zum Beispiel im Bereich der Zusatzversicherungen enger mit den gesetzlichen Kassen zusammenarbeiten und ihre Zusatzpolicen speziell auf die GKV und die Bedürfnisse der gesetzlich Versicherten abstimmen. Zudem ist aus Sicht des Continentale Vorstands auch im Bereich des Vertriebes eine bessere Kooperation gut vorstellbar. Für die Zukunft wäre außerdem bei den Leistungen ein Ausbau der Zusammenarbeit, zum Beispiel in Form gemeinsam genutzter Ärzte- oder Krankenhausnetze, wünschenswert, erklärte Christoph Helmich.
Zusammenarbeit als lukratives Geschäftsfeld.
In der engeren Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Versicherungen sehen viele PKV ein für die Zukunft lukratives Geschäftsfeld. Insbesondere in Bezug auf Konditionen der medizinischen Leistungserbringung eröffnen sich nach Ansicht des Continentale Vorstands hier ganz neue Perspektiven. Außerdem besteht laut Christoph Helmich vor allem bei den Serviceleistungen – wie Soforthilfe, Rund-um-die-Uhr-Notfallhilfe, medizinischer und psychologischer Betreuung Erkrankter und Verletzter im Ausland oder medizinischer Betreuung während einer Reise – noch erheblicher Ausbaubedarf.
70 Prozent sehen besser Leistung bei den PKV, 32 Prozent würden die Versicherung wechseln.
In seinen Aussagen beruft dich Christoph Helmich auf eine aktuelle Studie, welche das Meinungsforschungsinstitut TNS Infratest im Namen der Continentale Krankenversicherung durchgeführt hat. Die Studie kommt unter anderem zu dem Ergebnis kommt, dass sich über 70 Prozent der Befragten von einer privaten Krankenversicherung im Vergleich zu einer gesetzlichen umfassendere Leistungen versprechen und 32 Prozent der Versicherten wechseln würden, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten. Daher wurden die jetzt verabschiedeten Regelungen zur Vereinfachung eines Wechsels in die PKV auch von Seiten des Continentale Vorstands durchaus begrüßt.
Versicherungswechsel in die PKV ab 2011 erleichtert.
Während Versicherte bisher nur bei einem über drei Jahre hinweg oberhalb der sogenannten Versicherungspflichtgrenze liegenden Mindesteinkommen in die PKV wechseln konnte, besteht ab 2011 die Möglichkeit bei einmaligem erreichen eines Jahreseinkommen von mindestens 49.950 Euro im Jahr eine private Krankenversicherung abzuschließen. Ob dies jedoch die von den PKV erwartete Wechselwelle auslösen wird, bleibt abzuwarten. Denn die Vorbehalte bei den Versicherten gegenüber privaten Krankenversicherungen wachsen. Insbesondere die schwer kalkulierbaren Kosten, welche mit einer chronischen Erkrankung oder im Zuge vermehrter Altersleiden auf die Patienten zukommen, wirken hier noch abschreckend.
56 Prozent halten Chefarztbehandlung verzichtbar.
So haben auch im Rahmen der Continentale Studie zwei Drittel der Versicherten angegeben, dass ein Versicherungswechsel für sie keine Option ist. Nur 40 Prozent der Befragten sind demnach davon überzeugt, dass die Privatversicherer dauerhaft bezahlbare Preise sichern können, allerdings gehen auch bei den gesetzlichen Krankenkassen nur 56 Prozent davon aus. Bei der Studie hat TNS Infratest die Versicherten auch nach den PKV-Leistungen gefragt, auf die sie am ehesten verzichten können. So halten 56 Prozent der Versicherten die Chefarztbehandlung für verzichtbar, 54 Prozent die Gesundheitsvorsorge, 53 Prozent die Unterbringung im Zwei-Bett-Zimmer im Krankenhaus und 53 Prozent die Leistungen der Naturheilkunde. Betrachtet man nur die Antworten der privat Versicherten, empfinden sogar 60 Prozent von ihnen die Chefarztbehandlung als verzichtbar, 63 Prozent die Prävention, 50 Prozent die kürzeren Wartezeiten für Privatpatienten und 49 Prozent die Unterstützung bei der Arztsuche. (fp)
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