Bewegungsmangel ist ein Phänomen der postindustriellen Gesellschaften. Noch vor wenigen Generationen mussten die Menschen sich bewegen, es sei denn sie gehörten zu den wenigen Privilegierten, die die körperliche Arbeit andere erledigen ließen.
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Heute findet der Großteil der Arbeit im Sitzen statt, im Büro vor dem Computer. Viele Jugendliche spielen mit dem Smartphone statt die Gummistiefel anzuziehen und in den Wald zu gehen, ihre Eltern sitzen nach acht Stunden im Büro vor dem Computer und bestellen sich Pizza statt frische Zutaten zu kaufen und selbst zu kochen.
Bewegungsmangel ein wachsendes Problem
Kinder haben immer weniger Möglichkeiten, sich körperlich zu beschäftigen: Autostaus in den Städten, überfüllte Wohnblöcke und Straßen engen die Möglichkeiten ein, sich auszutoben. Fernseher, Computer, Facebook und What ‘s App ersetzen virtuell die Abenteuer in der Außenwelt, statt mit der Clique trffen sich die Kids in Onlinecommunities.
Unsere Vorfahren hätten die technischen Hilfen der heutigen Gesellschaft bewundert, aber: Sind die Muskeln auf Dauer zu wenig belastet, sprechen wir von Bewegungsmangel. Der hat Folgen, denn wir müssen alle Organe in Anspruch nehmen, damit sie gesund bleiben.
Wissenschaftler vom Pennington Biomedical Research Center an der Louisiana State University fanden sogar heraus, dass Menschen die länger als drei Stunden am Tag sitzen, rund drei Jahre früher sterben.
Zerstückelter Lebensraum
Es ist wohlfeil, Menschen, die sich zu wenig bewegen, Faulheit zu unterstellen, frei nach dem neoliberalen Mantra: Jeder ist für sich selbst verantwortlich. Dabei sind die Freiräume, körperlich zu agieren, insbesondere in Großstädten eingeschränkt.
Straßen zerschneiden den Aktionsradius von Kindern so, dass sie ohne Gefahr kaum auf Freiflächen außerhalb der Wohnung ausweichen können. Eltern fürchten selbst auf dem Schulweg um ihre Kinder, und das oft zu Recht. Wenn Kinder in ihrem Spiel aufgehen, laufen sie real Gefahr, überfahren zu werden.
Menschen in Großstädten können sich selten große Gärten leisten. In der Zweizimmer-Wohnung mit Blick auf den Parkplatz des Penny-Marktes gibt es kaum Möglichkeiten, sich körperlich zu beschäftigen.
Es gibt immer weniger Freiflächen. Jugendliche, die Feuer machen, wild zelten, ein Floß bauen oder abseits der Wege im Wald herum laufen, gelten schon fast als Kriminelle.
Mit Pestiziden bespritzte und mit Gülle überdüngte Äcker machen selbst den ländlichen Raum für Kinder unattraktiv.
Psychische Folgen
Mangelnde Bewegung verstopft die Gefäße, in der Folge wird das Gehirn weniger durchblutet. Betroffene leiden unter Konzentrationsschwäche und Lernstörungen. Sinkt mit dem Bewegungsmangel die Leistung, gelten die Betroffenen als unsportlich und nehmen an dem körperlichen Austesten ihrer Altersgenossen nicht mehr teil.
Ihr Selbstbild ist gefährdet, und das führt schnell dazu, dass sie sich sozial isolieren. In der Folge verstecken Sie sich womöglich noch mehr hinter der Playstation, kompensieren ihren Frust durch fett- wie zuckerreiches Essen und geraten so in einen Teufelskreis.
Bewegungsmangel lähmt die Kreativität. Kreativität ist nämlich kein rein geistiger Prozess. Kreative Menschen nutzen Materialien aus der Umgebung und schaffen daraus etwas neues. Grafikprogramme können Malen, Schnitzen oder Töpfern nicht ersetzen. Wir lernen dadurch, dass wir Dinge im Wortsinn begreifen. Virtuelle Realitäten können diese Dinge nicht ersetzen.
Sich zu wenig zu bewegen schränkt die Selbstständigkeit ein und verhindert die Selbstbestimmung. Wer im Vollbesitz seiner körperlichen Fähigkeiten ist, kann sich zumindest vorstellen, wie er sich ein Lager im Wald baut, wenn seine Wohnung abbrennt, oder wie sie sich durch schlägt, ohne Internet zu haben.
