Wofür brauchen wir Vitamin B12 und welche Folgen hat ein Mangel?
Vitamin B12 (Cobalamin) ist ein lebenswichtiges, wasserlösliches Vitamin, das der menschliche Körper nicht selbst herstellen kann. So ist er auf ständige Zufuhr über die Nahrung angewiesen.
Inhaltsverzeichnis
Die drei Formen
Das Vitamin wirkt im menschlichen Körper in drei Formen:
- Methylcobalamin wirkt im Zellplasma,
- Adenosylcobalamin in den Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen),
- und Hydroxocobalamin wirkt sowohl im Blut als auch im Zellplasma.
Methylcobalamin und Adenosylcobalamin sind Beides sogenannte „bioaktive Coenzyme“. Der Körper kann das Vitamin nur in diesen beiden Formen direkt verwerten. Das Dritte im Bunde, das Hydroxocobalamin ist kein Coenzym, sondern vor allem als Giftstoff- und Radikalfänger tätig.
Aufgaben
Vitamin B12 hat die vielfältigsten Aufgaben im menschlichen Organismus. Das Cobalamin ist beteiligt am Energiestoffwechsel, an der Blutbildung, der DNA-Synthese, am Folsäure-Stoffwechsel, am Abbau des Homocystein, an der Herstellung der Myelinscheide (Nervenscheide; isoliert die Nervenfasern) und einiger Neurotransmitter.
Zellteilung, Blutbildung, DNA Synthese
Am bekanntesten ist wohl die Wirkung des Vitamins B12 auf die Blutbildung. Ein ausgeprägter Mangel kann zur Anämie führen. Damit die Zellteilung richtig ablaufen kann, ist Cobalamin ebenso wichtig. Bei diesem Prozess ist auch Folsäure beteiligt. Bei Mangel können sogenannte Transkriptionsfehler während der DNA-Synthese entstehen, was längerfristig betrachtet eventuell zu einem erhöhten Krebsrisiko führen kann. Auch chronische Erkrankungen werden damit in Verbindung gebracht.
Die Bildung der roten Blutkörperchen, auch Erythropoese genannt, ist vom Vorhandensein des Vitamins abhängig. Ansonsten kann dies zu einer Reifungsstörung der roten Blutkörperchen führen. Diese sind dann nicht in der Lage, die nötige Menge an Sauerstoff aufzunehmen. Beschwerden wie Schwäche, Schwindel, Atemnot und Hypotonie weisen darauf hin.
Energiestoffwechsel
Die Werbung vermittelt uns, dass ein Mangel zu Energielosigkeit führen kann. Dieses B-Vitamin hat nämlich einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und das Energieniveau. Unsere Organismus benötigt für Alles, was er tut, Energie. Dafür ist Nahrung wichtig. Die daraus erhaltene Energie wird gespeichert und bei Bedarf abgerufen. In diesem komplizierten Prozess spielt Vitamin B12 eine große Rolle.
Aufbau der Zellmembran
Vitamin B12 ist bei der Bildung von Zellmembranlipiden beteiligt. Dieser Vorgang ist jedoch noch nicht genau erforscht. Die membranbildenden Lipide jedoch sind ein Bestandteil der Myelinscheiden. Diese wirken wie eine Schutzhülle um die Nerven, vergleichbar mit der Isolierschicht elektrischer Kabel. Fehlen diese Schutzhüllen, was durch einen Vitamin-B12-Mangel entstehen kann, leiden die Betroffenen unter Kribbeln, Muskelschwäche, Lähmungen, Koordinationsstörungen oder Gedächtnisstörungen. Im Gegenzug soll es auch eine regenerierende Wirkung auf Nerven haben.
Nitrosativer Stress
Nitrosativer Stress ist eine Art oxidativer Stress. Jedoch sind hier nicht die Sauerstoff-Radikale die Bösen, sondern die Stickstoffmonoxid-Radikale (NO). Zu viele davon belasten den Körper und können diesen schädigen. Nitrosativer Stress entsteht durch Entzündungen, Chemikalien, Medikamente, Nikotin, psychischen und physischen Stress. In normaler, ausgewogener Menge ist NO wichtig. So entspannt dies zum Beispiel die Gefäßinnenwände, was sich positiv auf einen zu hohen Blutdruck auswirkt. Vitamin B12, in der Form von Hydroxocobalamin kann sich gegen zu viele Stickstoffmonoxid-Radikale durchsetzen und macht NO unschädlich. Damit wird sogenannter nitrosativer Stress bekämpft.
