Geringes Wasserlassen, auch Oligurie genannt, bedeutet, dass innerhalb von 24 Stunden weniger als 500 Milliliter Urin ausgeschieden werden, verteilt auf circa drei bis viermal Wasserlassen am Tag. Die Ursache dafür können eine zu geringe Trinkmenge, aber auch Erkrankungen im Bereich des Urogentialtraktes sein. Auch bei Babys kann zu geringes Wasserlassen auftreten, zum Beispiel, wenn sie einen zu schwachen Saugreflex besitzen, Fehlbildungen im Mund haben oder aufgrund einer vorliegenden Krankheit zu schwach sind.
Normale Urinmenge
Eine normale tägliche Urinmenge beträgt circa ein bis eineinhalb Liter, wobei die Häufigkeit des Toilettengangs von verschiedenen Faktoren abhängt.
Anurie
Die Anurie ist die Steigerungsform der Oligurie. Hier beträgt die tägliche Urinmenge nur noch etwa 100 Milliliter. Dies ist ein Notfall, der sofort in eine Klinik gehört.
Ursachen
Die Ursachen für geringes Wasserlassen sind sowohl prärenal (vor der Niere), renal (in der Niere) als auch postrenal (nach der Niere) anzutreffen.
Prärenale Ursachen
Zu den prärenalen, nicht krankhaften Ursachen gehört eine zu geringe Trinkmenge. Dies ist häufig bei älteren Menschen der Fall. Das Durstempfinden nimmt ab und die Betroffenen vergessen ganz einfach zu trinken. Eine Exsikkose (Austrocknung), bedingt durch Durchfall, Erbrechen, hohes Fieber, starkes Schwitzen oder Hitzschlag kann ebenso zu geringem Wasserlassen führen. Eine weitere Ursache, die sich vor der Niere abspielt, ist die Herzinsuffizienz. Dabei lagern die Betroffenen Wasser im Gewebe ein, anstatt dieses auszuscheiden.
Hoher Blutverlust und ein anaphylaktischer Schock können ebenso zu einer Oligurie führen. Ist ein zuführendes Gefäß zur Niere durch eine Thrombose, eine Embolie oder einen Tumor verlegt, kann dies gleichermaßen geringes Wasserlassen bedingen. Zu den prärenalen Ursachen gehören auch Elektrolytstörungen, wie zum Beispiel Hyponatriämie (zu wenig Natrium im Blut) und Hypokaliämie (zu wenig Kalium im Blut). Beide Mineralstoffe, sowohl Natrium als auch Kalium, haben im Körper eine äußerst wichtige Aufgabe: Sie sorgen für ein Gleichgewicht im Flüssigkeitshaushalt.
Geringes Wasserlassen kann nicht zuletzt im Zusammenhang mit der hormonellen Erkrankung Morbus Addison auftreten. Dies ist eine schwere Erkrankung der Nebennierenrinde. Weitere Ursachen für eine Oligurie sind Röntgen-Kontrast-Mittel und Medikamente, die die Niere schädigen.
Renale Ursachen
Zu den renalen Ursachen einer Oligurie gehören Entzündungen des Nierengewebes, wie dies zum Beispiel bei einer Glomerulonephritis der Fall ist, des weiteren Zystennieren, chronische Niereninsuffizienz, Nebenniereninsuffizienz, Infektionen (zum Beispiel Pyelonephritis = Nierenbeckenentzündung), Schwangerschaftstoxikose (syn. EPH-Gestose: Blutdruckerhöhung, Eiweiß im Urin und Ödeme) und Vergiftungen (z.B. Quecksilber)
Postrenale Ursachen
Postrenale Ursachen liegen, wie der Name schon sagt, hinter der Niere. Dies sind Verlegungen der ableitenden Harnwege, bedingt durch Narben, Tumore, Steine oder eine Prostatahypertrophie (Vergrößerung der Prostata).
Diagnose
Bei zu geringem Wasserlassen werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt, um schnellstmöglich die Ursache zu finden und daraufhin richtig behandeln zu können.