Neugier und Entdeckerfreude haben viel mit Bewegung zu tun. Wenn wir herum wandern, sehen wir Neues, wir entdecken Dinge vor der Haustür erst, wenn wir vor die Haustür gehen. Bewegungsmangel fördert hingegen das Bedürfnis nach Scheinsicherheit: Wer sich nur vom Sofa ins Bett schleppt, dem erscheinen Überraschungen irgend wann als Gefahr. Das Leben verliert seinen Reiz, der Terror des Immergleichen tritt an die Stelle des Abenteuers.
Bewegung macht Spaß, es tut uns gut, unseren Körper zu spüren. Wenn wir uns austoben, dann setzt der Organismus Hormone frei, Adrenalin und Dopamin, Endorphine, die Glücksgefühle ausschütten.
Kultur schneller als Evolution
Menschen sind von Natur aus Läufer, die jagen und sammeln. Wir bewegen uns auf zwei Beinen und verbrachten einen Großteil unserer Zeit auf dem Planeten damit, umher zu streifen, in hohlen Bäumen nach Honigwaben zu suchen, Wurzeln aus der Erde zu graben, uns an Hirsche heran zu pirschen, die Beute in das Lager zu schleppen, zuzubereiten, Häute zu gerben, oder Kleidung zu nähen.
Als wir sesshafte Ackerbauern wurden, bedeutete das Leben der meisten über Jahrtausende ebenfalls harte körperliche Arbeit und Bewegung. Unter Bewegungsmangel litten Bauern, die das Feld bestellten, Getreide säten, die Ernte einbrachten, das Heu in den Schuppen brachten ebenso wenig wie Hirten, die mit ihren Schafen und Ziegen bei Wind und Wetter durch das Gebirge zogen.
Sich kaum bewegen zu müssen war ein Luxus für Priester und Adlige, die von der Arbeit anderer lebten: So galt im Italien der frühen Neuzeit blasse Haut von Frauen als vornehm, ebenso wie lange Nägel, denn es zeigte, dass diese Privilegierten nicht körperlich arbeiten mussten. Fettleibigkeit zeigte ebenfalls, dass jemand den herrschenden Klassen zugehörte, also erstens viel zu essen hatte und sich zweitens nicht körperlich anstrengen musste.
Handwerker, Bauarbeiter, Förster, Postboten oder Gärtner leiden auch heute nicht an Bewegungsmangel. Doch körperliche Arbeit hat insgesamt an Bedeutung verloren. Der größte Teil der Arbeit spielt sich heute am Computer ab, selbst bei zuvor klassischem Body-Work.
Das bleibt nicht ohne Folgen. Der Body Mass Index, das Verhältnis zwischen Körpergröße und Körpergewicht hat sich in den letzten 50 Jahren verschoben.
Wir müssen unser Essen weder selbst zubereiten, noch auch nur die einzelnen Zutaten kaufen, den Fisch angeln wir nicht mehr, sondern holen ihn aus der Tiefkühltruhe, und die Äpfel pflücken wir nicht vom Baum, sondern werfen sie in den Einkaufskorb.
Dank Amazon müssen wir nicht einmal mehr in den Buchladen gehen, dank Online-Banking nicht mehr zur Sparkasse, statt einen Brief zu schreiben und zumindest zum Briefkasten zu laufen, schreiben wir Emails.
Mit Appellen an das schlechte Gewissen ist es dabei nicht getan, denn auch frühere Generationen, die die Verlockungen des Internets nicht kannten, forderten ihren Körper in der Regel nicht freiwillig.
Auf Dauer wird die Evolution unseren Körper an Bewegungsmangel und Industriefood anpassen, indem sich zum Beispiel die Stellung des Becken verändert. Aber unsere Biologie hinkt unserer Kultur hinterher.
Doch ein Organismus, der auf Bewegung programmiert ist, leidet, wenn er nicht gefordert wird. Auf Dauer schadet fehlende Bewegung allen Organen.