Homocystein
Homocystein entsteht während des Eiweißstoffwechsels beim Abbau der essentiellen Aminosäure Methionin (aus Eiweißen der Nahrung). Homocystein wird im Blut oxidiert und greift dadurch die Innenseite der Blutgefäße an, was im Lauf der Zeit zu einer Arterienverkalkung und später dann zu einem Herzinfarkt führen kann. Vitamin B6, B12 und Folsäure können das gefährliche Homocystein abbauen.
Synthese von Neurotransmittern
Neurotransmitter sind Botenstoffe, die für eine Übertragung von Nervenimpulsen gebraucht werden. Es ist unverzichtbar für die Synthese verschiedener Botenstoffe wie Serotonin, Dopamin, Adrenalin, Noradrenalin und Acetylcholin.
Was Cobalamin alles kann
Cobalamin sorgt für ausreichend Energie und wirkt somit gegen Müdigkeit. Das Vitamin unterstützt das Wachstum der Nerven, ist bei der Produktion der Erythrozyten beteiligt, sorgt für eine gesunde Zellteilung, schützt die Gefäße, ist wichtig für Konzentration, gutes Gedächtnis und mentale Energie und wirkt sich positiv auf unsere Stimmung aus. Für Schwangere und auch für die erfolgreiche Empfängnis ist neben der Folsäure ein Vorhandensein von Vitamin B12 unerlässlich.
Zusammenspiel von Vitamin B12 und Folsäure
Vitamin B12 und Folsäure (auch Folat oder Vitamin B9 genannt) arbeiten im Körper eng zusammen. So sind die Beiden, wie bereits erwähnt, massiv bei dem Abbau des schädlichen Homocysteins beteiligt. Cobalamin ist nötig, um Folat (dies ist die natürliche, bioaktive Form der Folsäure) zu aktivieren. Das bedeutet, dass sich aus einem Vitamin-B12-Mangel ein funktioneller Folsäure Mangel entwickeln kann.
Das Vitamin in der Nahrung
Das Folat aus der Nahrung wird im menschlichen Organismus im Magen an den sogenannten Intrinsic Factor gebunden. So wird dies in das terminale Ileum (letzter Abschnitt des Dünndarms) transportiert, wo das Cobalamin dann an den Blutkreislauf abgegeben wird.
Ursachen: Was kann die Aufnahme von Vitamin B12 stören
Zu den Ursachen für eine gestörte Aufnahme von Vitamin B12 gehören eine Magenschleimhautentzündung, eine Entfernung von Teilen des Magens, eine sogenannte TYP-A-Gastritis ( eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper den eigenen Magen angreift und damit auch der Intrinsic Faktor nicht mehr richtig gebildet werden kann), eine atrophische Gastritis (atrophische Schleimhautveränderungen, Abnahme der Enzym- und Salzsäureproduktion), Medikamente (zum Beispiel Magensäureblocker) und chronische Darmentzündungen oder Entfernungen von Darmabschnitten.
Der Vitamin-B12-Mangel
Neben den oben genannten Ursachen, die einem Vitamin-B12-Mangel zugrunde liegen können, existieren noch Weitere. Dazu gehören:
- eine zu geringe Zufuhr mit der Nahrung, zum Beispiel durch eine strenge vegetarische oder vegane Ernährung;
- eine Malabsorption, bei der das Vitamin gar nicht erst vom Darm aufgenommen werden kann, wie dies zum Beispiel bei Zöliakie und auch einer exokrinen Pankreasinsuffizienz der Fall ist;
- starker Alkoholkonsum,
- ein Befall mit dem Fischbandwurm,
- eine Fehlbesiedelung des Darms,
- ein erhöhter Bedarf (zum Beispiel im Rahmen einer Infektion oder während der Schwangerschaft),
- Verdrängung durch B12-Analoga (zum Beispiel Spirulina),
- hohes Lebensalter
- oder das genetisch bedingte „Imerslund-Gräsbeck-Syndrom“.
Symptome Vitaminmangel
Die Leber kann Folat bis zu drei Jahre lang speichern. Deshalb treten Vitaminmangel-Symptome in der Regel erst nach einigen Jahren anhaltender Unterversorgung auf. Dazu gehören vor allem Müdigkeit, Erschöpfung und Blässe, ausgelöst durch die perniziöse Anämie (Vitamin B12 Mangelanämie).
Der Mangel beeinflusst zudem die Nerventätigkeit. Dadurch entwickeln sich Beschwerden, wie Missempfindungen an Händen und Füßen, Kribbeln, Lähmungen und nachlassende geistige Fähigkeiten. Ein bekanntes Anzeichen der Mangelsituation ist eine glatt rote Zunge, zusammen mit Zungenbrennen und Verletzungen der Mundschleimhaut. Weitere Symptome sind Abwehrschwäche, Blutungsneigung, Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme.
