Wie die Lebensmittelindustrie Verbraucher mit Salz, Zucker, und Fett süchtig macht
23.04.2014
Zucker, Fett und Salz sind ungesund – das weiß jeder. Dennoch nehmen viele Menschen großen Mengen in Form von Snacks wie Süßigkeiten und Chips zu sich, denn die Stoffe wecken Glücksgefühle. Gleichzeitig sorgen sie jedoch für reichlich unerwünschte Kilos auf den Hüften und können sogar abhängig machen. Viele Lebensmittelhersteller nutzen das aus und bringen gezielt Produkte mit „Suchtpotential“ auf den Markt. Die Verbraucher werden dabei häufig mit irreführenden Werbeslogans und aufwertenden Beschreibungen und Bildern auf der Verpackung getäuscht, so dass nicht unmittelbar erkennbar ist, dass es sich um ungesunde Dickmacher handelt, die bei häufigem Verzehr sogar die Entstehung schwerer Erkrankungen begünstigen können.
Lebensmittelindustrie setzt auf Suchtpotential von Fett, Zucker und Salz
Wer Fett, Salz oder Zucker zu sich nimmt, stimuliert damit das körpereigene Belohnungssystem. Denn durch den Verzehr von kalorienreicher Nahrung steigt der Dopaminspiegel viel stärker als bei kalorienarmen Lebensmitteln. In der Folge entstehen Glücksgefühle. Da der Mensch diese positiven Gefühle möglichst häufig erleben möchte, isst er immer häufiger mehr kalorienreiche Lebensmittel mit den „Glücksboten“.
Dieses Verhalten zeigten bereits unsere Vorfahren in der Steinzeit, wenn auch aus einem anderen Grund: Sie benötigten hochkalorische Nahrung zum Überleben. Zudem lernten sie, dass süße Früchte nicht giftig waren und viel Energie lieferten. „Die Menschen haben sich nicht in einer Umgebung entwickelt, in der es viel süßes Essen gab“, erläutert der amerikanische Journalist Michael Moss in seinem Buch „Das Salz-Zucker-Fett-Komplott“. Die Menschen gewöhnten sich demnach bereits früh an süße und fettige Kalorienbomben.
Zucker und Fett können wie Drogen wirken
Eine Versuchsreihe mit Ratten bestätigte das hohe Suchtpotential von Zucker und Fett. Im Gehirn der Nager, die über einen längeren Zeitraum fett- und zuckerreiche Nahrung erhielten, zeigten sich ähnliche Veränderungen wie bei drogensüchtigen Ratten. Je mehr sie von der energiereichen Kost fraßen, desto mehr benötigten sie, um die künstlichen Glücksgefühle zu erleben, bis sie vollständig die Kontrolle über ihr Essverhalten verloren hatten. Zu diesem Zeitpunkt waren die Ratten zucker- und fettabhängig abhängig.
Die Lebensmittelindustrie verschweigt diese Wirkung von hochkalorischer Nahrung meist oder verwendet Begriffe wie „Vorliebe“ oder „Verlangen“. So wie den Ratten ergeht es jedoch auch vielen Menschen. Irgendwann verlieren sie die Kontrolle über ihr Essverhalten und nehmen drastisch zu. Moss verdeutlicht diesen Zusammenhang anhand der der steigenden Zahlen fettleibiger Kinder in den USA. Von 2006 bis 2008 habe sich ihr Anteil von 15 auf 20 Prozent erhöht, so der Ernährungsexperte. Unter den Erwachsenen seien etwa 35 Prozent von Adipositas betroffen.
In Deutschland leiden mehr als 23 Prozent der Deutschen an schwerer Fettleibigkeit, wie eine Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI) zur Gesundheit Erwachsener (DEGS) ergab. Demnach sind über neun Millionen Männer und zehn Millionen Frauen hierzulande schwer übergewichtig.