Der Sportwissenschaftler Veit Wang sagt: „Wenn unser Körper sich nicht bewegt, entwickeln sich einige Dinge zurück. Nehmen wir das Skelettsystem: Der Gelenkknorpel unterstützt die Dämpfung und die Gleitfunktion. Er lässt die mechanische Bewegung in den Gelenken reibungslos ablaufen. Wenn dieses System gut funktionieren soll, ist es auf einen gewissen Wechsel von Bewegung und Erholung angewiesen. Wenn wir uns aber nicht bewegen, dann bildet sich dieses Gewebe zurück. Die Folge kann eine schmerzhafte Arthrose sein, bei der die Knochen in den Gelenken aufeinander reiben.“
Der Körper passt sich an
Die Folgen, die mangelnde Bewegung hat, bemerken wir oft nicht, weil sich unser Bedürfnis, etwas zu leisten auf unsere Fähigkeit dazu einstimmt. Ein junger Körper kann Bewegungsmangel besser kompensieren als ein alter, und deswegen machen wir häufig unser Alter für den Leistungsabfall verantwortlich. Dabei liegen unsere abnehmenden Fähigkeiten kaum am Alter, zumindest nicht vor dem 40. Lebensjahr, sondern sind eine lange Folge mangelnden Trainings. Der Körper selbst regeneriert sich nämlich auch, wenn wir älter werden.
Alter bedeutet jedoch, dass die Auswirkungen fehlenden Trainings deutlich werden: Wenn ich mich mit 30 einige Jahre zu wenig bewegte, jogge ich vielleicht nicht mehr einfach durch den Park – wenn ich mich mit 50 zwanzig Jahre länger kaum bewegt habe, sind womöglich ernste Krankheiten die Folge.
Zudem bewegen sich viele Menschen in ihren 20ern generell mehr als in den 40ern oder 50ern. Bewegung sind ja nicht nur die Klassiker eines „gesunden Lebenswandels“ wie Bergwandern, sondern auch „durch die Weltgeschichte zu reisen“, ohne Geld mit dem Rucksack auf der Schuler einen Schlafplatz suchen, Umzugskartons von einer Stadt in die andere schleppen, auf Partys die Nächte durch tanzen, mit der Gang auf dem Bahnhofsplatz sein Revier zu markieren oder auf der Suche nach Sexualpartnern durch die Nächte zu streifen, beugt Bewegungsmangel vor.
Über Jahre hinweg fühlen wir uns noch nicht krank, wenn wir schneller aus der Puste kommen beim Treppen steigen und sich der Radius immer weiter verkleinert. Zudem lässt sich kaum auseinander halten, ob wir uns unbewusst an unsere sinkenden Fähigkeiten anpassen oder nur den bequemeren Weg wählen. Fahren wir mit 40 mit dem Auto zum Einkauf, weil wir mit 20 nur ein Fahrrad hatten oder strengt uns das Fahrrad fahren zu sehr an?
Nur wer sich bewegt, spürt seine Fesseln
Die Folgen mangelnder Bewegung merken wir oft erst spät, wenn wir unseren Körper nicht fordern. Wer nach Jahren vor dem Fernseher joggt, bekommt Seitenstiche; wer den Weg vom Büro aufs Sofa und von dort in die Kneipe mit wöchentlichem Kraftsport ergänzt, spürt nach dem ersten Mal Schmerzen in Muskeln, von denen er vorher gar nicht wusste, dass sie existieren.
Als Problem sehen die meisten Bewegungsmangel erst dann an, wenn sie zum Arzt müssen, weil sie an Bluthochdruck oder Rückenschmerzen leiden. Dabei sollten die Alarmglocken schon viel früher läuten.
Erste Anzeichen für Bewegungsmangel
- Es fällt uns schwer, Treppen zu steigen.
- Wenn wir eine Treppe hinunter gehen, müssen wir uns festhalten.
- Bergwanderungen machen uns zu schaffen, ebenso Rad fahren auf Steigungen.
- Ein kurzer Sprint bringt uns aus der Puste.
- Wir schaffen es kaum noch, den Einkaufskorb ins Auto zu bringen.
- Ein Beet umzugraben, die Hecke zu schneiden oder Holz zu hacken, strengt uns übermäßig an.
- Bei Citytouren hangeln wir uns von einem Bistro zum nächsten.
- Wir haben Probleme, uns beim Stehen die Schuhe zuzubinden.
- Wenn wir von einem Stuhl aufstehen, stützen wir uns ab.