Um die Urin-Tagesmenge zu überprüfen wird 24 Stunden lang der Urin gesammelt. Ist der Patient im Krankenhaus, wird die zugeführte Flüssigkeitsmenge genau notiert und daraufhin, eventuell mittels Katheter, bis zu stündlich die ausgeschiedene Menge kontrolliert. Eine durchgeführte Sonographie der Nieren, Harnleiter, Harnröhre, Blase, Prostata und aller dazugehörigen Gefäße verschafft einen Überblick über das gesamte Urogenitalsystem und stellt vorliegende pathologische Veränderungen dar. Genauere Untersuchungsmöglichkeiten sind CT (Computertomographie) oder MRT (Magnetresonanztomographie). Besonders wichtig sind zudem Laboruntersuchungen von Blut und Urin. Harnpflichtige Substanzen, die normalerweise ausgeschieden werden müssen, können hiermit festgestellt werden.
Therapie
Die Therapie von geringem Wasserlassen liegt in der Behandlung der Grunderkrankung. Wichtig ist, ein zu geringes Ausscheiden unbedingt ernst zu nehmen und so schnell, wie möglich einen Arzt aufzusuchen. Bei älteren, allein lebenden Menschen wird dies meist recht spät festgestellt. Symptome der Exsikkose sind stehende Hautfalten, Schwindel, Schwäche, Mundtrockenheit, trockene Achselhöhlen, Verwirrtheit, verminderte Füllung der Jugularvenen (wichtige venöse Gefäße der Halsregion) bis hin zu Hypotonie (niedrigem Blutdruck), Sturzneigung, Schock und akutem Nierenversagen. Bei Verdacht auf Exsikkose gehört dieser Patient sofort in ein Krankenhaus.
Geringes Wasserlassen durch zu wenig Flüssigkeit
Geringes Wasserlassen durch zu wenig Flüssigkeit ist zwar leicht behandelbar, doch bei vielen Betroffenen nicht so leicht durchzuführen. Viele Menschen haben einfach keinen Durst, zumindest ist ihr Durstempfinden reduziert. Hier ist nicht nur von älteren Patienten die Rede. Häufig sind auch Kinder, Jugendliche und jüngere Menschen davon betroffen. Auf die Frage „Wie viel trinkst du oder trinken Sie?“ kommt die Antwort „Ich habe selten Durst.“ oder „Ein paar Tassen Kaffee am Tag, das reicht mir.“ Und dies reicht absolut nicht aus. Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) empfiehlt folgende Rechenformel: 35 ml Wasser pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag für Erwachsene. Bei Kindern hängt die Trinkmenge von Alter, Körpergewicht, Bewegung usw. ab. Hier werden 1,1 Liter Wasser als Minimum empfohlen.
Flüssigkeit ist lebenswichtig. Deshalb sollten Personen, die zu wenig trinken, versuchen, sich selbst zu überlisten und sich zu zwingen, mehr zu trinken. Vielleicht hilft eine große Kanne Wasser auf dem Schreibtisch, die unbedingt geleert werden muss, bevor die Arbeit zu Ende ist. Oder ein Glas Wasser, deponiert an einer Stelle, an der die Betroffenen oft vorbei kommen. Dies muss jedes Mal ausgetrunken werden und wird dann gleich wieder gefüllt. Wichtig ist auch, das bei sich tragen einer Flasche Wasser unterwegs, in der Stadt, im Auto – so dass immer die Möglichkeit zu trinken besteht.
In der Naturheilkunde wird gerne das Schüssler Salz Nr. 8 verordnet. Dies wirkt regulierend auf den Flüssigkeitshaushalt – und das in beide Richtungen. Mit Natrium chloratum D6 kann versucht werden, wieder ein ganz normales Durstgefühl zu entwickeln.
Zusammenfassung
Zu geringes Wasserlassen schadet der Gesundheit. Der Körper benötigt Flüssigkeit, um Überleben zu können. Wasser dient auch dazu, den Körper durchzuspülen und damit Schlacken nach außen zu befördern. Gifte können sich ansammeln und Schaden anrichten. Bei zu geringem Wasserlassen müssen unbedingt die Ursachen geklärt und behandelt werden. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Pschyrembel Online: www.pschyrembel.de (Abruf: 02.08.2019), Oligurie
- L. Weber: "Polyurie/Oligurie/Anurie", in: Pädiatrische Differenzialdiagnostik, Springer, 2014
- Richard Hautmann; Hartwig Huland: Urologie, Springer, 2013
- Ernst Lauda: Innere Sekretion, Stoffwechsel, Niere, Muskeln, Gelenke, Knochen, Infektionen, Intoxikationen, Springer, 1951
- Ulrike Zwergel; Jürgen Sökeland: Benigne Prostatahyperplasie: Grundlagen und Therapie, Springer, 2013
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.