Fett enthält doppelt so viele Kalorien wie Zucker
Neben Zucker ist vor allem Fett ein heimtückisches Suchtmittel. Es kann kann andere Aromen entweder verbergen oder betonen, macht Chips knusprig und bietet unschlagbare Vorteile für die Lebensmittelindustrie: Fett ist billig und verlängert die Haltbarkeit von Lebensmitteln. „Außerdem explodiert sein Geschmack nicht derart auf der Zunge wie etwa Zucker. Sein Suchtpotenzial kommt subtiler daher“, berichtet Moss. Fett sei insbesondere aufgrund der vielen Kalorien so beliebt beim menschlichen Gehirn. Im Vergleich zu Zucker sei Fett doppelt so energiereich. „Der Körper schätzt Fett sogar so sehr, dass er den Mechanismus, der uns von übermäßigem Fettkonsum abhalten soll, extra langsam deaktiviert“, schreibt Moss. Noch fataler sei die Verbindung von Fett mit geringen Mengen von Zucker. „Wird das Gehirn mit dieser Kombination konfrontiert, verliert es das Fett voll und ganz aus den Augen.“
Salz im Übermaß gefährdet die Gesundheit
Salz verleiht vielen Lebensmitteln einen wunderbaren Geschmack. Im Übermaß kann es jedoch die Gesundheit gefährden, indem das in Kochsalz enthaltene Natrium dem Körper Flüssigkeit entzieht und in die Blutbahn überführt. Auf diese Weise erhöht sich die Blutmenge, so dass das Herz mehr pumpen muss. In der Folge kann Bluthochdruck entstehen. Vor allem Fertigprodukte wie Tiefkühlpizza, Nudelgerichte und Fertigsoßen enthalten viel Salz.
Besonders kritisch sehen Verbraucherschützer, dass häufig auch in speziellen Kinderprodukten wie Bärchenwurst oder Kuh-Pudding viel zu viel Salz, Fett und Zucker enthalten ist. Verzehren die Kinder derartige Produkte, ist das nicht nur ungesund, sie lernen bereits früh, wie süß oder salzig etwas schmecken sollte. Andere weniger süße oder salzige Produkte, die aber gesünder sind, werden dann als nicht wohlschmeckend empfunden. „Produkte für Kinder sind nicht nur Kalorienquellen, sie beeinflussen die Gesundheit“, betont auch Moss in seinem Buch.
Untersuchungen mit Säuglingen haben gezeigt, dass Kindern erst ab einem Alter von etwa sechs Monaten beigebracht werden kann, den salzigen Geschmack als angenehm wahrzunehmen. Davor mögen Babys kein Salz. „Wenn das geschehen ist, hat Salz einen tiefgreifenden Einfluss auf ihre Essgewohnheiten“, so der Ernährungsexperte.
Vermarktung von kalorienreichen Lebensmitteln ist oft irreführend
Meist werden ungesunde Lebensmittel nicht als solche ausgewiesen. Und schlimmer noch: Mit bunten Farben und kreativen Werbeslogans werden Chips und Schokolade zu „Wohlfühl-Produkten“ gemachten, die gemütlich auf dem Sofa in entspannter Atmosphäre mit dem oder der Liebsten gegessen werden. In der Werbung sehen die Konsumenten der Kalorienbomben weder dick noch krank aus, so dass dem potentiellen Kunden vorgegaukelt wird, dass ein Stückchen Schokolade oder ein paar Chips gut für die Seele und auch nicht schlecht für die Figur sind.
Moss weist in seinem Buch auf einen weiteren wichtigen Faktor hin: „Ein häufig unterschätzter Aspekt der Lebensmittelvermarktung ist die scheinbar statische, vertraute Aufteilung im Supermarkt.“ So würden die verlockendsten Produkte, die die höchsten Gehalte von Salz, Zucker und Fett aufweisen, auf Augenhöhe platziert. Schokolade und andere Süßigkeiten befinden sich zudem häufig vor den Kassen, wo sie insbesondere von Kindern wahrgenommen werden. (ag)
Bild: Thomas Siepmann, Pixelio.de
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