- Wenn wir länger als ein paar Sekunden auf einem Bein stehen, stützen wir uns ab.
- Selbst, wenn wir längere Zeit gehen, müssen wir uns ausruhen.
- Pschyrembel Online: www.pschyrembel.de (Abruf: 19.08.2019), Bewegungsmangel [Allgemein]
- Anna Maria Abraham: Übergewicht und Bewegungsmangel - Eine empirische Untersuchung zum Thema gesunde Ernährung und körperliche Aktivität , Grin, 2009
- Gert Kaluza: Stressbewältigung - Trainingsmanual zur psychologischen Gesundheitsförderung, Springer, 2004
- Joshua Z Willey et al.: "Physical Inactivity Predicts Slow Gait Speed in an Elderly Multi-Ethnic Cohort Study: The Northern Manhattan Study", in: Neuroepidemiology, Volume 49, 2017, Karger
- Ilka Köther: Thiemes Altenpflege, Thieme, 2007
- Christine Graf et al.: "Bewegungsmangel und Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen", in: Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, Volume 57 Issue 9, 2006, researchgate.net
- Hans Konrad Biesalski: Unsere Ernährungsbiografie: Wer sie kennt, lebt gesünder, Albrecht Knaus Verlag, 2017
- Robert Koch-Institut: www.rki.de (Abruf: 19.08.20.19), Körperliche Aktivität
Wir sollten klären, ob wir vielleicht an einer ernsten Krankheit leiden. Ist das aber nicht der Fall, und unser Alltag besteht aus sitzen, ob im Büro, beim Kaffee, beim Fernsehen oder im Auto, dann ist Sport angesagt.
Das Alter ist dabei keine Ausrede. Die körperliche Leistungsfähigkeit steigt zwar in den 20ern und nimmt ab circa dem 40. Lebensjahr ab, doch dies bedeutet lediglich, dass wir uns mit zunehmendem Alter mehr um unseren Körper kümmern müssen.
Mit ein wenig Training können wir auch mit 50 drei Kilometer in 30 Minuten laufen, ins dritte Stockwerk steigen, ohne eine Pause einzulegen, und unser Schultergelenk um 360 Grad drehen können.
Bewegungsmangel bei Jugendlichen
Ein neues Phänomen ist Mangel an Bewegung von Jugendlichen der Generation Smartphone. Sportwissenschaftler schätzen, dass sich drei Viertel der 13- bis 15jährigen zu wenig bewegen. Verantwortlich sind auch „Helikopter-Eltern“, die sich in allen Lebenslagen um ihre Sprößlinge kümmern wollen.
Wen Mami und Papi aber mit dem Auto zur Schule fahren und abholen, und wer die Nachmittage zwischen SMS, Playstation und Hausaufgaben verbringt, der fordert seinen Körper nicht. Viele Jugendliche agieren sich heute nicht mehr auf eine Art und Weise aus, wie sie noch in den 1980ern selbst verständlich war.
Als Kinder im Schlamm zu wühlen, Baumhäuser bauen, als Jugendliche mit dem Fahrrad ins Nachbardorf zu fahren, um die Clique zu treffen ist für manche Großstadtkinder heute eine Erzählung aus fremden Zeiten.
Programme in Schule und Gesellschaft können dem Bewegungsmangel unter Jugendlichen entgegen wirken. Möglich wäre zum Beispiel, körperliches Ausagieren stärker in die Schule einfließen zu lassen: Freiland-Exkursionen im Biologie-Unterricht, Living History in Geschichte, Arbeit mit Holz, Stein oder Ton in Kunst – Möglichkeiten gibt es viele.
Bewegungsmangel macht fett
Unsere Genetik ist nicht darauf vorbereitet, jederzeit überall zwischen Big Mäc und Tiefkühlpizza zu wählen. Als Jäger und Sammler erlegten wir bisweilen so große Beute, dass wir davon wochenlang zehren konnten, dann wieder fanden wir lange Zeit außer ein paar Beeren und Wurzeln nichts.
Zwar hat sich die Genetik im Lauf der Jahrtausende an die Ernährung von Ackerbauern angepasst, nicht aber an ständig verfügbares Fastfood. Unser Körper legt Reserven an, mit denen wir die mageren Zeiten überstehen.