Täglicher Verbrauch – B12 in der Nahrung
Der tägliche Verbrauch eines Erwachsenen an Vitamin B12 beträgt laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ungefähr 4 µg (Mikrogramm), bei Schwangeren liegt der Wert bei 4,5 und bei Stillenden bei 5,5 µg. Vor allem in der menschlichen Leber sind ungefähr 2000 bis 4000 µg gespeichert. Bei einer Unterversorgung wird zuerst dies abgebaut.
Vitamin B12 ist fast ausschließlich in tierischen Produkten wie Fleisch, Wurst, Fisch, Milchprodukten und Eiern enthalten. Ausnahmen nicht tierischen Ursprungs, mit sehr geringer Konzentration sind Sauerkraut, Sanddorn und Shitake. Für den Tagesbedarf reichen beispielsweise 100 g Emmentaler, 70 g Rindfleisch, 100 g Lachs oder 60 g Hackfleisch aus. Hier wird bereits klar, dass strenge Vegetarier und vor allem Veganer einen Vitamin B12 Mangel entwickeln können.
Wie ein Mangel festgestellt wird
Die oben aufgeführten Symptome führen in der Regel zum Arzt. Dieser wird anhand einer ausführlichen Anamnese eine Blutuntersuchung und dazu noch einen Urintest anordnen. Die Ernährung wird besprochen, eventuell neu überdacht und geändert.
Ein ernährungsbedingter Mangel muss von einem resorptionsbedingten Mangel unterschieden werden. Dazu ist eine spezielle Untersuchung nötig. Grundsätzlich ist die Bestimmung der Ursache für die spätere Behandlung wichtig. Denn eventuell wird beispielsweise eine parenterale Zufuhr in Form von Spritzen oder Infusionen nötig. Damit wird anfangs hochdosiert der Körper wieder aufgefüllt. Danach folgt eine Erhaltungstherapie, häufig in Form von Tabletten. Ein nicht so gravierender Mangel kann auch durch orale Substitution ausgeglichen werden.
Wichtig für die orale Therapie ist die Art des Cobalamins, das in den Tabletten enthalten ist. Zu empfehlen sind Präparate, die Methylcobalamin, Hydroxocobalamin und Adenosylcobalamin enthalten. Diese drei Arten kommen auch in natürlichen Nahrungsmitteln vor und werden im Körper für unterschiedliche Aufgaben benötigt.
Zusammenfassung
Folat ist ein essentielles, lebenswichtiges Vitamin und gehört zu den B-Vitaminen, die vor allem für Nerven, Gehirn und Fitness verantwortlich sind. Ein Mangel kann ziemlich weitreichende Beschwerden auslösen und muss unbedingt behandelt beziehungsweise beseitigt werden. Hier ist eine Diagnose der Grunderkrankung unumgänglich. Personen, die über längere Zeit hinweg streng vegetarisch oder vegan leben, laufen Gefahr einen solchen Cobalamin-Mangel zu entwickeln. Hier ist eventuell an eine tägliche Substitution mit einem geeigneten Präparat zu denken.
Auch haben sich in wissenschaftlichen Untersuchungen Hinweise darauf ergeben, dass ein Zusammenhang zwischen Helicobacter pylori und einem Mangel an Vitamin B12 besteht. So wurde bei mehr als der Hälfte der Menschen mit Vitamin-B12-Mangel auch Helicobacter pylori im Magen gefunden. Bei 40 Prozent der Patienten stieg nach einer Behandlung der Helicobacter-Infektion auch der Vitamin-B12-Spiegel im Serum an. Eine B12-Malabsorption infolge von Helicobacter-pylori-Infektionen sollte hier als möglicher Auslöser des Vitamin-B12-Mangels und einer Hyperhomocysteinämie in jedem Fall berücksichtigt werden.
(sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., Referenzwerte Vitamin B12, (Abruf 25.06.2019), DGE
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- Bruce H.R. Wolffenbuttel, M. Rebecca Heiner Fokkema, Hanneke J.C.M. Wouters, Melanie M. van der Klauw: The Many Faces of Cobalamin (Vitamin B12) Deficiency, Mayo Clinic Proceedings: Innovations, Quality & Outcomes, (Abruf 25.06.2019), MAYO
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- Serin, E. et al.: Impact of Helicobacter pylori on the development of vitamin B12 deficiency in the absence of gastric atrophy. Helicobacter 2002; 7: 337–41. MEDLINE, NCBI
Wichtiger Hinweis:
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