Bewegen wir uns zu wenig bei einem gleichzeitigen Übermaß an Kalorien, Fetten und Kohlenhydraten, legt der Körper Fettreserven an, verbraucht diese aber nicht. Damit überlasten wir den Herzkreislauf. Die Folgen sind Bluthochdruck, Diabetes und Herzinfarkt.
Immobilität
Nicht nur unsere moderne Lebenswelt führt zu Bewegungsmangel, sondern ebenso neurologische Erkrankungen und körperliche Behinderungen, Unfälle und Adipositas.
Wer an Arthritis oder Hüftfrakturen leidet, gewöhnt sich eine schonende Haltung an und vermeidet Bewegungen. Die Betroffenen werden körperlich immer schwächer, und auch deswegen bewegen sie sich immer weniger.
Kommen noch Depressionen und Appetitlosigkeit hinzu, dann bewegen sich die Betroffenen irgend wann kaum noch.
Wozu führt Bewegungsmangel?
Die häufigste Folge von Bewegungsmangel sind chronische Rückenschmerzen. Bewegungsmangel gehört zu den Big Three, die Zivilisationskrankheiten auslösen neben Rauchen und ungesunder Ernährung, geht dabei mit den anderen beiden oft einher.
Eingeschränkte Bewegung fördert Bluthochdruck, Diabetes mellitus, die koronare Herzkrankheit und Allergien. Er erhöht außerdem das Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Das Sterberisiko durch chronischen Mangel an Bewegung steigt innerhalb von 20 Jahren um 56 %, das sind noch 4 % mehr als das Risiko durch Rauchen.
Wer sich zu wenig bewegt, setzt Fett an. Das Verhältnis von Muskeln und Fett im Körper ändert sich, mit dem Fett schwindet die Ausdauer und Stärke, es steigt das Risiko für Stoffwechselprobleme.
Bewegungsmangel schwächt das körpereigene Immunsystem. Wer sich zu wenig bewegt, wird öfter krank: Viren und Bakterien dringen leichter ein, und die Betroffenen werden anfällig für Allergien.
Wer wegen der fehlenden Bewegung an Kraft verliert, kann seine Wirbelsäule weniger lange aufrecht halten, die Gelenke werden instabil, damit steigt das Risiko sich zu verletzen, der geschwächte Herzmuskel steigert die Gefahr, einen Infarkt zu erleiden.
Den ganzen Tag in der gleichen Position zu sitzen führt zu Fehlhaltungen, die möglichen Folgen sind nicht nur Rückenschmerzen, sondern auch ein Bandscheibenvorfall.
Wenn wir viel sitzen und uns wenig bewegen, verspannen sich Hals und Nacken. Die Verspannungen ziehen sich bis in den Kopf, und wir leiden an Kopfschmerzen.
Wenn wir das Herz nicht beanspruchen, schwächen wir den Herzmuskel. Durch Sport überlasten wir jetzt dieses geschwächte Herz.
Wenn wir uns bewegen, belasten wir die inneren Organe sorgen für deren Durchblutung. Bewegungsmangel führt hingegen zu Darmgeräuschen, Verstopfung und anderen Verdauungsproblemen.
Übergewicht entsteht erstens durch falsche Ernährung und zweitens durch zu wenig Bewegung. Wenn wir uns kaum bewegen, nehmen wir mehr Energie zu uns, als der Körper verbraucht. Die Folge ist ein dauerndes Gefühl von Trägheit – wir fühlen uns antrieblos und vermuten häufig psychische Belastungen, obwohl die Ursache körperlich ist.
Typ-2-Diabetes, die Zuckerkrankheit, betrifft auch immer mehr junge Menschen. Hauptursachen sind Übergewicht und Bewegungsmangel.
Knochenschwund baut die Knochensubstanz ab. Die Betroffenen erleiden häufiger Brüche. Knochen bauen Substanz an, wenn die Muskeln belastet werden. Deshalb ist Bewegungsmangel auch hier einer der Auslöser.
Arthrose entsteht, wenn die Knorpel sich zurück bilden und die Gelenke verschleißen. Das geschieht wiederum, wenn wir uns zu wenig bewegen.
Stress
Mangelnde Bewegung ist zwar keine Ursache von Stress, Bewegung aber die natürliche Reaktion auf eine stressige Situation. Stress ist ein Ausnahmezustand unserer Gehirnchemie und nötig, um Gefahren zu begegnen. Hormone laufen auf Hochtouren und wir können so mehr leisten als gewöhnlich.
In unserer Naturgeschichte schüttete das Gehirne zum Beispiel aus, wenn uns plötzlich ein Löwe gegenüber stand. Blitzschnell entschied unser Unbewusstes, ob wir kämpften oder flohen. Dadurch bauten sich die Hormone wieder ab.
Heute sind wir im Stress, weil wir Rechnungen nicht bezahlen können, Termine sich überschneiden, der Vermieter nervt oder der Nachbar uns bei der Polizei anzeigt. Das Gehirn weiß das aber nicht, und die Stresshormone entscheiden nicht zwischen dem angreifenden Löwen und dem Ordnungsamt.
Deshalb hilft es, so auf den Stress zu reagieren, wie wir es zu Urzeiten taten – körperlich. Durch den Wald laufen, brüllen, Holz hacken oder eine Stunde Kraftsport bauen die Hormone ab.
Zu viel des Guten
Ehemalige Couchpotatoes, aber auch Ex-Junkies und trockenen Alkoholiker ähneln bisweilen Konvertiten, die radikal das Gegenteil ihres vorigen Lebensstils aus agieren.
Nicht nur zu viel, auch zu wenig Bewegung ist aber schädlich. Der Körper will zwar gefordert, nicht aber überlastet werden. Er braucht Beschäftigung ebenso wie die Zeit, sich zu regenerieren.
Wer meint, nach Jahren auf dem Sofa zwischen Zigaretten, Chips und Alkohol jetzt jeden Morgen zehn Kilometer laufen zu müssen, ohne seinen Körper darauf vorbereitet zu haben, der schadet seinem Körper ein zweites Mal.
Auch wer bei der Arbeit ständig schwer schleppen muss, ruiniert seine Knochen, seine Gelenke und seinen Stoffwechsel.
Wenn sich Beschwerden wegen Bewegungsmangel ankündigen, ohne dass eine schwere Krankheit die Ursache ist, sollten wir es locker angehen.
Statt gleich beim Stadtmarathon mitzulaufen, reicht es, zwei Mal die Woche eine Stunde spazieren zu gehen oder Fahrrad zu fahren. Wie viel und wie lange leichter Sport uns gut tut, sagt uns der Körper. So lange wir uns wohl fühlen, ist alles in Ordnung.
Paart sich die fehlende Bewegung mit hohem Übergewicht, sollten wir auf Laufen verzichten, weil wir damit die Gelenke zu sehr beanspruchen. Schwimmen mindert hingegen das Gewicht, und statt einer Stunde die Woche durch den Wald zu laufen, können wir die Zeit mit Wassergymnastik verbringen.
Was tun?
Wer täglich acht Stunden am Desktop arbeitet, dem hilft der Ratschlag wenig, zwischen durch joggen zu gehen. Aber viele Übungen lassen sich auch einfach während der Arbeit einschieben.
Sie können zum Beispiel ihre Füße heben und das Knie durchstrecken. Wenn Sie das regelmäßig tun, fordern sie ihre Muskeln im Oberschenkel.
Sie können sich zwischendurch auf die Zehenspitzen stellen und dann den Körper heben und senken und dann auf den Zehenspitzen zu halten. So trainieren sie ihre Waden.
Wenn Sie auf dem Stuhl sitzen und den Rücken gerade halten, ziehen Sie ihre Knie nach oben, bis Sie über die Stuhlkante kommen und die Bauchmuskeln sich anspannen.
Arbeiten Sie in einem Großraumbüro oder müssen Sie zu einer Behörde? Gehen Sie einfach ein Stockwerk höher und wieder zurück. Das lässt sich auch wiederholen, zum Beispiel, wenn Sie beim Ordnungsamt warten müssen.
Legen Sie ihre Hände in den Schoß, als würden Sie beten. Dann drücken Sie die Hände auseinander. Damit trainieren Sie Brustmuskeln, Bizeps und Trizeps.
Drücken Sie die Handflächen gegen die Unterseite des Schreibtisches.
Spannen Sie die Muskeln des Gesäßes an, entspannen Sie die Muskeln wieder und spannen Sie erneut an. In der Mittagspause können Sie einen Spaziergang einschieben. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
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